Islamismus in Europa: „Nach dem Terror ist vor dem Terror“

Europa hat es sich eingerichtet mit dem Terror. Der Fall von Köln – die Tagesstimme berichtete – zeigt wie alltäglich längst das Ungeheuerliche ist. Ein Tunesier mit mutmaßlichen Verbindungen zum Islamischen Staat hat den biologischen Kampfstoff Rizin zu Hause hergestellt. Die bereits vorhandene Menge dürfte für einen Massenmord mit 1.000 Toten gereicht haben.
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16.6.2018
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Islamismus in Europa: „Nach dem Terror ist vor dem Terror“

Symbolbild: Jamie Kennedy via Wikimedia Commons [CC BY 2.0]

Europa hat es sich eingerichtet mit dem Terror. Der Fall von Köln – die Tagesstimme berichtete – zeigt wie alltäglich längst das Ungeheuerliche ist. Ein Tunesier mit mutmaßlichen Verbindungen zum Islamischen Staat hat den biologischen Kampfstoff Rizin zu Hause hergestellt. Die bereits vorhandene Menge dürfte für einen Massenmord mit 1.000 Toten gereicht haben.

Kommentar von Tusk

Da ein Messer, dort ein Fahrzeuganschlag. Dazwischen immer wieder die Meldungen, dass die Polizei Schlimmeres verhindert habe, indem ein Täter gestoppt worden sei, bevor er so weit war. Ungläubiges Staunen, leichtes Vergessen. Gut ist es gegangen, nichts ist passiert. Die verschobene Realität erweist sich mehr in der Veränderung im Sicherheitssektor als durch den Terror selbst.

„Militarisierung“ der Sicherheitskräfte

Die massive Aufrüstung der Polizeien in allen europäische Staaten, ihre „Militarisierung“, orientiert sich an Großereignissen wie am 13. November 2015 in Paris. Dazu zählt auch die Zusammenarbeit von Militär und Polizei, um potenziell die innere Sicherheit auch im Ernstfall aufrecht erhalten zu können. Für jene, die das zu lesen verstehen, ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, an welchen Gewaltszenarien diese Aufrüstung orientiert ist. Mehr Anschläge, mehr Massenmord, ein drohender Zerfall der Gesellschaft.

Die kommende Revolution

Wenn Ruhe die erste Bürgerpflicht ist, ist Harmlosigkeit die zweite. Und so mag sich der Westeuropäer die drohenden Gefahren gar nicht gerne zusammendenken. Der syrische Bürgerkrieg findet ebenso vor der Haustüre statt wie eine sich in eine islamische Diktatur wandelnde Türkei. Der „islamistische Feind“ wird trotzdem von den Meisten bisher als exotisches Ereignis wahrgenommen. Religiöse Fanatiker ohne Rationalität eben. Also nichts, worum sich die Moderne Sorgen machen müsste, schreitet die Geschichte doch stolz und aufgeklärt voran.

Islamismus als erfolgreiche Bewegung

Dabei übersehen die meisten Betrachter, dass es sich bei Islamismus und Dschihadismus um eine äußerst erfolgreiche Bewegung handelt. Und zwar selbst dann, wenn man sich nur den radikalsten Zweig anschaut, die Heiligen Krieger. Dann geht die Geschichte vom Kampf gegen die Sowjets in Afghanistan in den 1980ern mit Zellen in allen arabischen Ländern weiter bis hin zur Attacke von 9/11. Mit der zündet ein weltweiter Stellvertreterkrieg, der den Nahen Osten umgestaltet.

Al-Kaida als führende globale islamistische Gruppierung verliert schließlich – auch durch den Verfolgungsdruck – den ersten Rang. Der noch radikalere Islamische Staat baut – jetzt auf halbem Weg von Afghanistan nach Europa – eine „befreite Zone“ auf, die tausende Freiwillige aus aller Welt anzieht. Und auch wenn sich die Nachrichten mit Erfolgsmeldungen über die Zurückdrängung der Terrormiliz in ihren Kerngebieten überschlagen: Das alles ist noch lange nicht vorbei.

