ÖGB-Demo: Streit um Kosten und Teilnehmerzahlen in Wien

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) mobilisierte seit Wochen für bundesweite Proteste unter dem Motto „Preis runter“. Am Ende freute er sich über angeblich insgesamt 32.000 Teilnehmer in ganz Österreich – die Polizei spricht von lediglich 12.000 Personen. Nachdem zuvor bereits der Kostenpunkt der Kundgebung in die Kritik geraten war, werden nun Stimmen laut, wonach die offiziellen Teilnehmerzahlen hinten und vorne nicht stimmen.
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ÖGB-Demo: Streit um Kosten und Teilnehmerzahlen in Wien

Foto: Telegram / zVg

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) mobilisierte seit Wochen für bundesweite Proteste unter dem Motto „Preis runter“. Am Ende freute er sich über angeblich insgesamt 32.000 Teilnehmer in ganz Österreich – die Polizei spricht von lediglich 12.000 Personen. Nachdem zuvor bereits der Kostenpunkt der Kundgebung in die Kritik geraten war, werden nun Stimmen laut, wonach die offiziellen Teilnehmerzahlen hinten und vorne nicht stimmen.

Wien. – Alleine in Wien will der ÖGB etwa 20.000 Menschen auf die Straße gebracht haben. Bilder vor Ort lassen den Schluss zu, dass es sich um eine äußerst optimistische Schätzung handeln dürfte. Die Polizei sprach von 4.500 Teilnehmern, einige Beobachter aus dem systemkritischen Lager gehen sogar von 2.000-3.000 Teilnehmern aus. Der Gewerkschaftsbund hatte sich zuvor gegen die Teilnahme von vermeintlichen „Rechtsextremen“ an seiner Demo positioniert. Auch in Linz zeigt das Bildmaterial etwa weitaus weniger Teilnehmer als die medial kolportierten „3.600“ Personen.

Unterschiedliche Wertungen

Im medialen Mainstream unterscheidet man nun nicht nur nach dem Thema einer Demonstration, sondern auch nach Anmelder. Während man großen Demozüge von „Fairdenken“ und dem „Marsch der Patrioten“ um den Kärntner Demo-Veteran Martin Rutter in der Vorwoche trotz ebenfalls, je nach Schätzung 5.000 bis 20.000 Teilnehmern, weitgehend ignorierte, war sich die ÖGB-Demo von vornherein des medialen Wohlwollens gewiss. Dabei ging es in beiden Fällen um die Teuerungswelle.

Hierbei tobt in Österreich aktuell ein politischer Kampf um den Vertretungsanspruch der notleidenden Bevölkerung. Dies beginnt im Parlament: Nach der FPÖ stellte auch die SPÖ konkrete Maßnahmen vor, beide kritisieren das Handeln der schwarz-grünen Regierung in der Krise scharf. Obwohl man sich in den letzten Jahrzehnten oft um die Arbeiterschaft als Wähler stritt, profitieren momentan in Umfragen beide Lager von der durchwachsenen Bilanz der Regierung, liegen auf den ersten beiden Plätzen.

ÖGB will „den Rechten nicht die Straße überlassen“

Der ÖGB erklärte vor der Demo sogar, dass er „den Rechten nicht die Straße überlassen“ wolle. Er machte laut Medienberichten insgesamt 737.350 Euro an Mitgliedsbeiträgen für die Samstags-Demos locker, davon 320.000 für Bühne & Technik und 235.000 für Werbung. Kernforderungen waren Maßnahmen gegen die Inflation, eine Übergewinnsteuer sowie – vor den traditionellen Lohnrunden-Verhandlungen – ein nationaler Mindestlohn von 2.000 Euro brutto.

Ein großer Unterschied: Die Blauen sehen die Sanktionen als Inflationstreiber und sprechen sich für deren rasches Ende aus. SPÖ-Chefin Pamela-Rendi Wagner sieht diese weiterhin als „notwendig“, wiewohl sie eine Evaluation der Wirksamkeit nicht mehr ausschließt. Diese ist umstritten, sogar ÖVP-Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer bezeichnete sie als „mit nur einer Gehirnhälfte gedacht“. Das Volk sprach sich im August in Umfragen mehrheitlich für deren Aufhebung aus.

Kaum Mobilisierung trotz „Präsidenten-Segen“

Entsprechend sorgte auch die Wortmeldung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf Twitter für breiten Unmut. Der Ex-Grünen-Chef, dem beim Urnengang in drei Wochen als erstem Amtsinhaber eine Stichwahl bevorstehen könnte, schrieb, dass er die Anliegen der Demonstrationen teile. Für manche Kommentatoren klang sein Eintreten gegen Teuerungen angesichts seiner jüngsten Aussagen nicht glaubwürdig.

So sorgte etwas seine Empfehlung an die Bürger, die „Zähne zusammenzubeißen“ für helle Empörung. Auch der Umstand, dass er Personen, welche die Aufhebung der Sanktionen fordern, als „Kollaborateure Russlands“ bezeichnete, sorgte für Unmut. Seine Herausforderer wiederum werfen ihm ein zu passives Amtsverständnis vor, gerade angesichts der nach Ansicht Vieler durchwachsenen Regierungsbilanz.

Auch in Deutschland: Linke & rechte Proteste

Der „Kampf um die Köpfe“ und um die Straße ist eröffnet. Eines ist gewiss: Auch in diesem Herbst demonstriert ein Querschnitt des Volkes, diesmal gegen die Teuerungswelle und drohende Armut – in Österreich und Deutschland gleichermaßen. Vor zwei Wochen in Leipzig standen patriotische Kräfte und linke Demonstranten nur wenige Dutzend Meter von einander entfernt, beide Kundgebungen zählten in etwa je 5.000 Teilnehmer, ein durchaus beachtlicher Start in den „heißen Herbst“.

In der Tradition der Montagsdemos finden seitdem an vielen Orten in Deutschland wieder regionale Spaziergänge statt, ein Zentrum des Protestes bleibt Sachsen. Aber auch in der Bundeshauptstadt Berlin soll demnächst gegen das Regierungsversagen, die Teuerungswelle und die Folgen der Sanktionspolitik auf die Straße gegangen werden. Zu diesem Zweck ruft die AfD für Samstag, den 8. Oktober unter dem Motto „Unser Land zuerst!“ zu einer Großdemonstration im Berliner Regierungsviertel.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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