Hamburg: Villen-Verein stoppt Asylheim in Nobelviertel
Ein Verein hat den Bau einer Asylunterkunft in Hamburg-Hochkamp verhindert. Möglich macht dies eine einzigartige Klausel, die dem noblen Stadtteil weitreichende Sonderrechte einräumt.
Die Schaffung eines Standortes für eine Asylunterkunft im Nobelviertel fand keine Mehrheit. (Symbolbild)
© IMAGO / Westend61Hamburg. – Die Pläne der Hamburger Sozialbehörde, auf einem Parkplatz am S-Bahnhof Hochkamp eine kleine Unterkunft für Asylbewerber zu errichten, sind gescheitert. Der „Verein Hochkamp“, der in dem noblen Villenviertel im Westen der Stadt weitreichende Mitspracherechte hat, lehnte das Vorhaben ab. Damit ist die rechtliche Grundlage für den Bau entfallen.
Gespräch mit Behörde endet ohne Zustimmung
Staatsrätin Petra Lotzkat hatte das Projekt vergangene Woche bei einem Treffen mit dem Verein vorgestellt. „Die Gesprächsatmosphäre war dabei ruhig und es fand eine sachliche Diskussion der Überlegungen mit den Mitgliedern des Vereins statt“, erklärte Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde. Mehrere Dutzend Mitglieder nahmen an der Veranstaltung teil und berieten anschließend untereinander. Das Ergebnis wurde der Behörde kurz darauf mitgeteilt: „Es fand sich keine Mehrheit für die Schaffung eines Standortes“.
Exklusivität mit rechtlicher Bindung
Grundlage dafür ist eine seit über 100 Jahren bestehende Bauklausel, die in den Grundbüchern aller 320 Grundstücke des Viertels verankert ist. Sie verbietet Nachverdichtungen, Gewerbebauten und jede Form von nicht villentypischen Nutzungen – darunter auch Flüchtlingsunterkünfte. Sie erlaubt ausschließlich eine Bebauung mit großzügigen Villen und schützt damit die ursprüngliche Gestaltungsidee der Landschaft.
Über die Einhaltung dieser Vorschriften wacht der „Verein Hochkamp“. Er hat weitergehende Befugnisse als das örtliche Bauamt. Selbst wenn die Behörde eine Genehmigung erteilt, müssen die Eigentümer zusätzlich die Zustimmung des Vereins einholen. „Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind eindeutig“, betont Behördensprecher Arnhold. „Eine Entwicklung des Standorts wäre nur bei Zustimmung des Vereins möglich gewesen“.
Historisch gewachsenes Sonderrecht
Die Entstehung des Privilegs geht auf private Investoren zurück, die Anfang des 20. Jahrhunderts aus Ackerland ein Refugium für wohlhabende Hamburger schufen. Der Name „Hochkamp“ wurde dabei bewusst als Marke etabliert – ähnlich wie „Hollywood“ in Los Angeles. Heute liegt der Stadtteil teils in Nienstedten, teils in Osdorf. Städtebaulich hat die Stadt Hamburg seitdem kaum Einfluss genommen.
Im benachbarten Flottbek hat sich die Stadt kürzlich mit einer ähnlichen Planung durchgesetzt – gegen den Widerstand einiger Anwohner. Im Hochkamp hingegen sind der Verwaltung aufgrund vertraglicher Grundlagen die Hände gebunden.
AfD sieht „gelebte Demokratie“
Aus der Opposition kam Zustimmung für das Aus des Projekts. Die AfD-Fraktion lobte ausdrücklich die Entscheidung der Anwohner. „Die Bürger in Hochkamp haben sich klar gegen die Flüchtlingsunterkunft entschieden und das hat auch die SPD zu respektieren. Das ist gelebte Demokratie“, erklärte Fraktionschef Dirk Nockemann in einer Aussendung.
Gleichzeitig kritisierte er die Haltung der SPD: „Wenn die SPD als Reaktion darauf von ‚unsolidarischem und unhanseatischem Verhalten‘ faselt, dann zeigt es die ganze Abgehobenheit und Bürgerferne der SPD.“ Es zeige auch, „dass die von der Realität entkoppelte SPD die Interessen fremder Menschen über die der eigenen Bürger stellt“, fügte er hinzu. Die Menschen hätten „die Nase voll von grenzenloser Massenmigration und ausufernder Kriminalität“, so Nockemann weiter – „sie wollen in Frieden und Sicherheit leben“. Das habe mit angeblich fehlender Weltoffenheit „nicht das Geringste“ zu tun, erklärte er abschließend.