Banken als Meinungsmacher? Wie Debanking die Presse- und Meinungsfreiheit gefährdet
Die Debatte um das Debanking zeigt, wie wirtschaftliche Abhängigkeit zu einem politischen Machtinstrument werden kann. Kritiker sehen darin eine bedenkliche Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit.
Das Phänomen des sogenannten Debankings betrifft immer mehr Personen, Organisationen und Medienunternehmen, die aufgrund ihrer politischen Ansichten oder Aktivitäten, welche den herrschenden Machtstrukturen ein Dorn im Auge sind, ihre Bankkonten verlieren. Diese Praxis hat für die Betroffenen oft gravierende wirtschaftliche und persönliche Konsequenzen. Einer der jüngsten Betroffenen ist das FREILICH-Magazin, dem kurz vor Weihnachten das Bankkonto bei der Steiermärkischen Sparkasse gekündigt wurde. Diese Repressionsmaßnahme wird allerdings schon seit geraumer Zeit in Deutschland, Österreich, aber auch in anderen Ländern wie Großbritannien als Waffe gegen unbequeme Akteure eingesetzt. FREILICH berichtete bereits im vergangenen Jahr in einer zweiteiligen Analyse über das Phänomen (hier und hier). Vor wenigen Monaten hat auch das Multipolar-Magazin eine ausführliche Recherche zu diesem Thema veröffentlicht und dabei eine Reihe von Personen aufgelistet wird, die bisher von Debanking betroffen waren.
Einige der ersten Betroffenen
Demnach betrafen die ersten politisch motivierten Kontokündigungen in der Bundesrepublik Deutschland unter anderem die Partei „Die Republikaner“. Bei der Postbank hatte der Vorstand damals beschlossen, bestimmten Parteien und Organisationen die Konten zu kündigen, um einen „wichtigen Beitrag zur politischen Hygiene“ zu leisten, berichtet Multipolar. Die Partei verlor ihr Konto im Jahr 2000. Etwa ein Jahr später traf es die Wochenzeitung Junge Freiheit. Doch es gab viel Kritik, und mit Hunderten von Unterstützerunterschriften erreichte die JF schließlich, dass die Postbank die Kündigung zurücknahm.
Nicht erwähnt werden in der Recherche von Multipolar Kontokündigungen, die einige Jahre später einen weiteren bekannten Namen aus dem rechten politischen Spektrum trafen. Im Juli 2005 kündigte die Deutsche Bank dem Verlag Antaios, dessen Inhaber Götz Kubitschek ist, und dem inzwischen aufgelösten Institut für Staatspolitik (IfS) die Geschäftskonten. Für Kubitschek bedeutete die Kündigung damals eine Menge Kosten und Arbeit: 20.000 Blatt Briefpapier mit den alten Kontodaten konnten nicht mehr verwendet werden, und jeder Abonnent der Zeitschrift Sezession musste wegen der neuen Bankverbindung einzeln angeschrieben werden. Neben den Geschäftskonten war damals auch Kubitscheks Privatkonto betroffen. 2009 traf es außerdem die rechte Verlagsgruppe Lesen & Schenken, die gegen die Kündigung der Commerzbank klagte, 2013 aber in dritter Instanz vor dem Bundesgerichtshof scheiterte.
Sellner bei Kontokündigungen an der Spitze
Der wohl bekannteste Betroffene von Debanking aus dem rechten politischen Spektrum ist der österreichische Autor Martin Sellner. Ihm wurden bisher über 90 Konten gekündigt beziehungsweise die Eröffnung eines Kontos von vornherein abgelehnt. Erst im Juli dieses Jahres wurde ihm auch sein Basiskonto gekündigt, das er bei der Volksbank unterhielt und über das er Miete, Strom etc. bezahlte. Gegen die Kündigung eines weiteren Kontos, nämlich bei der Sparkasse, wehrte er sich gerichtlich, seine Klage wurde jedoch abgewiesen. Er kündigte daraufhin an, den Prozess weiterführen zu wollen. Das Hauptsacheverfahren ist noch anhängig.
Ein weiteres Beispiel für einen Betroffenen von Debanking ist der Journalist Alexander Wallasch, der früher für große Zeitungen arbeitete und 2022 über die plötzliche Sperrung seines Bankkontos bei der Solaris-Bank berichtete. Laut Wallasch erfolgte die Sperrung innerhalb von 24 Stunden, nachdem ein Twitter-Nutzer die Bank auf ihn aufmerksam gemacht hatte. Im selben Jahr wurde auch das Konto seines Webdesigners bei derselben Bank gekündigt. Wallasch wechselte daraufhin zur Holvi-Bank, doch auch dort hielt das Konto nur kurze Zeit. Seitdem bittet er seine Unterstützer ausschließlich um PayPal-Spenden.
