Hohe Strafen: Griechenland geht hart gegen Schlepper vor
Griechenland hat nach wie vor mit einer hohen Zahl von Migranten zu kämpfen, die per Boot ins Land kommen. Die griechischen Behörden gehen jedoch mit aller Härte gegen die Schlepper vor.
Rhodos. – Knapp 42.000 Migranten sind im vergangenen Jahr in Griechenland angekommen, bis Juli 2024 waren es bereits 22.000. Das geht aus Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks hervor. Viele dieser Migranten greifen für die Überfahrt auf Schleppernetzwerke zurück. Gegen diese geht Griechenland nun mit aller Härte vor. So hat ein Gericht auf Rhodos einen 40-jährigen Mann zu 338 Jahren Haft und 4,9 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt, weil er im vergangenen Sommer 14 Migranten mit einem Boot von der türkischen Küste nach Rhodos gebracht haben soll. Nachdem er die Migranten in der Nähe der Ortschaft Lindos abgesetzt hatte, versuchte er in die Türkei zurückzukehren, wurde aber von der griechischen Küstenwache aufgegriffen.
Jede Schleusung als Einzelfall geahndet
Das Urteil gegen den 40-Jährigen ist kein Einzelfall. Griechenland hat die Strafen für Menschenschmuggel in den vergangenen Jahren deutlich verschärft, was auch zwei Ägypter zu spüren bekamen. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, sollen ein 26-Jähriger und ein 31-Jähriger im Januar 40 Migranten mit einem Boot auf die Insel Gavdos gebracht haben. Nun wurden sie von einem Gericht zu 288 Jahren Haft und jeweils vier Millionen Euro Geldstrafe verurteilt.
Derart hohe Strafen sind möglich, weil nach griechischem Recht jede Schleusung als Einzeltat geahndet wird. Wer also zehn Migranten einschleust, muss mit der zehnfachen Höchststrafe rechnen. Das Strafmaß beginnt bei einem Jahr Gefängnis. Wer gewerbsmäßig schleust, muss mit mindestens zehn Jahren rechnen. Hinzu kommen Geldstrafen von 30.000 bis 700.000 Euro pro geschleuste Person. Wie die Frankfurter Rundschau weiter berichtet, wurden allein im vergangenen Jahr 1.500 Menschen festgenommen, die die griechischen Behörden für Schleuser hielten.
Menschenrechtsorganisationen üben Kritik
Kritik am Vorgehen der Behörden kommt von Menschenrechtsorganisationen. Sie kritisieren, dass die Strafen nicht immer die tatsächlichen Schlepper treffen. Sie seien selten selbst an Bord, wenn die Boote Griechenland erreichen, denn meist würden die Schlepper die Migranten selbst die Boote steuern lassen. Die griechische Küstenwache versuche dann durch Befragungen herauszufinden, wer am Ruder gestanden oder den Außenbordmotor bedient habe. Den meisten Migranten an Bord sei jedoch nicht bewusst, dass dies bereits für eine Verurteilung wegen Menschenschmuggels ausreichen kann. Denn als Schlepper können auch diejenigen belangt werden, die nichts an der Überfahrt verdienen.
„Urteile werden auf der Grundlage unzureichender und fragwürdiger Beweise gesprochen“, heißt es in einem Bericht der Organisation Borderline Europe. In einigen Fällen scheinen die Fakten klar zu sein, wie im Fall des 40-jährigen Verurteilten, der in die Türkei fliehen wollte. Doch oft stütze sich die Anklage auf zweifelhafte Zeugenaussagen anderer, die mit auf dem Boot waren, so die Kritik.
Griechenland sieht sich unterdessen weiterhin mit steigenden Migrantenzahlen konfrontiert. Die meisten Migranten kommen derzeit aus Afghanistan und Syrien, berichtet die deutsche Migrationsforscherin Jutta Lauth Bacas, die sich kürzlich zu Forschungszwecken auf Lesbos aufhielt.