„Das ist hier nicht Deutschland“: Königsberg wehrt sich gegen deutschsprachige Schilder

In Königsberg wird die Diskussion um deutschsprachige Straßenschilder immer lauter. Ein Beispiel ist der Fall von Waleri Demenok, der sich gegen die Entfernung eines historischen Schildes wehrt.

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„Das ist hier nicht Deutschland“: Königsberg wehrt sich gegen deutschsprachige Schilder

Der Konflikt um die deutschsprachigen Straßenschilder in Königsberg besteht schon seit mehreren Jahrzehnten.

© IMAGO / Russian Look

Königsberg. – In Kaliningrad, dem ehemaligen preußischen Königsberg, kommt es immer wieder zu Konflikten um deutschsprachige Straßenschilder und historische Reminiszenzen an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Eine Reihe von staatlichen Maßnahmen und Initiativen zielt darauf ab, deutsche Bezüge aus dem Stadtbild zu entfernen, wie die Moskauer Deutsche Zeitung berichtet.

Der Fall Waleri Demenok: Ein Geschenk mit Folgen

Im Sommer 2019 bezog Waleri Demenok sein neues Haus in Königsberg und erhielt ein ungewöhnliches Geschenk: Ein Adressschild mit dem alten Namen „Wißmannstraße“, ein Relikt aus der Zeit, als die Stadt noch Königsberg war. Der geschichtsinteressierte Demenok brachte das Schild an der Fassade an, ohne zu ahnen, dass er damit Konflikte auslösen würde. Monate später, im Januar 2020, wurde er von der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Der Grund: Das Schild verletze die Gefühle der Kriegsveteranen, hieß es. „Bei uns ist hier nicht Deutschland“, zitiert die Zeitung den Generalstaatsanwalt Sergej Chlopuschin. Demenok wurde angeklagt, weil das Schild angeblich falsche Erinnerungen an die Vergangenheit wecke.

Der Streit um die deutschsprachigen Ortstafeln in Königsberg ist Teil einer breiteren Debatte, die insbesondere nach dem Krim-Konflikt an Fahrt gewonnen hat. Die Diskussion über eine angebliche „Germanisierung“ der Region ist nicht neu, wurde aber durch eine wachsende patriotische Welle verstärkt. Der Journalist Andrej Wypolsow, bekannt für seine Kritik an allem, was er als westlichen oder deutschen Einfluss empfindet, war einer der prominentesten Aktivisten dieser Bewegung. Er warf vor allem der deutschen Kultur ein aggressives Vordringen in die Region vor und kritisierte auch Facebook-Nutzer, die die Stadt weiterhin als „Königsberg“ bezeichneten.

Kritik von oben: Der Staatsanwalt als Wächter der Geschichte

Unterstützt wurde diese Bewegung von hoher staatlicher Seite, insbesondere vom konservativen Königsberger Staatsanwalt Chlopuschin. Er brachte sogar ein Gesetz ins Gespräch, das die Entfernung deutschsprachiger Straßenschilder und Werbetafeln vorsehen könnte. Das Ziel dieser Schilder sei es, den Namen Königsberg wieder ins Bewusstsein zu rufen und falsche historische Vorstellungen zu verbreiten, erklärte Chlopuschin und begründete seine Initiative mit Beschwerden von Kriegsveteranen. Diese argumentierten, dass deutsche Bezeichnungen an öffentlichen Orten vor allem bei jungen Russen den falschen Eindruck erwecken könnten, die Stadt könne wieder „Königsberg“ werden.

Obwohl der Generalstaatsanwalt und seine Unterstützer versuchten, die angebliche „Germanisierung“ als ernsthaftes Problem darzustellen, fanden diese Warnungen in der Bevölkerung wenig Widerhall. Umfragen und Äußerungen von Einwohnern zeigten, dass viele Königsberger die Ängste vor einer angeblichen Rückkehr zu deutschen Traditionen und Namen als übertrieben abtaten. Der Gouverneur von Königsberg, Anton Alichanow, bezeichnete diese Ängste 2017 als „fiktives Problem“. Dennoch wurde die Kampagne fortgesetzt, vor allem mit Unterstützung von Kriegsvereinen und konservativen Medien.

Gesetzliche Regelungen und ihre Folgen für die Geschäftswelt

Ein weiteres Beispiel für die Umsetzung dieser Politik war die Aufforderung an zahlreiche Geschäfte und Unternehmen in Königsberg, ihre deutschen Namensschilder mit russischen Übersetzungen zu versehen. Diese Maßnahme stützte sich auf das „Gesetz über die Staatssprache in der Russischen Föderation“, das den Gebrauch von Fremdsprachen in der Öffentlichkeit regelt. Während einige Unternehmer der Anordnung nachkamen, um Konflikte zu vermeiden, kritisierten unabhängige Juristen diese strenge Auslegung des Gesetzes als ungerechtfertigt.

Ein weiteres Beispiel für diese Politik musste im August 2020 in der Stadt Gurjewsk behandelt werden. Dort wurde der Schriftzug „Neuhausen“ von einer Hausfassade entfernt, nachdem ein russischer Aktivist gegen den Namen geklagt hatte. Die Staatsanwaltschaft hielt den deutschen Ortsnamen für unangemessen und verlangte die Entfernung, weil der Name „Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges in Frage stelle“. Auch Waleri Demenok blieb von dieser Entwicklung nicht verschont. Im Sommer 2020 erhielt er eine gerichtliche Aufforderung, das Schild „Wißmannstraße“ zu entfernen. Demenok weigerte sich jedoch, dem Urteil Folge zu leisten und ließ das Schild hängen.

Die Kampagne gegen deutschsprachige Straßenschilder und die damit verbundene angebliche „Germanisierung“ des Königsberger Gebiets steht für eine zunehmende Auseinandersetzung mit nationaler Identität und Erinnerungskultur. Für viele, wie Demenok, sind die Schilder ein Symbol für die Geschichte der Region.

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