Bundesverfassungsgericht: „Containern“ darf bestraft werden
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe teilte heute mit, dass „Containern“ bestraft werden darf. Die wegen Diebstahls schuldig gesprochenen Studentinnen blieben mit ihren Verfassungsbeschwerden erfolglos.
Karlsruhe. – Tag für Tag wandern große Mengen eigentlich noch genießbarer Lebensmittel in die Container der Supermärkte. Wer diese weggeworfenen Lebensmitteln aus den Containern „rettet“, kann in Deutschland nun als Dieb verurteilt werden. Der Staat muss das Eigentum auch an grundsätzlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen, teilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag mit.
Container waren verschlossen
Zwei Studentinnen aus Oberbayern scheiterten damit mit ihrern Verfassungsbeschwerden. Sie hatten nachts in Olching bei München Obst, Gemüse und Joghurt aus dem Müll eines Supermarktes gefischt. Sie wollten damit gegen das massenweise Wegwerfen von noch genießbaren Lebensmitteln protestieren. Weil der Container verschlossen zur Abholung bereitstand, werteten die Gerichte das als Diebstahl und verurteilten die Frauen zu Sozialstunden. Außerdem bekamen sie eine Geldstrafe auf Bewährung.
Zuvor hatte schon das Bayerische Oberste Landesgericht Revisionen der beiden Beschwerdeführerinnen gegen das Strafurteil als unbegründet zurückgewiesen. Auch die Wertlosigkeit einer Sache berechtige Dritte nicht zur Wegnahme. Aus dem Umstand, dass die Lebensmittel zur Entsorgung in einen Abfallcontainer geworfen worden seien, folge nicht zwingend, dass dem Eigentümer das weitere Schicksal der Sache gleichgültig sei, hieß es damals. Die Aufgabe des Eigentums komme vielmehr nur dann in Betracht, wenn der Wille vorherrsche, sich der Sache ungezielt zu entäußern.
Supermarktbetreiber bleibt Eigentümer des Abfalls
Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts liest sich ähnlich. Das Verschließen der Container habe eine Reaktion auf die vorherige, unbefugte Entnahme von Abfällen durch Dritte dargestellt. Deswegen sei auf den Willen des Supermarktbetreibers zu schließen, dass er weiterhin Eigentümer der Abfälle habe bleiben wollen. Im vorliegenden Fall diene die Strafbarkeit beim Containern dem Schutz des Eigentumsgrundrechts nach Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz.
Der Eigentümer der Lebensmittel wollte diese bewusst einer Vernichtung durch den Abfallentsorger zuführen, um etwaige Haftungsrisiken beim Verzehr der teils abgelaufenen und möglicherweise auch verdorbenen Ware auszuschließen, erklärte die zuständige Kammer des Zweiten Senats. Demnach müsse grundsätzlich akzeptiert werden, dass der Eigentümer sein Interesse daran habe, etwaige rechtliche Streitigkeiten und Prozessrisiken auszuschließen und sich keinen erhöhten Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Sicherheit der Lebensmittel auszusetzen.
Enttäuschung bei den Betroffenen
In einer Pressemitteilung zeigten sich die betroffenen Studentinnen enttäuscht über die Entscheidung. Für sie sei es absurd, „dass Lebensmittelverschwendung legal bleibt und Lebensmittelverwendung eine strafrechtliche Verfolgung nach sich zieht“. Mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht hatten sie sich eine „gesetzliche Angleichung an gesellschaftliche Werte und Überzeugungen“ erhofft, heißt es in der Stellungnahme weiter. Jedoch sind sich die beiden auch nach der heutigen Entscheidung sicher, dass „die Dringlichkeit eines gesellschaftlichen Wandels“ nicht zurückstecken dürfe und die Notwendigkeit, politische Initiativen zu finden, nun umso sichtbarer geworden sei.