FP-Vilimsky: „Unheilige Allianz hat ganz Ungarn einen Fußtritt verpasst“
Die Entscheidung des EU-Parlament, ein Rechtstaatsverfahren gegen Ungarn einzuleiten sorgte für unterschiedlichste Reaktionen in der heimischen Parteienlandschaft.
Straßburg/Wien. Am Mittwochmorgen entschied das Europaparlament mit deutlicher Mehrheit, gegen Ungarn ein Verfahren einzuleiten – Die Tagesstimme berichtete. Als wichtige Grundlage für diese Abstimmung galt die Kritik an einem Gesetz, welches asylfreundlichen NGOs, teilweise unter Schirmherrschaft der Open Society Foundation (OSF) des US-Milliardärs George Soros, die Arbeit erschwert.
Volkspartei sieht Gelegenheit zur Klärung
Einigkeit in der Bewertung herrscht dabei nicht einmal innerhalb der türkis-blauen Regierung. So kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bereits im Vorfeld an, dass die eigenen Parlamentarier für die Resolution stimmen würden. Dieser sah dies nicht als Anklage gegen Ungarn, sonder auch als Möglichkeit, die bestehenden Bedenken auszuräumen. Auch Othmar Karas, Europaabgeordneter der Partei sah in einer Aussendung vielmehr den „Beginn eines strukturierten Dialogs zur Überprüfung und Klärung der offenen Fragen“.
FP-Vilimsky beklagt „unheilige Allianz“
Für weniger Begeisterung sorgte das Ergebnis der Abstimmung indes bei den Freiheitlichen. FP-Generalsekretär Harald Vilmisky sprach auf Twitter sogar von einer „unheiligen Allianz“, welche dem Nachbarland „einen Fußtritt verpasst“ habe. Er bat das ungarische Volk deshalb um Entschuldigung:
Eine unheilvolle Allianz von Linken, Grünen, Sozialisten, Kommunisten, Liberalen und leider auch der europäischen Volkspartei hat gerade im Europaparlament ganz Ungarn einen Fußtritt verpasst. Man kann sich dafür beim ungarischen Volk nur entschuldigen.
— Harald Vilimsky?? (@vilimsky) 12. September 2018
Der blaue Europaabgeordnete fungiert im zwischen Straßburg und Brüssel pendelnden EU-Parlament auch als Vizepräsident der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF), welche gegen die Vorlage stimmten. Am Vorabend des Votums bezeichnete er den ungarischen Regierungsschef Viktor Orbán als „Held für Europa“ im Hinblick auf dessen Management der Asylkrise ab 2015.
NEOS: Verfahren als logische Konsequenz
Durchwegs positive Reaktionen auf das Abstimmungsergebnis kam währenddessen von allen drei Oppositionsparteien. Die NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger sah die Einleitung des Verfahrens als logische Folge von Orbán politischem Stil. Wer wie dieser ständig gegen die EU wettere sowie Opposition, Medien und Zivilgesellschaft Unterdrückung und letztlich die Unabhängigkeit der Justiz infrage Stelle, müsse „mit den Konsequenzen rechnen“.
SP-Weidenholzer: „Starkes und schönes Signal“
Als Ergebnis auch eigener Errungenschaften wertete SPÖ-EU-Abgeordneter Josef Weidenholzer den Ausgang des Votums. Mit diesem „Etappensieg für die Grundrechte“ schicke das Europaparlament ein „starkes und schönes Signal für Europa“. Es zeige sich außerdem, dass Beharrlichkeit sich auszahle. In Ungarn würde bereits seit Jahren europäisches Recht verletzt, die Argumente Orbáns stünden „auf schwachen Füßen“.
Dass auch weite Teile der Europäischen Volkspartei (EVP) ein entsprechendes Abstimmungsverhalten an den Tag legten, wertete Weidenholzer als positive Erkenntnis. Gleichzeitig bemerkte er allerdings, dass lediglich ein Ausschluss von Orbáns FIDESZ aus dieser Europafraktion letztlich Konsequenz zeige.
Liste Pilz: „Bekenntnis zu Grundrechten“
Ähnlich kommentierte die europapolitische Sprecherin der Liste Pilz, Alma Zadic, die Neuigkeiten. Im Verfahren sieht sie ein „wichtiges Bekenntnis zu […] fundamentalen Grundrechten, dem gemeinsamen EU-Recht und der liberalen Demokratie“. Mit dem Abstimmungsergebnis habe das Europaparlament bewiesen, dass sich die Mehrheit weiterhin für diese Werte einsetze.
Scharfe Kritik übte Zadic allerdings an den Vilimsky-Aussagen. Dessen Bezeichung von Orbán als „Helden“ sei „unglaublich“. Die Volkspartei könne sich eine allfällige erfolgreiche Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ angesichts solcher Äußerungen „langsam nicht mehr schönreden“. Kanzler Kurz dürfe „seine Augen nicht mehr verschließen“, sie sieht das Ansehen Österreichs in der EU „unter Beschuss“.
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