Liederbuchaffäre: Auflösungsverfahren gegen Germania eingestellt
Etwas mehr als ein Jahr nach dem Aufkommen der Vorwürfe gegen die pennale Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt endete auch das Auflösungsverfahren gegen die Mittelschulverbindung mit einer Einstellung.
Wr. Neustadt/St. Pölten. – Wie der Standard am Montagabend berichtete, wird die Vereinsbehörde in St- Pölten die pennale Burschenschaft Germania nicht auflösen. Zuvor wurde bereits im August die Strafverfahren gegen vier Beschuldigte aus Beweisgründen und wegen Verjährung eingestellt – Die Tagesstimme berichtete.
Auflösung nur in Ausnahmefällen möglich
Bereits damals schien klar, dass eine Auflösung der Mittelschulverbindung eher unwahrscheinlich ist. Denn nach §29 Vereinsgesetz ist eine behördliche Auflösung nur in Ausnahmefällen möglich. Etwa, wenn ein Verein seinen Wirkungskreis nach Statuten überschreitet, die Bedingungen des rechtlichen Bestands nicht mehr gegeben sind – oder eben gegen Strafgesetze verstößt.
SPÖ-Schatz über Verfahrenseinstellung „empört“
Der Umstand der Einstellung zeigte sich die erinnerungspolitische Sprecherin der SPÖ, Sabine Schatz, „empört“, dass die Liederbuch-Affäre somit „ohne rechtliche Folgen“ bliebe. Insbesondere ärgerte sie sich darüber, dass die Vereinsbehörde im Bescheid keine Gründe für die Einstellung des Verfahrens nannte. Bei einer „derartig sensiblen Angelegenheit“ sie aber dies „inakzeptabel“.
In einer Aussendung kündigte sie an, eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Josef Moser (ÖVP) stellen zu wollen, weil deshalb die Transparenz fehle. Ihrer Ansicht nach gefährde es das gesellschaftliche Klima im Land, wenn „Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus wieder ‚toleriert'“ würden.
Neue Studie: Vorwürfe gegen Germania unhaltbar
Gleichzeitig dürfte diese von Schatz bediente – und medial weitgehend etablierte – Darstellung mitnichten den Tatsachen entsprechen, wie eine umfangreiche Nautilus-Studie unlängst aufzeigte. Dort wurde herausgestellt, dass weder der Vorwurf des Antisemitismus, des Rassismus noch jener eines vermeintlich rechtsextremen Liederbuchs einer näheren Überprüfung standhalten.
Die Arbeit zeigte, dass die Affäre „auf vielen Ebenen problematisch“ sei, etwa aufgrund „unklarer oder fehlender Definitionen, Vorverurteilungen und willkürlicher Einordnungen durch politische Gegner, teilweise unter dem Deckmantel einer Expertenmeinung“. Dies sei geeignet gewesen, die öffentliche Meinungsbildung über die FPÖ, Udo Landbauer und das burschenschaftliche Milieu „nachhaltig negativ zu beeinflussen“.
Anfrage auch zu Bruna Sudetia-Liederbuch
Gegenstand einer SPÖ-Anfrage ist der Wiener Zeitung zufolge außerdem der Ermittlungsstand zu einem Liederbuch bei der Wiener Burschenschaft Bruna Sudetia. In deren Ablauf kam es zeitweise auch zu medialen Falschdarstellungen bezüglich der Herkunft eines Liedes, was Studentenverbindungen in der Folge heftig kritisierten.
Im November sorgte dann die Ablehnung eines zuvor als Gutachter bestellten Mitarbeiters des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) für Aufsehen. Das Oberlandesgericht Wien entschied, dass beim vermeintlichen Experten „aus objektiver Sicht erhebliche Anhaltspunkte für das Fehlen des äußeren Anscheins der erforderlichen Neutralität“ vorlägen. Damit folgte das Gericht einem Befangenheitsantrag der betroffenen Burschenschaft
Weiterlesen:
Studie zu Liederbuch‐Affäre: Vorwürfe waren falsch (22.02.2018)
Studie: Die Liederbuch-Affäre. Der Skandal um Udo Landbauer und die P.B! Germania (AK Nautilus 2019, 80. S.)
Germania‐Liederbuch: Ermittlungen gegen Burschenschaft eingestellt (24.8.2019)
‚SS‐Liedzeile’: Burschenschaften kritisieren mediale Falschdarstellung (24.2.2018)