Festnahme in Botschaft: Wikileaks-Gründer Assange droht Auslieferung
Am Donnerstagvormittag stürmten britische Polizisten die ecuadorianische Botschaft in London und nahmen den Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, fest.
London. – Nach sieben Jahren in der diplomatischen Vertretung Ecuadors in London erteilte das südamerikanische Land den britischen Behörden die Erlaubnis, das Gebäude zu betreten. Zuvor hatte die Regierung in Quito ihr diplomatisches Asyl für den investigativen Journalisten und ehemaligen Hacker zurückgezogen – obwohl dieser eigentlich seit 2017 die Staatsbürgerschaft Ecuadors besitzt.
US-Behörden veranlassten offenbar Zugriff
Wie der Standard berichtet, geschah der Zugriff auf Veranlassung US-amerikanischer Behörden. Vonseiten dieser ist außerdem bereits ein Auslieferungsantrag anhängig, es geht um die Veröffentlichung zahlreicher geheimer US-Dokumente. Ecuador war zuvor nicht bereit, den gebürtigen Australier ziehen zu lassen, aus Furcht, ihm könnte dort die Todesstrafe drohen.
Ursprünglich war Assange das Asyl aufgrund eines später eingestellten Verfahrens wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gewährt worden. In den vergangenen Monaten verschlechterte sich das Verhältnis zum Gastgeberland aufgrund der Publikation von Dokumenten und Fotos, welche den ecuadorianischen Präsidenten Moreno belasten, allerdings zusehends.
Brisante Enthüllungen über US-Militäreinsätze
Welche konkreten Vorwürfe aus den Vereinigten Staaten kommen, ist unbekannt. Klar ist, dass eine der ersten großen WikiLeaks-Enthüllungen einst US-Dokumente betraf, welche Menschenrechtsverletzungen und Tötungen von Zivilisten durch amerikanische Soldaten in Afghanistan belegen. Auch über andere Staaten – einschließlich Österreich – kam es in den Folgejahren zu teils brisanten Aufdeckungen.
Im November eröffnete die US- Justiz bereits ein Verfahren, angeblich auch wegen der Erleichterung vermeintlicher russischer Eingriffe in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 – Die Tagesstimmeberichtete. Obwohl diese mittlerweile als unwahrscheinlich gelten, bleibt das Gerichtsverfahren gegen Assange offenbar prinzipiell aufrecht.
Reaktionen: Von Lob bis scharfe Kritik
Die internationale Reaktion auf die Festnahme in der ecuadorianischen Botschaft war unterschiedlichster Natur. So begrüßte der britische Innenminister die Festnahme, niemand sei „über dem Gesetz“. Er bedankte sich bei Ecuador für die Zusammenarbeit und baut nun auf die Entscheidung der Gerichte.
Demgegenüber kritisierte Russland die Festnahme und die britische Rolle scharf. Die „Hand der ‚Demokratie‘ erwürgt die Freiheit“, so eine Sprecherin des russischen Außenministeriums. Der im russischen Exil befindliche Whistleblower-Kollege Edward Snowden sprach von einem „traurigen Tag für die Pressefreiheit“. WikiLeaks selbst sieht die Beendigung des Asyls als völkerrechtswidrig an.
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