Debanking als umstrittenes Werkzeug mit Folgen
Der Blogger Hadmut Danisch geriet wegen angeblicher Beleidigung eines Politikers ins Visier der Staatsanwaltschaft. Obwohl das Verfahren eingestellt wurde, verlangte das Landeskriminalamt Berlin von der Deutschen Bank eine Aufstellung seiner Kontobewegungen der letzten zwei Jahre. Nur wenige Tage nach der Anforderung kündigte die Bank sein Konto ohne Angabe von Gründen am 5. April 2023, obwohl die vorherige Anfrage mit dem Satz endete: „Diese Anfrage darf nicht als Grundlage einer Kündigung der Geschäftsbeziehung verwendet werden“.
Das Online-Medium KenFM, das inzwischen Apolut heißt, verlor 2021 sein Bankkonto bei der GLS-Bank. Diese hatte das Medium bereits Ende 2020 als Plattform kritisiert, „die regelmäßig hinter Nachrichten Verschwörungen vermutet“. Durch die Angabe des Kontos bei Spendenaufrufen sei fälschlicherweise der Eindruck einer Nähe zu KenFM entstanden. Laut Apolut-Geschäftsführerin Lena Lampe verlor man durch die Kündigung des Kontos damals etwa die Hälfte aller Daueraufträge von Spendern. Ein Bankkonto bei der Volksbank in Pirna, das Apolut unterhielt, wurde im Frühjahr 2024 gekündigt. Wie bei vielen anderen Betroffenen gab es dafür keine Begründung. Hinter vorgehaltener Hand hieß es laut Multipolar bei der Bank, der Druck sei „einfach zu groß geworden“ und habe zur Kündigung geführt.
Weitere prominente Fälle von Debanking
Vor einigen Jahren traf es auch die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, der 2019 von der Berliner Sparkasse gekündigt wurde, nachdem sie sich geweigert hatte, ihre Mitgliederlisten herauszugeben. Die Kündigung erfolgte nach Protesten des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, das den Verein als antisemitisch einstuft.
In Großbritannien hat der Brexit-Befürworter Nigel Farage sein Konto bei der Coutts Bank verloren. Offiziell hieß es zunächst, er habe die finanziellen Anforderungen der Bank nicht erfüllt. Ein internes Dossier zeigte jedoch, dass die Bank seine Ansichten zu Themen wie Klima und Gender als unvereinbar mit ihrer Philosophie ansah. Der ehemalige Premierminister Rishi Sunak kritisierte die Entscheidung und forderte eine gesetzliche Regelung, die künftig eine Begründung und eine Frist für Kontokündigungen vorschreibt.
Einfluss von Medien und der Antifa
Doch zurück nach Deutschland und Österreich und zu den Vorgängen seitens öffentlich-rechtlicher Medien oder linker und antifaschistischer Gruppen, die dazu führen, dass inzwischen einer ganzen Reihe von kritischen Stimmen die Bankkonten gekündigt werden. So machten Reporter des Bayerischen Rundfunks im Jahr 2023 die Kreditwirtschaft auf zahlreiche Konten von „rechtsextremen“ Akteuren aufmerksam. Die Recherchen führten zur Schließung mehrerer Konten. Eine Nachrichtensendung des Senders unterstrich die Bedeutung solcher Maßnahmen und forderte mehr Befugnisse für staatliche Stellen.
Eine wichtige Rolle bei diesem Vorgehen spielen linke Recherchenetzwerke wie Correctiv oder antifaschistische Blogs. Diese recherchieren regelmäßig über Vereine, Organisationen, Medien oder Einzelpersonen, die sie als „rechtsextrem“ einstufen, und veröffentlichen auf ihren Blogs alle Informationen, die andere benötigen, um mit dem Geldinstitut, bei dem die recherchierten Betroffenen ein Konto unterhalten, Kontakt aufzunehmen, sie dort zu denunzieren und die Bank unter Druck zu setzen, das Konto zu kündigen. Dieses Vorgehen ist regelmäßig erfolgreich.
Anfang des Jahres war die patriotische Nachrichtenplattform Heimatkurier Ziel einer solchen Kampagne. Kurz nach den Veröffentlichungen des linken Recherchenetzwerks Correctiv über das sogenannte Geheimtreffen in Potsdam, an dem unter anderem Martin Sellner teilgenommen hatte, sorgte eine von 9.000 Menschen unterzeichnete Petition der Plattform Aufstehn dafür, dass die Bank N26 das Spendenkonto des Heimatkuriers kündigte.
