Lebendige Tradition: Der Ledersprung in Leoben

Der Ledersprung ist eine lang gepflegte bergmännische Tradition. Für die Studentenverbindungen in Leoben stellt er einen der Höhepunkte des Jahres dar. Zahlreiche weitere studentische Veranstaltungen finden traditionell am selben Wochenende statt.
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6.12.2018
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Lebendige Tradition: Der Ledersprung in Leoben

Symbolbild (Chargierte der verschiedenen Leobener Studentenverbindungen): privat / Die Tagesstimme.

Der Ledersprung ist eine lang gepflegte bergmännische Tradition. Für die Studentenverbindungen in Leoben stellt er einen der Höhepunkte des Jahres dar. Zahlreiche weitere studentische Veranstaltungen finden traditionell am selben Wochenende statt.

Bericht von Tino Taffanek

Am vergangenen Wochenende fand in Leoben der sogenannte akademische Ledersprung statt. Er stellt das traditionelle Aufnahmeritual für die erstsemestrigen Studenten an der Montanuniversität Leoben dar. Das Recht den Ledersprung auszurichten, wechselt jährlich zwischen den Leobener Studentenverbindungen. Der diesjährige Veranstalter war die Sudetendeutsche Akademische Landsmannschaft Zornstein zu Leoben, welche im kommenden Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert.

Tradition mit langer Geschichte

Der Brauch des Ledersprungs stammt von der Bergakademie Schemnitz in der heutigen Slowakei. Durch den Auszug der deutschen Studenten in der Folge der Revolution von 1848 kam der Ledersprung nach Leoben. An der damaligen kaiserlich-königlichen Montanlehranstalt zu Leoben wurde die Tradition unter dem Direktor Peter Tunner in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts intensiv gepflegt.

Die heutige Form des Ledersprungs geht auf das sogenannte Ledersprungabkommen von 1960 zurück. Darin wurde unter anderem auch festgelegt, dass jedes Jahr eine andere Leobener Studentenverbindung vom Rektor der Montanuniversität mit der Durchführung des Ledersprungs im Rahmen eines Kommerses, einer festlichen akademischen Feier, betraut wird.

Stellenwert für die Universität

Aufgrund dieses Abkommens liegen leider auch die Bildrechte bei der Universität, diese erteilte keine Freigabe zur Veröffentlichung meines Bildmaterials. Zuerst verwies Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit auf die DSGVO, mit der Auflage das keine Personen erkennbar sein dürfen. Nachdem ich dieser Vorgabe nachgekommen war, folgte auf die Information wo dieser Artikel veröffentlicht werden soll eine Absage. Auch auf weitere Nachfragen seitens der Redaktion erklärte sich die Universität leider nicht bereit, die Freigabe zu erteilen oder Pressefotos zur Verfügung zu stellen.

Die Montanuniversität Leoben genießt weltweit einen hervorragenden Ruf bei Forschung und Lehre, ist bemüht um ihre Öffentlichkeitsarbeit und pflegt gute Kontakte zu Wirtschaft und Industrie. Die kulturellen Aspekte des universitären Lebens scheinen ihr jedoch weniger am Herzen zu liegen. Es wurde nicht nur keine Fotomaterial freigegeben, sondern auch auf der Homepage der Universität findet sich unter ‚Neuigkeiten‘ kein Hinweis auf das Stattfinden des Ledersprungs. Daher muss dem geneigten Leser dieses Symbolfoto genügen.

Symbolfoto: „Ledersprung“

Festakt mit Kapelle

Dieses Jahr fand der Ledersprung in der Sporthalle von Donawitz statt. Dieser Stadtteil von Leoben zeichnet sich durch seine besonders traditionsreiche montanistische Geschichte aus. Zu Beginn der Veranstaltung ziehen die Vertreter der Studentenverbindungen sowie Rektor, Vizerektoren und Professoren ein und nehmen am Podium Platz. Die offizielle Eröffnung erfolgt durch den Rektor, es werden in Begleitung einer Musikkapelle Bergmanns- und Studentenlieder gesungen.

Nach Einzug und Eröffnung folgt der sogenannte Fuxenritt, bei dem die erstsemestrigen Studenten, welche übers Leder springen werden, an ihren Tischen platz nehmen. Alle Erstsemestrigen, die an der Zeremonie teilnehmen, tragen den Bergkittel, die traditionelle Tracht der Berg- und Hüttenleute.

