Ein Drittel weniger Gas: Ukraine sperrt wichtige Pipeline nach Westeuropa

Nicht erst seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs mit den folgenden Russland-Sanktionen ist die Gasversorgung in Westeuropa ein heißes Thema. Erstmals ist seitdem aber ein greifbarer Ausstieg aus dem osteuropäischen Gas – teils zugunsten teurem Flüssiggas aus Übersee – Teil ernsthafter politischer Debatten. Nun kommt es zu einer kurzfristigen Verknappung des Angebots – und zwar ausgerechnet, weil die Ukraine den Transit auf einer wichtigen Pipeline einstellt.
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Ein Drittel weniger Gas: Ukraine sperrt wichtige Pipeline nach Westeuropa

Symbolbild: Freepik

Nicht erst seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs mit den folgenden Russland-Sanktionen ist die Gasversorgung in Westeuropa ein heißes Thema. Erstmals ist seitdem aber ein greifbarer Ausstieg aus dem osteuropäischen Gas – teils zugunsten teurem Flüssiggas aus Übersee – Teil ernsthafter politischer Debatten. Nun kommt es zu einer kurzfristigen Verknappung des Angebots – und zwar ausgerechnet, weil die Ukraine den Transit auf einer wichtigen Pipeline einstellt.

Kiew/Moskau. – Auf einen Schlag fallen somit 32,6 Mio. Kubikmeter Gas pro Tag weg – das macht etwa ein Drittel der über die Ukraine nach Europa transportierbaren Höchstmenge aus. Der Gasnetzbetreiber in der Ukraine begründet dies damit, dass die russische Besatzung es unmöglich mache, den Punkt Sochraniwka oder die Verdichterstation Nowopskow zu kontrollieren. Es handle sich dabei um einen Fall „höherer Gewalt“. Der staatsnahe russische Gaskonzern Gasprom sieht die Bedingungen für „höhere Gewalt“ nicht erfüllt und erklärte, dass die Umleitung über andere Infrastruktur nicht möglich sei. Zuletzt hatten prorussische Separatisten ihren Einflussbereich auf die restlichen Teile des Rajons Luhansk/Lugansk erweitert.

Jahrelanger Gasstreit zwischen Russland und Ukraine

Der Gasstreit zwischen den beiden aktuellen Kriegsparteien geht bereits in die frühen Nullerjahre zurück. Über lange Jahre war russisches Gas zu weiten Teilen über das Sojus-Netz nach Westeuropa transportiert worden – noch 2005 führten die Gasexporte in die EU mehrheitlich über die Ukraine. Diese wiederum erhielt Geld für den Gastransit – und konnte selbst für einen verbilligten Preis eigenes Gas beziehen. Diese Konditionen führten zu einem hohen Gasverbrauch der ukrainischen Industrie.

Die Eskalation war vorprogrammiert: 2006 vervierfachte Russland den Preis je 1.000 Kubikmeter in zwei Schritten von etwa 50 auf 230 US-Dollar – zeitgleich sollte die Transfer-Entschädigung von 1,09 Euro auf 1,74 Euro je 1.000 Kubikmeter und 100 Kilometer wachsen. Insgesamt verlaufen die beiden Pipelines „Sojus“ und „Bruderschaft“ fast 3.000 Kilometer weiter über ukrainisches Hoheitsgebiet.

Die Ukraine witterte einen schlechten Deal und warf Russland Vertragsbruch sowie eine Bestrafungsaktion für die Annäherung an den Westen. Es folgten wechselseitige Schikanen: Einmal drohte Moskau mit der Einstellung der Versorgung, ein andermal verhängte die Ukraine einen Lieferstopp, der vor allem Südosteuropa traf.

Russland wiederum verlagerte infolge der Unsicherheit seine Gastransporte in die Nordsee und baute das Nord Stream-System zur wichtigsten Pipeline nach Westeuropa aus.

Auch Österreich von Lieferstopp betroffen?

Mit dem Teil-Lieferstopp seit 6 Uhr morgens macht der ukrainische Betreiber Naftohas seine Ankündigung wahr – schon vor einiger Zeit hatte man gewarnt, dass man bei Andauern der Angriffe die Versorgung kappen könnte. Ob auch Transporte nach Österreich betroffen sind, ist vorerst unbekannt. Fix ist freilich, dass die Pipeline Transgas, die bis in die Alpenrepublik führt, faktisch die Verlängerung des Sojus-Systems ist.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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