Hagia Sophia: Christliche Mosaike werden bei Freitagsgebet verdeckt

Am kommenden Freitag soll das muslimische Eröffnungsgebet in der Hagia Sophia stattfinden. Die einstige byzantinische Prachtkirche war bereits während osmanischer Zeit und bis 1934 eine Moschee – und ist es neuerdings wieder. 
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Hagia Sophia: Christliche Mosaike werden bei Freitagsgebet verdeckt

Bild (Mosaik am Südwesteingang): Wikimedia Commons [CC0]

Am kommenden Freitag soll das muslimische Eröffnungsgebet in der Hagia Sophia stattfinden. Die einstige byzantinische Prachtkirche war bereits während osmanischer Zeit und bis 1934 eine Moschee – und ist es neuerdings wieder. 

Istanbul. – Der Umwidmung ging ein umstrittener Entscheid des Obersten Verwaltungsgerichts der Türkei voraus. Dieses stellte unlängst fest, dass jener Erlass von 1934, der aus dem historischen Gebäude ein Museum machte, ungültig sei. Nach der Ankündigung, dass die Hagia Sophia wieder eine Moschee werden soll, gab es weltweite Kritik – Die Tagesstimme berichtete. Ein Sorgenkind war die Bewahrung des altehrwürdigen christlichen Erbes vor Ort – das künftig verdeckt wird.

Hagia Sophia: Weiter Sorge um kunstvolle Mosaike

Insbesondere die byzantinischen Fresken und Mosaike waren nach dem Entscheid plötzlich wieder in Gefahr. Denn der islamische Glaube kennt ein strenges Bilderverbot, ein Gebet vor Bildern von Menschen gilt als weniger kraftvoll. Die Muslime schmücken ihre Gotteshäuser daher in der Regel mit elaboraten Ornamenten, die oft Elemente einer Zierschrift besitzen. Aus diesem Grund waren die christlichen Zeugnisse der ehemaligen byzantinischen Krönungskirche jahrhundertelang von Gips bedeckt.

Nach deren Freilegung und Errichtung eines Museums war der Prunkbau aufgrund der Einzigartigkeit der Kunst zweier Weltreligionen an einem Ort ein Touristenmagnet. Der Zugang für Christen soll weiterhin möglich sein – während des Gebets sollen die Mosaike und Fresken aber bedeckt werden. Damit das kulturelle Erbe nicht beschädigt wird, soll dies mittels Vorhängen oder Lasern geschehen. Kritiker befürchten dennoch, dass das nur erste Schritt ist und sehen das Weltkulturerbe weiter in Gefahr.

Umwandlung in Moschee auch eine Machtdemonstration

Der türkische Zugang sowohl zum christlichen als auch zum antiken kulturellen Erbe ist ein zweischneidiger. Auf der einen Seite setzt sich das westasiatische Land seit Jahren für die Bewahrung sämtlicher Kulturdenkmäler von hethitischen und altgriechischen Ausgrabungen bis zum Erbe des byzantinischen Reichs ein. Auf der anderen Seite ist es der Türkei insbesondere unter Erdogan wichtig, die Souveränität über die Kulturgüter in ihrem Herrschaftsgebiet nach eigenem Gutdünken ausüben zu können.

Auch die Umwandlung der Hagia Sophia – einst die größte christliche Kirche der Welt – ist somit ein wichtiger symbolischer Akt. Schon im Vorjahr sprach Präsident Erdogan, dessen politische Macht sich maßgeblich auf konservative, religiöse Türken gründet, von Plänen, diese wieder zur Moschee zu machen. Dass das Gericht tatsächlich in seinem Sinne und gegen den Erlass von Staatsgründer Atatürk entschied, dürfte auch die Vorbehalte jener Kritiker befeuern, die Erdogan eine schleichende Erosion der Gewaltenteilung vorwerfen.


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Hagia Sophia: Umwandlung in Moschee löst international Kritik aus (11.07.2020)

Gerichtsentscheid: Hagia Sophia soll wieder Moschee werden (10.07.2020)


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Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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