Debatte um Historikerbericht: Warum die Freiheitlichen immer verlieren
Nach langem Warten hat die Historikerkommission endlich eine Erstversion der historischen Aufarbeitung der freiheitlichen Parteigeschichte fertig. Doch obwohl ein halbes Dutzend renommierter Historiker daran mitarbeitete, hält sich die Begeisterung bei den Kritikern in Grenzen.
Kommentar von Julian Schernthaner
Die Druckerschwärze des über 1.000 Seiten starken Vorberichts war noch nicht trocken, da arbeiteten sich den Blauen nicht immer freundliche gesonnene Akteure bereits daran ab. Diverse Medien karrten diverse Leute vom Fach heran, welche der Aufarbeitung durch mindestens sechs Historiker die Wissenschaftlichkeit absprachen. Lange brauchten sie dafür nicht suchen – und es galten völlig andere Maßstäbe als beim Mitbewerber.
Ein Bauchplatscher mit Anlauf
Das Fazit nach anderthalb Jahren Arbeit: Außer Spesen nichts gewesen. Denn allesamt zerreißen das Machwerk in der Luft. Überraschend kommt das für den gewogenen Beobachter nicht. Denn bei der Aktion handelte es sich von Anfang an um einen Bauchplatscher mit Anlauf. Denn eigentlich hätte den Blauen klar sein müssen, dass dem Gegenüber die Aufarbeitung niemals weit genug gehen kann.
So zitiert der Standard für seine Kritik zwei Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW). Diese Stiftung sieht in den Freiheitlichen sowieso eine „rechtsextreme Partei“. Und auch sonst finden sich genügend ‚Experten‘, welche der Partei, gelinde gesagt, abwartend gegenüberstehen. Und diese Leute werden nicht artig Beifall klatschen, denn sie wollen das gesamte dritte Lager bluten sehen.
Untersuchung auf Zuruf rückte Partei in Defensive
Deshalb ist es auch völlig unerheblich, ob der Bericht nun inhaltlich gut oder nur auf Zuruf übermächtig scheinender Gegner gut gemeint ist. Denn ab dem Zeitpunkt, als die FPÖ den Anschein aufkommen ließ, es gäbe in der Partei tatsächlich zu untersuchende „braune Flecken“, befand sie sich in der Defensive. Das Gegenüber weiß um die lähmende Angst, auf keinen Fall „rechtsextrem“ sein zu wollen – und nützt das für billige Kritik.
Die Freiheitlichen lassen sich am Nasenring durch die Arena führen – und merken es nicht einmal. Die einfache Faustregel ist: Leuten, die bereits im leisesten Konservatismus eine Art ‚bürgerlicher Faschismus‘ wittern, wird man nie weismachen können, dass man ’sauber‘ sei. Diese Menschen besitzen die Keule des ‚antifaschistischen Narrativs‘, und wenn das Schweinsschnitzel der Anfang der Leitkultur ist, ist es automatisch einer jener, derer sie wehren wollen.
Zahnlose, einsame Tiger versus kampagnenfähige Gegner
Würden die Freiheitlichen die Wichtigkeit von Metapolitik jenseits der Gebietskörperschaften verstehen, sähen sie ihren Irrweg ein. Während die Partei nämlich auf einem Viertel der Wählerstimmen und in Kernressorts der Regierung kaum kampagnenfähig war, konnten sich ihre Gegner eines breiten Spektrums sogenannter ‚Zivilgesellschaft‘ bedienen. Mühsam und gegen Gegenwind durchgeboxte Initiativen waren dank dieser Netzwerke bereits nach Tagen aus dem Amt wieder Makulatur.
Nur, sie will es offenbar nicht einmal wahrhaben. Denn während sie Purzelbaum schlagend vor den Redaktionsstuben eher feindlich gesinnter linkslastiger Blätter hecheln, wollen manche ihrer Spitzenpolitiker mit patriotischen Medien „nicht einmal im selben Meer“ sitzen. Von heimattreuen Gruppierungen im Vor- und Umfeld distanzieren sie sich medial wirksam. Ja, sogar eigene Parteisoldaten werfen sie den Krokodilen zum Fraß vor, in der naiven Hoffnung, selbst ungeschoren zu bleiben.
Die Freiheitlichen im Kampf gegen räudige Hyänen
In all der geschamigen Empörung, nicht im selben Boot wie die patriotische Gegenöffentlichkeit sitzen zu wollen, vergaß man auch auf ihre Einwände. Man spielt weiterhin nach den Spielregeln seiner Gegner, lässt sich sogar sein Vokabular diktieren. Man distanziert sich weiterhin auf Zuruf – notfalls von sich selbst – und anstatt ein eigenes Vorfeld zu erschaffen, stolpert man auf einer Mittelmeerinsel über den Versuch, es sich zu erkaufen.
Das Resultat solcher Fehler kann zweierlei sein – beide sind fatal. Entweder scheitert sie immer wieder hochkant mit ihren hehren Ambitionen und bekommt vom Souverän oder Mitbewerber dafür zurecht die rote Karte. Oder sie wandelt so weit in die erheblich nach links gedriftete „Mitte“, dass sie sich selbst verleugnet. So oder so: Ihr eigenes Narrativ bringt sie umgeben von einem Rudel räudiger Hyänen nicht zu Ende.
Politische Unterlegenheit gegenüber Stöckchenhaltern
Der nationalkonservative Publizist Thor von Waldstein schrieb in seinem Büchlein Metapolitik einst: „Wer über jedes hingehaltene Abgrenzungsstöckchen springt, bestätigt damit nur seine eigene politische Unterlegenheit gegenüber dem Stöckchenhalter. Er erkennt dessen Spielregeln an.“ Wer so handle, mache sich zum „nützlichen Idioten, der das Geschäft des politischen Gegners betreibt“.
Dieser dürfe sich nicht wundern, wenn er „zwischendurch mitverprügelt“ werde, und letztendlich, „zwischen allen Stühlen herumlavierend“ scheitert. Er nennt das Beispiel einer zulasten ihrer Artgenossin verschonten Maus, welche die Katze dann beim Dankesbesuch verspeist. Und will die FPÖ nicht diese Maus sein, sollte sie sich endlich dessen besinnen, dass sie es dem Gegner nie recht machen wird.
Kein Grund, Linksliberalen zu gefallen
Darüber hinaus gibt es schlicht keinen Grund, den Linksliberalen von Welt zu gefallen. Das ist nicht ihr Kernpotenzial, nicht einmal ihr Randpotenzial. Sie muss ihre Werte konsequent vertreten und Akteure im eigenen vorpolitischen Raum begrüßen, anstatt nach ihnen zu treten. Oder sie wird bald nach Wunsch ihrer Stöckchenhalter wirklich nur mehr für das Schnitzel und die Zigarette beim Dorfwirten kämpfen dürfen.