Der Sprung übers Leder

Als nächster Punkt folgt die Rede eines Vertreters der ausrichtenden Verbindung und die Rede des Rektors. Nach den Reden folgt der der Sprung der Studenten übers Leder in ihren zukünftigen Berufsstand. Die Springer nehmen der Reihe nach Aufstellung und springen von einem Bierfass über das sogenannte Arschleder. Das Arschleder wurde früher von den Bergleuten zum Schutz vor Nässe am Hinterteil getragen, und ist ein Teil der traditionellen Bergmannstracht. Gehalten wird das Leder vom ältesten anwesenden Bergmann und dem Rektor.

Vor dem Sprung muss jeder Springer vier Fragen beantworten. „Dein Name?“, „Deine Heimat?“, „Dein Stand?“ und „Dein Wahlspruch?“. Nach der Beantwortung der Fragen folgt die Aufforderung an den Springer, ein Glas Bier zu leeren, in seinen Stand zu springen und diesen stets in Ehren zu halten. Mit diesem Ritual tritt der Springer nun offiziell in den Stand und in die Gemeinschaft der Montanisten ein.

Rund um den Ledersprung

Rund um den Ledersprung gruppieren sich traditionell zahlreiche weitere Veranstaltungen, die von den Studentenverbindungen in Leoben ausgerichtet werden. Nach der offiziellen Veranstaltung wird auf den Verbindungshäusern weitergefeiert und auch am nächsten Tag finden zahlreiche Veranstaltungen statt.

Studentenverbindungen als Kulturschaffende

Nach der Teilnahme als Gast am Ledersprung nutzte ich also die Gelegenheit aus und besuchte noch am selben Abend zwei weitere Leobener Verbindungen. Am Tag nach dem Ledersprung schenkte die örtliche Damenverbindung, die mich ebenfalls als Gast wilkommen hieß, Glühwein aus.

Ebenfalls am Samstag fand um 19 Uhr ein Konzert der Akademischen Sängerschaft Gothia zu Graz und den Grazer Instrumentalisten in der Stadtpfarrkirche St. Xaver statt. Mehrere traditionsreiche Stücke kamen dabei zur Vorführung: Ein Requiem von von Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Xaver Süßmayr, „Ave Verum“, ebenfalls von Mozart, sowie „Der Gerechte kommt um“ von Johann Kuhnau und Johann Sebastian Bach.

Die Aufführung stand unter der Leitung von Stefan Kompacher. Anlässlich des Gedenkjahres war sie den Toten des vor 100 Jahren zu Ende gegangenen Ersten Weltkrieges gewidmet. Die Sängerschaft Gothia bot eine qualitativ hochwertige Aufführung dar und bewies, dass auch das kulturelle Leben in den Studentenverbindungen nicht zu kurz kommt.

Die Sängerschaft Gothia in der Stadtpfarrkirche St. Xaver

Zum Ausklang des Wochenendes besuchte ich noch eine Krambambulifeier bei einer der Studentenverbindungen. Dort wird unter Absingen des gleichnamigen Liedes die auch als Krambambuli bezeichnete Feuerzangenbowle zubereitet und anschließend verkostet. Das dementsprechende Können des Braumeisters vorausgesetzt, ein kulinarisches Vergnügen.

Feuerzangenbowle

Lebendiges Brauchtum in der Montanstadt

An diesem Wochenende wurde Leoben seinem Ruf als Stadt mit lebendigem und vielfältigem studentischem Brauchtum wieder einmal gerecht. Ich kann jedem Studenten, Akademiker oder Interessierten an akademischem Brauchtum einen Besuch in Leoben wärmstens empfehlen. Besonders bietet sich hier natürlich einer der prestigeträchtigen Veranstaltungen wie der Ledersprung oder der Bierauszug an.

Wie man sieht haben die Studentenverbindungen auch außerhalb dieser großen Veranstaltungen einiges zu bieten. Es wäre gleichzeitig wünschenswert, wenn auch die offiziellen Stellen der Universität sich die Einmaligkeit seiner lebendigen studentischen Traditionen wieder besönnen. Denn vor den Augen der Öffentlichkeit ‚verstecken‘ muss man das Brauchtum rund um den Ledersprung keinesfalls.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Tino Taffanek

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