Rassismusvorwürfe: Streamingdienste entfernen Filme und Serien
Der erfolgreiche Film „Vom Winde verweht“ soll jedoch mit Erläuterungen ergänzt und später wieder ins Programm aufgenomen werden.
Wegen der „Black-Lives-Matter“-Proteste nach dem Tod von George Floyd und im Rahmen der aktuellen Rassismus-Debatte haben mehrere Streamingdienste ihr Programm angepasst. Der US-Streamingdienst HBO Max etwa hat den Filmklassiker „Vom Winde verweht“ in den USA vorerst aus seinem Angebot entfernt. Das führte dazu, dass er nun zu den meistverkauftesten Filmen auf Amazon gehört. Der Streifen aus dem Jahr 1939 zeige ethnische und rassistische Voruteile, „die leider in der amerikanischen Gesellschaft gang und gäbe waren“, sagte ein Sprecher von HBO Max. Auch die Serie „Little Britain“ fliegt vorerst aus dem Programm von BritBox und Netflix.
Film bekommt Erläuterungen
Der Drehbuchautor des Dramas „12 Years a Slave“, John Ridley, hatte von HBO gefordert, das mehrfach oscargekrönte US-Bürgerkriegsepos „Vom Winde verweht“ aus dem Angebot zu nehmen. Der Film, der zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten gehört, erzählt die Geschichte der Gutsherrin Scarlett O’Hara in den US-Südstaaten zu Zeiten des Bürgerkrieges. Darin stehen auch nach der Abschaffung der Sklaverei mehrere afroamerikanische Charaktere loyal zu Scarletts Familie. Probleme durch Sklaverei werden nicht thematisiert. „Es ist ein Film, der in den Momenten, in denen er nicht ohnehin den Horror der Sklaverei ignoriert, einige der schmerzhaftesten Stereotype über People of Color verbreitet“, schrieb Ridley hierzu in der Los Angeles Times. Der Film würde den „Horror der Sklaverei romantisieren“.
Das Unternehmen werde den Film jedoch mit einer „Erläuterung seines historischen Kontexts und einer Distanzierung von rassistischen Darstellungen“ wieder ins Programm aufnehmen, um nicht zu verschleiern, welche Vorurteile es einst gegeben habe.
„“Little Britain“ fliegt aus dem Programm
Auch die BBC und die Streaming-Dienste BritBox und Netflix haben ihr Programm wegen Rassismusvorwürfen „korrigiert“. Sie alle bieten die Sketchshow „Little Britain“ nicht mehr an. „Die Zeiten haben sich geändert“, hieß es zur Begründung in einer Mitteilung der Rundfunkanstalt. Vor allem einige Sketche gerieten spätestens im Zuge der Proteste gegen den Tod des Afroamerikaners George Floyd in die Kritik, weil die weißen Darsteller immer wieder auch in die Rolle schwarzer und asiatischer Charaktere geschlüpft waren. Das, so die Kritiker, erinnere an die vor allem in den USA übliche Praxis des Blackfacing, also das Schwarzschminken weißer Schauspieler, um Dunkelhäutige darzustellen.
Der Kabelsender Paramount Network reagierte ebenfalls auf die aktuellen Proteste und nahm die seit mehr als dreißig Jahren laufende Reality-TV-Serie „Cops“ aus dem Programm. Die Serie hatte US-Polizisten bei ihren Einsätzen mit der Kamera begleitet und war in der Vergangenheit immer wieder dafür kritisiert worden, Polizeigewalt zu verherrlichen. Nachdem die Serie aus dem Programm genommen wurde, bestätigte ein Sprecher des Senders am Dienstag, dass nun auch der Dreh komplett eingestellt würde.
Neues Angebot angekündigt
Die Streamingdienste entfernen aktuell aber nicht nur Titel, sondern fügen auch neue hinzu. Netflix etwa kündigte am Mittwoch an, einige Serien über rassische Ungerechtigkeiten in den USA zu veröffentlichen. Mit dem Wissen, dass ihr Bekenntnis zu einem wahren Systemwandel Zeit erfordere, starte es damit, starke und komplexe Erzählungen von „schwarzen Erfahrungen“ hervorzuheben. „Wenn wir sagen ‘Black Lives Matter’, meinen wir auch ‘Black storytelling matters’“, schrieb das Unternehmen auf Twitter.
Auch HBO erklärte via Twitter, ein Programmangebot zu schaffen, das den kontinuierlichen Kampf um die Bürgerrechte thematisieren solle und kostenlos auf deren YouTube-Kanal verfügbar sein werde.
Words are not enough. #BlackLivesMatter pic.twitter.com/c1IjdukebV
— HBO (@HBO) June 3, 2020