Nach Messerattentat in Solingen: Experte sieht „Männerproblem“ statt „Messerproblem“

Ein 26-jähriger Syrer hat beim „Festival der Vielfalt“ in Solingen drei Menschen getötet und weitere verletzt. Nach Ansicht eines Kriminologen ist bei den Messerattacken der letzten Wochen und Monate in Deutschland aber eher das Geschlecht als die Nationalität zu beachten.

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Nach Messerattentat in Solingen: Experte sieht „Männerproblem“ statt „Messerproblem“

Nach dem Messerattentat in Solingen haben viele Menschen Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

© IMAGO / Gottfried Czepluch

Solingen. – Ein 26-jähriger Syrer hat am vergangenen Freitag beim „Festival der Vielfalt“ anlässlich der 650-Jahr-Feier der nordrhein-westfälischen Stadt Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet und weitere zum Teil schwer verletzt, wie die Polizei am frühen Samstagmorgen mitteilte. Gegen den Tatverdächtigen wurde Haftbefehl erlassen. Wie inzwischen bekannt wurde, hätte der Syrer im vergangenen Jahr abgeschoben werden sollen.

„Haben nicht nur ein Messerproblem“

Der Anschlag von Solingen reiht sich ein in eine Serie ähnlicher Fälle, die in den vergangenen Wochen und Monaten in Deutschland für Aufsehen sorgten und bei denen häufig Migranten als Tatverdächtige ermittelt wurden. „Die Statistiken der letzten Jahre deuten darauf hin, dass Messerkriminalität zunimmt. Gerade im letzten Jahr mussten wir deutschlandweit über 13.000 solcher Taten verzeichnen, das heißt, da verändert sich was zum Negativen“, wie der Kriminologe Dirk Baier, der an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zu Messerattacken forscht, in einem Interview mit der Tagesschau erklärte. „Wir haben aber nicht nur ein Messerproblem, wir haben einen Anstieg von Gewaltkriminalität insgesamt. Also in diesen Zusammenhang sollten wir auch das Messerphänomen bringen.“

Auf die Frage hin, wie weit sich Täter oder Verdächtige bestimmten Milieus zuordnen lassen, erklärt der Experte: „Es wird in den letzten Wochen natürlich sehr intensiv über die Frage der Staatsangehörigkeit beispielsweise gesprochen, was man aber sagen muss, das Merkmal, was viele dieser Tatpersonen verbindet, ist das Geschlecht. Es sind also in erster Linie Männer, und es sind junge Männer, die auf Messer zurückgreifen, die in Messern irgendeine Faszination finden, damit ihre Männlichkeit unterstreichen können und damit auch, wie wir das jetzt leider sehen mussten, geplant Straftaten begehen. Es ist also mehr das Geschlecht, über das wir uns Gedanken machen müssen als über die Staatsangehörigkeit.“

„Gesetzesänderungen werden Messerangriffe nicht verhindern“

Prinzipiell müsse man bei Messerangriffen mindestens zwei Anlässe unterscheiden, so der Kriminologe. „Der eine ist, dass Taten wirklich geplant, gezielt stattfinden und das Messer dann instrumentell mitgenommen wird. Das ist das, was wir jetzt in Solingen sehen, das sehen wir teilweise auch im Bereich von Raubdelikten. Und dann sehen wir einen anderen Bereich von Messerkriminalität, das sind eher spontane Delikte, das Messer ist am Mann in solchen Situationen, aber der Konflikt resultiert aus einer Streitigkeit beispielsweise heraus, dadurch, dass das Messer aber am Mann ist, ist es dann aber auch schnell eingesetzt, gezogen und kann zu schlimmen Verletzungen bis hin zu Tötungen führen.“

In den vergangenen Wochen wurde in Deutschland verstärkt über eine Verschärfung des Waffenrechts diskutiert. So will Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Messer nur noch bis zu einer bestimmten Klingenlänge erlauben. Außerdem sollen mehr Waffenverbotszonen eingerichtet werden. Zu den Schritten erklärt Baier: „Man sollte sich davon nicht zu viel versprechen. Ich bin persönlich dafür, dass jetzt dieser Schritt passiert, weil wir brauchen eine Vereinheitlichung in diesem Bereich, das ist bislang eine recht komplexe Gesetzgebung. Aber diese Veränderung des Gesetzes wird solche Taten, wie wir sie jetzt sehen mussten, nicht verhindern“. Waffenverbotszonen hingegen können aus seiner Sicht zumindest kurzfristig eine Reduktion von Messerkriminalität bringen. Langfristig werde das aber auch nicht die Lösung sein, so Baier, weil auch die Waffenverbotszonen nicht an die Gründe, an die Ursachen des Messertragens herankommen würden. „Also wir müssen sozusagen die Einstellung der jungen Männer verändern, Messer mit sich zu führen und auf Messer zurückzugreifen. Und das tun natürlich Waffenverbotszonen nicht.“

Gewaltprävention und Wertevermittlung

Um gegenzusteuern und im besten Fall solche Messerangriffe zu verhindern, sollte man aus Sicht des Kriminologen zwei Wege „noch intensiver“ beschreiten. „Der erste Weg ist, die Kontrolle zu intensivieren und damit meine ich einerseits die Kontrolle des Verkaufs, des Vertriebs dieser Messer, es ist immer noch viel zu einfach an jetzt schon verbotene Messer zu gelangen. Und natürlich Kontrollen im Sinne von diesen Waffenverbotszonen, also dass die Polizei tatsächlich den Menschen die Messer abnimmt. Das ist eine Strategie, die noch weiter zu intensivieren ist“. Eine zweite Strategie sei die Intensivierung der Gewaltprävention. „In den Schulen insbesondere, das ist in den letzten Jahren aufgrund von Corona ein bisschen liegengeblieben. Wir müssen Empathie, Konfliktlösekompetenz usw., also diese fundamentalen Kompetenzen vermitteln, weil die auch helfen, dass junge Menschen keine Messer mit sich führen“.

Inzwischen kursiert das Interview auch in den Sozialen Netzwerken, wo Baiers Äußerungen – wie schon seine frühere Aussage vor wenigen Tagen, dass eine der Ursachen für den Anstieg der Messerkriminalität sein könnte, dass die soziale Ungleichheit wieder zunehme – für Spott sorgen. So kommentiert ein Nutzer das Interview mit den Worten: „Sie kacken in unsere Gehirne.“ In den Kommentaren pflichtet ihm ein Nutzer bei: „Ich habe es bis Minute 1:43 geschafft, das ist sehr viel mehr, was mir sonst bei Tagesschau-Beiträgen gelingt. Die Worte 'Sie kacken in unsere Gehirne' mögen vielleicht dem einen oder anderen als zu derb erscheinen, sind aber tatsächlich ein Euphemismus für diese Propaganda“.


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