ARD-Generalsekretärin versteht Aufregung um „Framing-Manual“ nicht
Rund um eine Handreichung zum internen Gebrauch bei der öffentlich-rechtlichen ARD, welche seinen Mitarbeitern empfiehlt, Denkmuster mittels eines bestimmten Sprachgebrauchs zu beeinflussen, entzündete sich in den vergangenen Tagen eine hitzige Debatte.
Berlin. – Das Papier der Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin Elisabeth Wehling sollte eigentlich als interne Arbeitsgrundlage fungieren. Der ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab zufolge sollte es „interne Diskussionen mit den Mitarbeitenden über Sprache und deren Verwendung“ entfachen. Am Montag legte diese nach und konstatiert, dass sie kein Verständnis um die mediale Aufregung habe.
Kommunikation über moralische Argumente
Seit Bekanntwerden bleibt kein Stein auf dem anderen. Die eigene Rundfunkanstalt als Hort der „Freiheit“, die Konkurrenz als „medienkapitalistische Heuschrecken“ und „demokratieferne Medien“. Die Rundfunkgebühren positiv darstellen, Wörtern wie „Staatsfunk“, „Lügenpresse“ oder „Zwangsgebühr“ den Kampf ansagen – alles Stilmittel im brisanten Dokument, welches den „gemeinsamen, freien Rundfunk ARD“ wieder attraktiv machen soll.
Auf insgesamt 89 Seiten thematisiert die Handreichung, mit welchen neurolinguistischen Tricks dem Bürger der Mehrwert des gebührenfinanzierten Rundfunks schmackhaft gemacht werden soll. Es schlägt seinen Mitarbeitern außerdem vor, dass die Kommunikation eigener Narrative „immer in Form von moralischen Argumenten stattfinden sollen“.
Generalsekretärin moniert „Fehlinterpretation“
Was die Seite netzpolitik.org unlängst veröffentlichte, ist also Wasser auf den Mühlen der Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner gegenwärtigen Form und Ausrichtung. Genau aufgrund dieses Interpretationsspielraums erklärte Pfab nun ihre Ansichten in einem Interview mit der Welt.
Sie wirft den Kritikern eine falsche Interpretation des Papiers vor. Es handle sich keinesfalls um eine Handlungsanweisung, sondern lediglich um einen sprachwissenschaftlichen Blickwinkel. Framing allein ersetze keine inhaltliche Argumention, man wolle selbstverständlich mit seinem Programm überzeugen.
Pfab: Framing gehört in jede Journalistenausbildung
Besonders verwehrt sich Pfab gegen eine Gleichsetzung der Begriffe „Moral“ und „Moralisieren“. Man wolle lediglich den eigenen Antrieb, seine Positionen und Werteorientierung durch die Sprache offenlegen. Das eigene Haus sieht die Generalsekretärin der wichtigsten deutschen Sendeanstalt im Sinne einer „Gemeinwohlorientierung“.
Das Papier jedenfalls sei „völlig ungeeignet zur kommentarlosen Weiterverbreitung“. Eine Auseinandersetzung mit der Wirkung von Sprache sei allerdings „wichtig und richtig“. Das Thema Framing gehöre in „jede Journalistenausbildung“, es gehe um „Grundfragen des Journalismus“. Somit handle es sich bei der Einstufung als manipulative Kommunikationsstragie um eine Fehlinterpretation.
Rundfunkkritiker mit „Gesamtöffentlichkeit“ zurückholen
Eine Glaubwürdigkeitskrise der Medienbranche sieht Pfab unterdessen nicht, obwohl laut Umfragen jeder fünfte Deutsche dieser nicht mehr vertraue. Der Auftrag an Wehling sei aus keinem konkreten Anlass geschehen. Die Zweifler wolle man nicht zuletzt durch Schaffung einer „Gesamtöffentlichkeit“ zurückgewinnen.