Reorganisation des Islamischen Staats

Denn Thinktank Mena Watch urteilt über die aktuelle Entwicklung:

„Der kometenhafte Aufstieg der Gruppe stellte eine Wegscheide in der Geschichte des sunnitischen Terrorismus in der Neuzeit dar. Auch wenn seine Streitkräfte ausgelöscht worden sein sollten, was keineswegs feststeht, wird deren Verlust seine Wirkung und seinen Einfluss auf seinen Millionen Anhänger und Sympathisanten nicht beseitigen.“

Experten zufolge erweise sich die Gruppe – so wie zuvor Al-Kaida – als „zählebig“ und imstande, dem „massiven militärischen Druck“ ihrer Feinde zu widerstehen. Alles deute derzeit darauf hin, dass sich der Islamische Staat unter dem Kommando seines Anführers Abu Bakr al-Baghdadi „aktiv reorganisiert“. Insbesondere sei die Führung des Islamischen Staats nun aktiv dabei, die langfristige Strategie der Gruppe darzulegen:

„Ihr Kern scheint ein sorgfältig entworfener ideologischer Rahmen zu sein, der es der Gruppe gestatten würde, den Verlust ihrer territorialen Hochburgen im Nahen Osten zu überleben.“

Das Problem der „Heimkehrer“

Der „Islamische Staat“ in Syrien und im Irak ist heute als territoriale Organisation so gut wie zerschlagen. Auch, weil hier unter Trump militärisch eine engagiertere Politik gefahren wird als unter seinem Vorgänger. Indes rätselt das grenzenlose Europa, was es mit „Heimkehrern“ des misslungenen religiösen Staatsexperiments machen soll. Alleine schon angesichts der Zähigkeit des syrischen Bürgerkriegs und seiner Verwerfungen muss man sich jedoch wundern, dass diese überhaupt „heimkehren“ dürfen, schafft es doch allerhand neue, alte Herausforderungen.

Die Zutaten sind alle da

Das schafft freilich auch Arbeitsplätze. Neben Polizei- und Militärjobs sind hier auch einige Jobs für Sozialpädagogen und Soziologen zu haben. Immerhin gibt es nun jede Menge Leute im Land, die man ja „entradikalisieren“ muss. Gleichzeitig gilt es, die Gesellschaft stabil zu halten und zu verhindern, dass eine zu offene Debatte über die künftige Rolle des Islams stattfindet, die jene verärgern könnte, die schon da sind. Man muss aber kein Hellseher sein, um den möglichen weiteren Lauf der Geschichte vorzuzeichnen.

Würde dieses neue Proletariat zornig, könnte es nicht nur in Massen die religiöse „Reinheit“ des Salafismus für sich entdecken. Sondern, es könnte den zunehmenden Zorn der zahlreich vorhandenen Unterprivilegierten in den Kampfwillen islamistischer Revolutionäre wandeln. Dazu will der Terror anstacheln. Die zu erwartende Erschütterung der Zivilgesellschaft – in sämtlichen Bedeutungen – nähme angesichts der schlagartig bedrohlicheren Umstände ihren unweigerlichen Lauf. Das Pulverfass für ein derart explosives Szenario wird gerade geliefert.

Nichts ist vorbei

Denn freilich können sich hier die modernen Massenmedien in der Berichterstattung zurückhalten, unter dem Vorwand, sie wollten das propagandistische Spiel der Islamisten nicht mitmachen. Allein, das Schweigen über Probleme hat diese in der Geschichte selten gelöst, meist waren sie nachher größer als zuvor. Denn eigentlich sollte jeder wissen: Nach dem Terror ist vor dem Terror. Nichts ist vorbei. Im Gegenteil. Das große Spiel hat gerade erst angefangen.

Antiterror-Razzia in Köln bei der Tagesstimme

Wissen: Rizin bei der Tagesstimme 

Dokumentation: 13. November bei der Tagesstimme

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