Hamburg: AfD wirft Verfassungsschutz „politische Instrumentalisierung“ vor
Der Verfassungsschutz steht wegen seiner wiederholten Ankündigungen, das AfD-Vorfeld beobachten zu wollen, in regelmäßiger Kritik. Auch in Hamburg wird diese nun laut.
Hamburg. – Stein des Anstoßes ist, dass der dortige Landesverfassungsschutzchef Torsten Voß der Rechtspartei vorwarf, sich möglicherweise „in Richtung Rechtsextremismus“ zu entwickeln. Als vermeintlichen Beleg führte der Behördenleiter gegenüber dem Hamburger Abendblatt an, dass es auch in der Hansestadt Vertreter des mittlerweile aufgelösten nationalkonservativen „Flügels“ gäbe. AfD-Landesvorsitzender Dirk Nockemann wollte die Anschuldigungen nicht auf sich sitzen lassen und holte zum Gegenschlag aus.
Nockemann: Vorgehen ist „Gefahr für die Demokratie“
Er ist nämlich der Ansicht, dass Voß sein Amt politisch missbrauchen wolle. Die „zunehmende politische Instrumentalisierung“ des Inlandsgeheimdienstes sei „unerträglich und eine Gefahr für unsere Demokratie“. Sein Stellvertreter Alexander Wolf fügte hinzu, dass die Behörde „einseitig und tendenziös“ vorgehe, sich „zum Erfüllungsgehilfen von Politik und Medien“ mache. Dabei habe diese eigentlich den Anspruch, die Verfassung – und nicht die Regierenden – zu schützen.
Linksextremismus in Hamburg das „wahre Problem“
Nach Einschätzung Nockemanns ist das „wahre Problem“ in Hamburg ein anderes, nämlich „Polizeiverächter, linksextreme Verfassungsrichter und G20-Randalierer“. Er verwies auf das Wachstum der Linksextremisten – gerade Hamburg ist eine bekannte Hochburg der linksautonomen Szene. Es brauche eine „Spezialeinheit zur Trockenlegung des von Rot-Grün unterstützten linksextremen Sumpfes“, so das Fazit des AfD-Landeschefs.
AfD Hamburg gilt als „gemäßigter“ Landesverband
Dass der Verfassungsschutz mittlerweile auch in Hamburg auf die AfD aufmerksam wird, dürfte einige Alarmglocken schrillen lassen. Bislang erhofften sich nämlich „gemäßigte“ Ausläufer, vom Damoklesschwert einer Beobachtung verschont zu bleiben, wenn man sich scharf genug gegenüber dem rechten Parteiflügel distanziere. Dass diese Strategie nicht zwingend zum Erfolg führt, zeigte allerdings unlängst die Beobachtung des gesamten Brandenburger Landesverbands – trotz Ausschluss von Landeschef Andreas Kalbitz.
Der Landesverband in der Hansestadt gilt hingegen bereits als liberal-konservativer Ausläufer. Seine Vertreter distanzierten sich in der Vergangenheit sogar regelmäßig von den sozialpatriotischen und nationalkonservativen Kräften innerhalb der Partei. Bei der letzten Bürgerschaftswahl im Vorjahr setzte die AfD Hamburg auf ein bürgerliches Programm. Am Ende reichte es mit 5,3 Prozent auf einem schwierigen Pflaster knapp für einen Wiedereinzug – sehr zum Ärgernis von Altparteien und einiger etablierter Medien.
Auch patriotische Zivilgesellschaft sieht politisches Motiv
Die jüngste Debatte um den Verfassungsschutz nahm ihren Ausgang mit der Publikation des bundesweiten Jahresberichts. Darin erwähnt die Behörde mit der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ und dem „Flügel“ erstmals Teilströmungen der AfD. Ebenfalls in den vergangenen Monaten stufte die Behörde weitere rechte Akteure wie das Institut für Staatspolitik und das Bürgernetzwerk Ein Prozent als „Verdachtsfall“ ein.
Letzteres äußerte sich unlängst sehr kritisch gegenüber dem Verfassungsschutz, bezeichnete diesen gar als „Skandalbehörde“ – die Tagesstimme berichtete. Dabei hoben sie hervor, dass mittlerweile sogar ein Bekenntnis zu einem ethnischen Volksbegriff als angeblich verfassungsfeindlich gelte. Das Auffahren schwerer Geschütze gegen rechte und konservative Akteure habe eine politische Motivation: „Bar jeder rechtlichen Grundlage wird hier ein ganzes Meinungsspektrum unterdrückt.“
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