Wagenknecht rechnet mit Intoleranz vieler Linker ab
Die frühere Fraktionsvorsitzende der deutschen Linkspartei, Sahra Wagenknecht, lässt einmal mehr aufhorchen. Mit markigen Worten kritisierte sie die fehlende Toleranz im linksliberalen Spektrum gegenüber Menschen mit abweichender Meinung.
Berlin. – Wie die Junge Freiheit berichtet, sieht Wagenknecht das Grundproblem in einer bestimmten Haltung begründet. Diese sollte eigentlich korrekt „Linksilliberalismus“ heißen. Sie verwies auf die öffentliche Warnung von über 150 großteils ebenfalls linksgerichteten Intellektuellen im Vorjahr. Diese befürchteten eine Verengung des zulässigen Meinungsspektrums. Auch die Politikerin sieht deutliche Ansätze für dieses Problem.
Viele Linke grenzen Andersdenkende konsequent aus
Viele sogenannte Linksliberale würden nach folgendem Prinzip einordnen: „Wer nicht für mich ist, ist kein Andersdenkender, sondern ein schlechter Mensch. Das ist ein typisches Herangehen des linksliberalen Milieus: Wer für eine Begrenzung von Zuwanderung ist, ist ein Rassist. Wer CO2-Steuern kritisiert, ein Klimaleugner. Und wer die Schließung von Schulen, Restaurants und Fitneßstudios nicht für richtig hält, ein ‘Covidiot’.“
Für Wagenknecht ist das eine untragbare Situation. Sie fordert ein Ende moralisierender Debatten, man sollte Andersdenkende nicht niedermachen. Alle mit einem Interesse der Überwindung der Spaltung im Land sollten „die Fähigkeit zurückgewinnen, mit Anstand und Respekt zu diskutieren.“ Dabei müsse auch klar sein: „Wer bestimmte Meinungen nicht teilt, ist deshalb noch lange kein Nazi, der ‚gecancelt‘ werden muss.“
Wagenknecht plädiert für mehr Debattenkultur
Dies müsse für alle dringenden Debatten gelten. „Auszusprechen, dass Zuwanderer für Lohndumping missbraucht werden, dass es kaum möglich ist, eine Schulklasse zu unterrichten, in der über die Hälfte der Kinder kein Deutsch spricht“, mache einen auch nicht zum Rassisten. Man dürfe auch die Problematik mit radikalen Islamisten ansprechen. Wer die Debatten über solche Probleme verhindere, spiele erst recht „Rechtsaußen die Bälle zu“, so Wagenknecht.
Derzeit sei die gesamte öffentliche Debatte aufgeheizt, die Intoleranz zwischen allen möglichen politischen Lagern wachse. Dabei entspringe gerade der „Linksilliberalismus“ nicht der Lebensrealität der meisten Deutschen. Dieser stamme vielmehr „aus der neuen akademischen Mittelschicht der Großstädte entstanden, ein relativ privilegiertes Milieu, das heute weitgehend abgeschottet lebt, eine Filterblase im realen Leben“.
Eine Frau schwimmt gegen den Strom
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Wagenknecht eine im eigenen linken Lager unpopuläre Meinung äußerte. So war sie eine der wenigen linken Politiker, die sich gegen den UN-Migrationspakt stellten. Immer wieder warnte sie vor einer Einwanderung in den Niedriglohnsektor. Auch die EU bekam ihr Fett weg, weil sie ihrer Ansicht nach zur Förderin von Ungleichheiten verkomme. Zuletzt kritisierte sie die Lockdown-Politik.
Grundlegende Kritik bleibt politisch unbelohnt
Ihre regelmäßige Fundamentalkritik brachte Wagenknecht regelmäßig auch Respekt vonseiten vieler Personen gerade auch im sozialpatriotischen Lager ein. Innerhalb ihres eigenen Lagers marginalisierte man die einstige linke Gallionsfigur zusehends. Auch ihr im Jahr 2018 begründete Sammlungsbewegung „#Aufstehen“ kam nicht so recht vom Fleck. Die angestrebte grundlegende Veränderung blieb weitgehend aus – sowohl innerhalb des Lagers als auch im Hinblick auf die Gesamtgesellschaft.
Die damalige Einschätzung des Politikwissenschaftlers Benedikt Kaiser im Tagesstimme-Interview bewahrheitete sich somit. Er sagte damals: „#Aufstehen […] wird daher keinen Rettungsanker für die Linke bedeuten, sondern stellt ein letztes Aufbäumen linkssozialdemokratischer Restvernunft dar, gepaart mit nationalstaatlicher Pragmatik – die dem sonstigen linken Lager freilich bereits zu weit geht!“