Streit mit Soros: So gepfeffert kontert Orbán Ratschläge des US-Milliardärs

In jüngerer Vergangenheit drohen die Querelen zwischen dem US-Börsenspekulanten George Soros und der konservativen Regierung seines ursprünglichen Herkunftslandes Ungarn wieder einmal zu eskalieren. Auslöser sind dessen Kommentare im Hinblick auf das Veto, das Ungarn und Polen dem neuen EU-Budget erteilten.
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Streit mit Soros: So gepfeffert kontert Orbán Ratschläge des US-Milliardärs

Symbolbild: Elekes Andor via Wikimedia Commons [CC BY-SA 4.0] [Bild zugeschnitten]

In jüngerer Vergangenheit drohen die Querelen zwischen dem US-Börsenspekulanten George Soros und der konservativen Regierung seines ursprünglichen Herkunftslandes Ungarn wieder einmal zu eskalieren. Auslöser sind dessen Kommentare im Hinblick auf das Veto, das Ungarn und Polen dem neuen EU-Budget erteilten.

Budapest. – Am Anfang standen Pläne aus Brüssel, quasi „aufmüpfigen“ Staaten die Mittel zu kürzen, wenn diese dem „Rechtstaatlichkeitsmechanismus“ der Union nicht genügten. Die konservativen Regierungen in Warschau und Budapest sahen darin eine Bevormundung, die sie an die Sowjetunion erinnerte. Daraufhin blockierten sie den Erlass des künftigen EU-Budgets. Daraufhin riet Soros dem europäischen Staatenbund, diese beiden Länder einfach zu übergehen – und prallte erneut auf heftige Gegenwehr aus dem mitteleuropäischen Land.

Vorwurf: Soros will einheitliches „Imperium“ schaffen

In einem offenen Brief, dessen offizielle deutsche Übertragung der Tagesstimme vorliegt, antwortete Regierungsschef Viktor Orbán auf dessen Forderungen, all jene hart zu bestrafen, die sich „nicht unter der Flagge der globalen und offenen Gesellschaft in ein sich vereinheitlichendes europäisches Imperium eingliedern wollen“. Seine Ansicht sei es vielmehr, dass die Nationen schon alters her die Kraft Europas bedingten.

Das auf abendländische Traditionen beruhende europäische Familienmodell stellte die Grundlage seiner Gemeinschaften dar. Die christliche Freiheit habe die Freiheit des Denkens und der Kultur bedingt und somit zwischen den europäischen Nationen einen „wohltätigen Wettbewerb“ erschaffen. Nun schicke sich ein Spekulant, der Millionen in den Ruin getrieben hätte, an, dies zu ändern.

„Netzwerk will Europa zum Einwanderungskontinent machen“

Das Soros-Netzwerk sei „durch und durch mit er europäischen Bürokratie und politischen Elite“ verwoben. Seit Jahren arbeitete es daran, „Europa zu einem Einwanderungskontinent zu machen“. Die Migration beschleunige die Schaffung offener Gesellschaft mit gemischten Ethnien und Multikulti. Ziel sei es dabei, „die nationale Entscheidungsfindung abzubauen und diese in die Hände der globalen Elite zu übergeben.“

Von der Wirtschaftskrise gegen Ende der Nullerjahre über die Migrationskrise bis zur Coronakrise habe „der sich selbst als ‚Philanthrop‘ bezeichnende Spekulant“ Soros nie auf die Interessen der Europäer geachtet. Stattdessen sei es diesem immer nur um seinen eigenen Vorteil gegangen. Anstatt die Europäer zu Solidarität zu animieren, hetze er dessen Völker nun gegeneinander auf. Sein Netzwerk schrecke längst nicht mehr vor offener Einmischung zurück.

Schwere Anschuldigungen der Korruption

Dabei würden Soros‘ Gebahren dessen Deutungshoheit befördern. „Eine lange Reihe von Politikern, Journalisten, Richtern, Bürokraten, als zivil getarnten politischen Agitatoren steht auf der Gehaltsliste von George Soros“, so Orbàns markiger Vorwurf. Der Milliardär würde zahlreiche Akteure als korrupt bezeichnen, sei in Wahrheit aber „selbst der korrupteste Mensch der Welt“. Tatsächlich macht dieser keinen Hehl daraus weltweit linke, liberale und migrationsfreundliche Gruppen zu finanzieren.

Soros kenne keinen Widerspruch und kein Pardon: „Wen er nur kann, den besticht und kauft er. Bei denen dies nicht gelingt, die kompromittiert er, erniedrigt er, schüchtert er ein und ruiniert er mithilfe der schrecklichsten Waffe des Netzwerkes, der linken Medien“. Er arbeite daran, an die Stelle der Herrschaft des Rechts das Recht des Stärkeren zu setzen. Die althergebrachte europäischen Werte seien jedenfalls in Gefahr.

Orbán: „Europa nicht dem Soros-Netzwerk unterwerfen“

Die EU-Bürokraten machten sich dabei mit ihm und seinem angeblichen Streben nach einem europäischen Imperium gemein: „Sie wollen ein Institutionensystem ausbauen, das unter der Ägide der offenen Gesellschaft den freien und unabhängigen Nationen Europas ein einheitliches Denken, eine einheitliche Kultur, ein einheitliches Gesellschaftsmodell aufzwingen will. Damit nehmen sie jedem Volk sein Recht, selbst über das eigene Schicksal entscheiden zu können.“

Damit kann Orbán nichts anfangen. Denn: „Soros will eine offene Gesellschaft und wir wollen eine geschützte Gesellschaft“ Jener glaube, dass die Freiheit nur der Selbstverwirklichung dienen kann. Selber finde man hingegen, dass man sie auch zur Befolgung der christlichen Lehren, zum Dienst für die Heimat und zum Schutz unserer Familien nutzen könne. Sein Volk wisse was Freiheit bedeute: „Die Geschichte der mitteleuropäischen Nationen war ein ständiger Freiheitskampf gegen große Imperien!“

Daher gibt es für Orbán nur ein taugliches Plädoyer: „Wenn wir unsere Freiheit bewahren wollen, darf sich Europa nicht dem Soros-Netzwerk unterwerfen.“

Kulturfunktionär polarisierte mit historischem Vergleich

Es waren übrigens nicht die ersten kritischen Reaktionen auf die Aussagen von Soros. So warf Szilárd Demeter (44), der Leiter des renommierten Petöfi-Literaturmuseums, ihm vor, üble Pläne zu verfolgen: „Aus den Fässern der multi-kulturellen offenen Gesellschaft entströmt das Giftgas, das für die europäische Lebensform tödlich ist“. Er würde eine scheinliberale Gesellschaft fördern, die einen „Kult des Andersseins“ befördere. Wer das Ideal nicht mittrage, würde einfach „ausradiert“.

Der Kommentar in einer regierungsnahen Zeitung sorgte nicht zuletzt wegen einer größeren Anzahl an historischen Vergleichen wiederum zur Kritik von jüdischen Verbänden in Ungarn. Sie sprachen von einer Relativierung des Leides der jüngeren ungarischen und jüdischen Zeitgeschichte. Der Vergleich von Europa mit einer Gaskammer sei nach ihrem Dafürkönnen jedenfalls „geschmacklos“, zitiert der ORF die religiösen Verbände zur Causa.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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