Heimat und Regionalität dürfen keine reinen Worthülsen sein!

Die türkis-grüne Regierung hat also angekündigt, dass man künftig mehr auf regionale wirtschaftliche Wertschöpfung setzen will. Insbesondere kann man sich steuerliche Vorteile vorstellen. Hört sich ja ganz gut an…
Julian Schernthaner
Kommentar von
13.5.2020
/
2 Minuten Lesezeit
Heimat und Regionalität dürfen keine reinen Worthülsen sein!

Symbolbild (Vierkanthof im Mostviertel als Zeichen der Regionalität): Calauer via Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0] (Bild zugeschnitten)

Die türkis-grüne Regierung hat also angekündigt, dass man künftig mehr auf regionale wirtschaftliche Wertschöpfung setzen will. Insbesondere kann man sich steuerliche Vorteile vorstellen. Hört sich ja ganz gut an…

Kommentar von Julian Schernthaner

Es muss aber auch tatsächlich so ankommen. Vielleicht liegt es an meiner gesunden Skepsis, den Haken an der Ankündigung zu suchen. Ist es nur das politische Kalkül, dass ausgerechnet die Regierung der beiden Parteien, welche die Interessen in den letzten Jahren am deutlichsten im globalistischen Sinn von der nationalen Ebene wegschieben wollten, mit dieser Idee vorpreschen? Deren Spezl bislang etwa lieber auf Saisonniers aus dem Ausland als auf heimische Arbeiter setzten? Immerhin kommt die Vorstellung, dass den Mächtigen die Heimat wichtig sei, immer politisch gelegen.

Türkis-grün als Ankündigungskaiser ohne Substanz

Allerdings stellte sich Sebastian Kurz bereits vor zwei Monaten hin und versprach auch, die Wirtschaft zu retten, „koste es, was es wolle“. In der Realität dürfen jetzt etwa Gastwirte nach zwei Monaten selbst in coronafreien Bezirken nur unter absurden Vorschriften aufsperren. Bis dahin haben viele von ihnen bestenfalls den Almosen-Tausender aus der Soforthilfe gesehen – wenn überhaupt in dieser Höhe. Dafür gibt es jetzt eine Steuererleichterung auf das traditionelle Feierabendkracherl der Bauarbeiter, oder so ähnlich…

Andere absurde Ideen wie Mundschutzpflicht für Blasmusiker einmal außen vorgelassen, darf man sich irgendwo auch sorgen, dass die Regierung auch hier einfach nur das offensichtliche sagen wollte. Also das, was alle eh schon dreimal gefordert haben. In der Hoffnung, dass die Mär vom „besten aus zwei Welten“ auch bei der Verschmelzung von Heimat und gelebter Ökologie ziehen könnte. In der Aussicht, das Momentum der letzten Monate mitzunehmen und anhand gut klingender Worte in den Umfragen trotz allmählich angekratztem Lack zu reüssieren.

Bei der Umsetzung steckt der Teufel im Detail

Tatsächlich stellen sich bei der Umsetzung auch hier unzählige Fragen. Da wäre einmal die Absteckung der Regionalität: Schon jetzt leiden gerade Gebiete in der grenznahen Peripherie. Besonders bei den gleichsprachigen Gegenden in Südtirol und Bayern fallen dank des Grenzbalkens jetzt die Tagesausflügler aus. Wenn die Regionalität, die sie meinen, bedeutet, dass der Schärdinger für Güter aus Pocking mehr zahlen muss als für solche aus Radkersburg, Eisenkappel oder Lustenau oder der Südtiroler Speck ab Gries oder Sillian unerschwinglich wird, ist das genauso absurd wie bisher.

Damit es zu so etwas nicht kommen kann, wollen die Grünen so etwas wie einen entfernungsabhängigen Bonus respektive Malus. Das stellt einen aber auch vor zweierlei Probleme. Etwa bei heimischen Gütern, die an eine Region gebunden sind, aber für ganz Österreich von hoher kultureller Wichtigkeit sind. Das Kernöl kommt stets aus der Steiermark, der Vorarlberger Bergkäse ist weltweit berühmt – und im Salzburger Innergebirg wird der Wein einfach aufgrund der Voraussetzungen nie so gut gedeihen wie im Burgenland. Hier darf sich das Prinzip keinesfalls ad absurdum führen, nur weil sich’s populistisch richtig anfühlt.

Patrioten müssen wachsame Kontrolle üben

Und bei dieser Regierungskonstellation wird man umso genauer hinsehen müssen, welche Schweinereien über die Hintertür anstehen. Etwa, ob die Grünen über das Stichwort Regionalität ihr Steckenpferd neuer CO2-Steuern mit einem lächelnden Gesicht ins Gesetz reklamieren. Oder ob die ÖVP eine Variante findet, die Boni über die von ihr dominierte Wirtschaftskammer intransparent und über Winkelzüge an Parteigänger auszuschütten. Denn: Nur weil eine Grundannahme richtig ist, heißt es nicht, dass es auch deren Ausführung ist. Der gelernte Österreicher weiß das.

Gerade als heimatverbundene Menschen, die – egal ob am politischen Parkett oder in der Publizistik – schon länger für eine Rückkehr zu einer Art „Patriotismus-Prinzip“, das heimische Landwirte, Unternehmen und Akteure fördert, plädieren, müssen wir wachsam sein. Es wäre nicht das erste Mal – Stichwort Migrationsthema -, dass sich eine Mitte-Links-Regierung patriotische Gedankengänge schnappt, sie unter großem Jubel einführt – und die konkrete Umsetzung dann zu wünschen übrig lässt. Denn Heimat, Region, Natur und Nachhaltigkeit sind keine Worthülsen, kein politischer Selbstbedienungsladen, sondern ein Lebensgefühl.


Weiterlesen: 

Österreichische Regierung plant „Regional-Bonus” für heimische Lebensmittel (13.5.2020)

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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