Zum Wohl von Partei und Heimat: Der unnötige Stallkrieg muss aufhören!

In Niedersachsen kommt es wohl zu einer Spaltung der AfD-Fraktion, die unabhängig vom tobenden Richtungsstreit einen großen Schaden an der patriotischen Bewegung als Ganzes anrichtet. Leider neigen patriotische Parteien schon länger zu diesem Phänomen.
Julian Schernthaner
Kommentar von
23.9.2020
/
3 Minuten Lesezeit
Zum Wohl von Partei und Heimat: Der unnötige Stallkrieg muss aufhören!

Logo der AfD-Bundestagsfraktion (Symbolbild)

© privat

In Niedersachsen kommt es wohl zu einer Spaltung der AfD-Fraktion, die unabhängig vom tobenden Richtungsstreit einen großen Schaden an der patriotischen Bewegung als Ganzes anrichtet. Leider neigen patriotische Parteien schon länger zu diesem Phänomen.

Kommentar von Julian Schernthaner.

Erst kürzlich fand eine Wachablöse an der Spitze der niedersächsischen AfD statt. Mit Jens Kestner übernahm erstmals in einem westlichen Bundesland ein Vertreter der nationalkonservativen Parteiflügels das Ruder. Für den neutralen Beobachter eine spannende Sache. Denn jene, die meinen, ein sozialpatriotischer Kurs wäre auch im Westen ein Erfolgsgarant hätten die Gelegenheit, den Beweis dafür zu erbringen. Und solche, die glauben, ein bürgerlich-konservativer Kurs sei der einzige Weg auf ohnehin schon schwierigem Pflaster, könnten sich das ganze erste Reihe fußfrei ansehen.

Guth sprengt Fraktion in die Luft

Die abgewählte, bürgerliche Landesparteichefin Dana Guth wollte aber nicht so lange warten. Sie wollte lieber Nägel mit Köpfen machen – und macht aus einer persönlichen Niederlage ein Fiasko für das ganze Lager. Dass man sich beiseite gedrängt fühlt und weiter seinen Kurs fahren will, ist geschenkt. Auch, dass man versucht, mittels einer neuen Fraktion andere Wählergruppen zu erschließen, kann man als naiv, aber legitim gelten lassen. Die Art und Weise hilft allerdings nur den Altparteien, die man wohl eigentlich hoffentlich noch als „gemeinsamen Gegner“ betrachtet.

Denn ihr erklärter Abschied mit zwei Kollegen bedeutet, dass die AfD im Bundesland überhaupt den Fraktionsstatus verliert. Das Resultat des völlig unnötigen Revanchefouls: Jede Aufbauarbeit auf einen Schlag zunichte gemacht – und dreißig Mitarbeiter in Krisenzeiten auf die Straße gesetzt. An einen Parteiaustritt denken die Abtrünnigen nicht. Es gibt nicht zum ersten Mal dann einfach zwei AfD-Teile im selben Landtag – nur dass diesmal möglicherweise beide keine Fraktionsstärke besitzen. Und man muss kein Sympathisant einer Strömung sein, um das als problematisch zu erachten.

Spaltungen als leidvolle Tradition

Spaltungen und Richtungsstreite haben im dritten Lager leider Tradition – und irgendwo liegt dies wohl daran, dass Parteien darin stets eine Sammel-Funktion innehatten. In der Aufwärtsbewegung geht dies gut, man vermittelt den Verve einer Volkspartei in der Werdung. Selbst Spaltungen führen oft zum Abwurf unnötigen Ballasts und in der Stärkung der Hauptpartei. In der Stagnation oder gar in der Abwärtsspirale schaut sich dann jeder im Mosaik um und sucht nach unpassenden Steinchen. Diese will man dann als Sündenbock für das üble Gesamtbild heraus und bewirft sich gegenseitig damit.

Auf der linken Seite ergibt die Addition eigenständiger Gruppe oft kleine Zugewinne. Rote und Grüne tauschen ihre Wähler nicht ausschließlich, letztere gewinnen öfter „bürgerliche Stimmen“ für sich. Diese jahrzehntelange Entwicklung zeigt scheinbar das Potenzial einer solchen Strategie. Es ist aber ein Trugschluss, denn die Wahl linker Parteien erfordert wenig Mut. Weil ein Kreuz bei patriotischen Kräften Parteien aber stets Akt des Widerstands ist, sind unscharfe Positionen und interner Streit dort Gift.

Unzählige Negativbeispiele für Grabenkämpfe

Wie sehr dies schaden kann, zeigt sich auch in Österreich. Nachdem die FPÖ als Original jede Spaltung überdauerten, rückt ihnen jetzt in Wien ein „neuer“ Gegner auf die Pelle. Es ist kein geringerer als Ex-Parteichef Strache, der nicht durch andere Positionen, sondern durch sein Gesicht beim Wähler punkten will. Beide Seiten kämpfen mit harten Bandagen, zuletzt kündigte dieser sogar eine Klage gegen seinen Stadtparteichef-Nachfolger Nepp an. Die FPÖ wiederum wollte dessen Antritt überhaupt verhindern und ermöglichte Strache damit ein neues Opfer-Narrativ.

Der Wähler wendet sich bei solchen Allüren oftmals angewidert ab. Die Wiederholung der starken 31 Prozent vom letzten Mal ist längst aussichtslos. Mittlerweile mag man froh sein, in der Addition die Hälfte zu bekommen. Die Stimmen wandern stattdessen dann zur ÖVP – das ist dieselbe Partei, die vor nur sieben Jahren mit linken Argumenten noch den Wiener Dr.-Karl-Renner-Ring umbenennen wollte. Auch die Südtiroler Freiheitlichen mussten einst die Erfahrung machen, dass Wähler nur Streithähne noch mehr verachten als unklare Positionen – von 17,9 Prozent auf 6,2 Prozent in nur vier Jahren.

Einigkeit als Trumpf für eine langfristige Alternative

Auf welche Erfolge einige AfD-Vertreter also schielen, wenn sie eine Fraktion sprengen – oder wie Co-Parteichef Meuthen in Medien laut mit einer Parteispaltung kokettieren, ist ungewiss. Es wäre genau jener Schritt in die absehbare Bedeutungslosigkeit, den sich das gesamte Establishment wünscht. Schon einmal gelang es den Altparteien mithilfe instrumentalisierter Behörden, bei einer patriotischen Partei so viel Zwietracht zu säen, dass sie in ihre Einzelteile zerfiel. Nach den Republikanern krähte schon bald kein Hahn mehr und rechts von der Union kam eine weitere Generation lang „die Wand“.

Im nächsten Jahr stehen Bundestagswahlen an – und bis dahin muss man es schaffen, nicht nur durch Grabenkämpfe im medialen Raum präsent zu sein. Der Wähler erwartet sich eine patriotische, kritische Partei, die zu den wichtigen Themen stets Ross und Reiter benennt und den verstaubten Politbetrieb endlich wieder auf Vordermann bringt. Das Um und Auf ist die Einigkeit, ihr Fehlen zerstört die Früchte jeder guten Sacharbeit. Welche Richtung gerade Vorrang hat, kann man gerne in langer Debatte abwägen – aber man sollte sich nicht gegenseitig stärker bekämpfen als die politischen Mitbewerber.


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Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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