Energietechnologie-Offensive statt verbohrter Öko-Ideologie

In der Kernenergie steckt viel Potenzial. Ideologische Positionen und bewusst geschürte, irrationale Ängste verhindern jedoch eine lebensnotwendige Auseinandersetzung mit den unerschöpflich scheinenden Ressourcen und umweltschonenden Produktionsprozessen der Kernenergie. Die Reaktortechnologie bietet nicht zuletzt sinnvolle Auswege aus der völlig verquasten Energiewende.
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29.10.2021
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2 Minuten Lesezeit
Energietechnologie-Offensive statt verbohrter Öko-Ideologie

Symbolbild (CC0)

In der Kernenergie steckt viel Potenzial. Ideologische Positionen und bewusst geschürte, irrationale Ängste verhindern jedoch eine lebensnotwendige Auseinandersetzung mit den unerschöpflich scheinenden Ressourcen und umweltschonenden Produktionsprozessen der Kernenergie. Die Reaktortechnologie bietet nicht zuletzt sinnvolle Auswege aus der völlig verquasten Energiewende.

Ein Gastbeitrag

Überraschung und ungläubiges Erstaunen beherrschten den rot-grün geprägten Mediendschungel der Bundesrepublik, als Klima-Prophetin Greta Thunberg auf Facebook Mitte März 2019 postete: „Ich persönlich bin gegen die Kernenergie, aber laut IPCC [Weltklimarat] kann sie ein kleiner Teil einer sehr großen neuen kohlenstofffreien Energielösung sein, vor allem in Ländern und Gebieten, in denen eine umfassende Versorgung mit erneuerbaren Energien nicht möglich ist – auch wenn sie extrem gefährlich, teuer und zeitaufwändig ist. Aber lassen wir diese Debatte, bis wir uns ein Gesamtbild machen.“ Diese erstaunlich grundsätzliche Lösungsoffenheit beim schwedischen Öko-PR-Testimonial in der Frage nach fundamentaler Energieversorgungssicherheit hätte man sich sowohl in der deutschen Politik als auch bei den Angehörigen der sogenannten „medienschaffenden“ Zunft gewünscht. Doch stattdessen wird unverdrossen im Namen der Klimareligion auf die große Angstpauke im grün-roten Panikorchester gehauen.

Wirtschaft ohne Dogmen

Andere europäische Nationen sind da im positiven Sinne weiter. Sie machen ihre Wirtschaftspolitik nicht an ideologischen Dogmen, sondern an ökonomischen und tatsächlichen ökologischen Notwendigkeiten fest. So hat der wichtigste Nachbar und Partner der BRD in der EU klar gemacht, dass die Franzosen in den kommenden fünf Jahren mit dem 30 Milliarden Euro schweren Innovationsplan „Frankreich 2030“ den Weg in eine sinnvolle Atomkraftnutzung beschreiten werden. Auch der „kleine“ Nachbar Tschechien macht vor, wie verantwortungsvolle Energiepolitik funktioniert. Erneuerbare Energien sind für den sonnen- und windarmen Binnenstaat keine Alternative, eine zu große Abhängigkeit von russischer Erdgasversorgung lässt sich aus historischen Gründen schlecht verkaufen; so bleibt die auch von weiten Teilen der Tschechen favorisierte Kernenergie. Tschechiens Kernkraftwerkstechnologie ist dabei zwar ursprünglich russischer Herkunft, allerdings auf westliche Sicherheitsstandrads nachgerüstet. Die Tschechen befürworten Ausbau und Modernisierung der Kernenergiegewinnung und verfügen nicht zuletzt deshalb über eine bemerkenswerte Forschungs- (3 Forschungsreaktoren) und Ausbildungskapazität.

Das ist in der Tat, wie der bekannte Kerntechniker Klaus-Dieter Humpich schreibt, „Energiepolitik einmal ohne Ideologie, dafür aber clever“. Während in der Bundesrepublik Deutschland über das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) einem planwirtschaftlichen Fördersozialismus Tür und Tor geöffnet wird, bleiben wirklich innovativen technologischen Ansätzen Hilfestellungen jeder Art in verwehrt. Obwohl in der Bundesrepublik die Strom- und Heizkosten weiter explodieren werden, setzt man im Land der Ingenieurskunst ganz offiziell, sinnentleert und scheinbar unverrückbar auf Wind und Sonne zur Energieversorgung. Schon 1988 wurde die neue sichere Reaktorgeneration mit der Entwicklung eines heliumgekühlten Hochtemperaturreaktors auf Thoriumbasis durch die SPD-geführte Landesregierung als Folge von Tschernobyl lahm gelegt. Fritz Varenholt und Sebastian Lüning: „30 Jahre später, im Jahre 2019, wurde der erste Hochtemperaturreaktor in China fertiggestellt, nachdem China nicht nur die Blaupausen des deutschen Prototypen erworben hatte, sondern einen guten Teil der deutschen Entwickler angeheuert hatte.“

Energieversorgungskonzept der Zukunft

Dieses unselige Spiel scheint sich bei einem weiteren Konzept der vierten Reaktorgeneration, dem Dual-Fluid-Reaktor (DFR), zu wiederholen. Denn obwohl die Entwickler der Dual-Fluid-Technologie betonen, dass diese „einen inhärent sicheren Kernreaktor“ ermöglicht, der „zehnmal effizienter als heutige Druckwasserreaktoren“ arbeitet und „jedes spaltbare Material […], einschließlich Thorium oder Atommüll“ verwenden kann, wurde die Dual Fluid Energy Inc. Anfang 2021 „als Aktiengesellschaft in Vancouver, Kanada, gegründet, um die Dual Fluid-Technologie zur Serienreife zu bringen.“ Die Entwicklung der Technologie wird in Deutschland und Kanada stattfinden, wobei sich die Frage stellt, welchen Preis der stromverbrauchende Deutsche für diese aus der Hand gegebene Energiequelle zahlen wird. Oder besser noch, wird dieses Konzept uns ebenfalls im Falle der ganz normalen Dunkelflauten aus dem Ausland mit teurer Energie versorgen? Die fahrlässige Kurzsichtigkeit und die verbohrt ideologisierte Energiepolitik deutscher Regierungsverantwortlicher muss schnellstmöglich beendet werden. Die ideologischen Zwänge einer wirtschafts- und umweltfeindlichen Politik müssen einem durchdachten und wirklich ökologischen Energieversorgungskonzept der Zukunft weichen. Das inkludiert natürlich eine seriöse Technologieoffenheit bei der Atomenergienutzung und ein Wiederhochfahren deutscher Kernkraftwerke, die zu den sichersten der Welt gehör(t)en.


Zur Person:

Markus Buchheit studierte Politik- und Rechtswissenschaft in Bayreuth und München. Seit 2019 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments und stellvertretender Delegationsleiter der AfD. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Fragen des internationalen Handels, der Industriepolitik sowie des Verbraucherschutzes auf EU-Ebene.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

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