Slava Ukraine! Warum dieser Krieg Europa verändert

Die Ukraine widersteht einem russischen Angriff. Der Krieg führt aber nicht nur zu Auswirkungen in Osteuropa, sondern wird die ganze westliche Welt verändern.
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13.4.2022
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2 Minuten Lesezeit
Slava Ukraine! Warum dieser Krieg Europa verändert

Die Ukraine widersteht einem russischen Angriff. Der Krieg führt aber nicht nur zu Auswirkungen in Osteuropa, sondern wird die ganze westliche Welt verändern.

Ja, viele stehen zur Ukraine. Das nicht nur, weil die imperiale Lässigkeit, mit der Russland das Land angegriffen hat, verstörend ist. Wobei man sagen muss: Zu einem Konflikt gehören mindestens zwei. Aber der Rest ist halt wie am Schulhof: Einer wird so lange gehänselt und bis aufs Blut geärgert. Und wenn er zuschlägt, ist er selbst schuld.

Viele verstehen die Hintergründe des Krieges längst nicht. Die Ukraine gilt einerseits als einer der korruptesten Staaten Europas, andererseits hat sie sich auf den Weg gemacht, die Sowjetunion zu verlassen und Europa sein zu wollen. Amerika spielt früh mit, die Russen waren immer da. Gleichzeitig ist es aber auch die Geschichte einer Nationswerdung, die nach dem Ersten Weltkrieg beginnt, über die nationalistische Bewegung der Zwischenkriegszeit, Kollaboration und Widerstand gegen die Sowjets bis heute sich zieht. Die Loslösung aus der Sowjetunion und der Aufstand vom Euromaidan bilden eine Linie. Der Krieg um den – meist russischen – Donbass und die Annektion der Krim durch Russland bleiben Wegmarken zum Überfall im Februar, vielfach nicht verstanden bei uns, weil exotisch weit im Osten.

Geburt einer Nation

Der Krieg jetzt: Geburt einer Nation. Mit einer gewissen Faszination muss man sehen, mit welchem Nationalismus die Ukraine gegen den Aggressor aufsteht und zusammenhält. Wobei man sagen muss: Die Russen haben diesen Gegner unterschätzt, sie sind auf ein Militär gestoßen, das vorbereitet war, das auch ein Konzept für irreguläre Kriegsführung und Volksaufstand hat, an dem die erste Phase der russischen Invasion – vor allem der Vorstoß – auf Kiew gescheitert ist.

Gleichzeitig irritierend zu beobachten: die ungebremste Ukraine-Begeisterung im Westen, die in der Liebe zur Freiheit auch den ukrainischen Nationalismus liebt. Der Präsident als Held, in dessen Licht sich alle sonnen wollen, während das Land mit Waffen vollgepumpt wird. Die russischen Panzer, Helikopter und Tiefflieger sind gegen eine Wand aus 60.000 Panzerabwehrraketen und 25.000 Flugabwehrraketen, die von der Schulter eines Mannes oder einer Frau abgefeuert werden können, angefahren und haben schwerste Verluste erlitten.

Gleichzeitig darf an sich nicht täuschen lassen: Russland hat mehr Kraft, als wir bis jetzt ein Einsatz gesehen haben. Und es steht an zu befürchten, dass Putins Staat eine Niederlage nicht akzeptieren wird, weder militärisch noch wirtschaftlich. Die Illusion, dass die ganze Welt gegen ihn ist, glaubt man übrigens nur im Westen, wo alle sich in Ukraine-Begeisterung überschlagen, aber China, Indien und andere wesentliche Länder blieben auf der Seite Russlands.

Zeitenwende

Deutschland ist dort weg. Die versuchte gute Zusammenarbeit – manchmal auch belegbar mit Jobs deutscher (Schröder) und österreichischer (Kern) Spitzenpolitiker in russischen Aufsichtsräten – ist in die Binsen gegangen. Das mitteleuropäische Land, dem man – aus Gründen – jedes Verhältnis zum Krieg ausgetrieben hat, sieht sich plötzlich an vorderster Front, wenn es um Waffenlieferungen an die Ukraine geht. Bisher war die Lieferung von deutschen Waffen in Krisengebieten ein Tabu, nun scheint es nicht mehr schnell genug zu gehen. Und das, während man gleichzeitig feststellen muss, dass die Bundeswehr nicht mehr einsatzfähig ist, weil sie – wie auch in Österreich das Bundesheer – über Jahre und Jahrzehnte ausgehungert worden ist.

Die Rede ist von einer „Zeitenwende“, wobei sich die Frage aufwirft, ob der von Russland regional begrenzte Krieg nicht längst zu einer Art kleiner Weltkrieg geworden ist. Im pazifierten Europa scheint man aber aus dem Schlaf nach dem Zweiten Weltkrieg aufzuwachen und zu begreifen, dass auch ein Friedensprojekt nur so viel wert ist, wie es sich im Notfall wehren kann. Einstweilen schaut das aber so aus, dass die viertgrößte Weltwirtschaft gerade mal eine Bundeswehr-Kompanie für die Slowakei mobilisieren kann. Dafür soll es jetzt 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr geben – damit sie die „schlagkräftigste Armee in Europa“ (FDP-Chef Lindner) werden kann. Ob Geld alles ändern kann? Wir glauben es nicht. Deutschland hat ein Einstellungsproblem. Was die Lösung wäre? Das Exportmodell der Ukraine ist ein Staat, an den seine Bürger glauben und für den sie auch bereit sind sich einzusetzen und zu kämpfen. Slava Ukraine!

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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