Warum Banken dem Druck von außen nachgeben
Die Geschäftsführerin von Aufstehn, Maria Mayrhofer, äußerte sich am 14. Dezember im Ö1-Gespräch zur Kündigung des FREILICH-Bankkontos durch die Steiermärkische Sparkasse und erklärte, warum solche Kampagnen Wirkung zeigen: „Weil die Banken auf ihr Image bedacht sind und sich oft auch Werten wie Demokratie, Menschenrechten oder Diversität verschrieben haben und da geht sich das dann einfach nicht aus, solchen Gruppierungen oder Medien ihre Services anzubieten“. Die Banken geben das nie zu, in den meisten Fällen berufen sie sich auf die Vertragsfreiheit und die Möglichkeit, ein Konto ohne Angabe von Gründen kündigen zu können. Auch die Steiermärkische gab sich gegenüber Ö1 zugeknöpft: „Bezugnehmend auf Ihre Anfrage zur Geschäftsbeziehung mit dem FREILICH-Magazin teile ich Ihnen mit, dass wir grundsätzlich zu konkreten Geschäftsfällen aufgrund des Bankgeheimnisses nicht berechtigt sind, Auskünfte zu erteilen“, hieß es lapidar.
FREILICH-Geschäftsführer Heinrich Sickl erklärte gegenüber Ö1, mit einer Kontokündigung werde einem wirtschaftlich der Stecker gezogen, wenn man plötzlich keine Bank mehr habe. Die Geschäftsführerin von Aufstehn gab in diesem Zusammenhang gegenüber Ö1 völlig unverblümt zu, dass es ja auch der Sinn sei, dass sich die Betroffenen dann „mühevoll eine neue Bank suchen müssen und auch diverse Kanäle für Fundraising, aber auch ihre Administration und so weiter neu aufstellen müssen“. Das koste Zeit, „und das ist Zeit, in der sie nicht ihre Agenda vorantreiben können“, so Mayrhofer.
Kritiker sehen Angriff auf Pressefreiheit
Seit Bekanntwerden der Kündigung des FREILICH-Bankkontos haben sich zahlreiche Beobachter und Kritiker zu Wort gemeldet, die von einem Angriff auf die Pressefreiheit sprechen. Einer von ihnen ist FPÖ-Mediensprecher und freiheitlicher Generalsekretär Christian Hafenecker, der dazu erklärte: „Das ist ganz offensichtliches ‚De-Banking‘, mit dem alternativen, patriotischen Medien die Möglichkeit zur Finanzierung genommen und so ihre Existenzgrundlage zerstört werden soll, wie es aus linken und linksextremen Kreisen immer wieder gefordert wird“. Das Ziel dieser „Feinde der Presse- und Meinungsfreiheit“ sei es, „kritische Stimmen, veröffentlichte Meinungen sowie Einordnungen abseits des mit Regierungsinseraten und Förderungen überhäuften medialen Mainstreams mundtot zu machen.“
Er kritisierte, dass es ausreiche, „wenn linksextreme Aktivisten eine Hasskampagne beginnen oder mit pseudo-wissenschaftlichen Methoden arbeitende linke Organisationen, wie etwa das DÖW, einem Medium die Punze 'rechtsextrem' aufdrücken würden, dass Banken einknicken und die totalitären Fantasien linker Kreise über das Grundrecht auf Pressefreiheit stellen“. Die Kündigung des Bankkontos des FREILICH-Magazins hat Hafenecker inzwischen auch zum Anlass genommen, ein eigenes Video zum Thema Debanking zu veröffentlichen und damit auf die Repressionsmaßnahme aufmerksam zu machen.
Kleine Lichtblicke
Doch immerhin gab es in der Vergangenheit auch kleine Lichtblicke und Erfolge, wie die Rücknahme der Kontokündigung im Fall der Jungen Freiheit zeigt. Zuletzt konnte auch das Compact-Magazin, das ebenfalls schon von Debanking betroffen war, einen Erfolg verbuchen. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt entschied Ende November, dass die Sparkasse Burgenlandkreis der Compact-Magazin GmbH ein Girokonto eröffnen muss. Zuvor hatte sich die Bank mit Verweis auf die Vorgänge um das Verbot des Magazins geweigert, ein Konto für das Medienunternehmen zu eröffnen.
Das OVG begründete seine Entscheidung zugunsten der Compact-Magazin GmbH damit, dass die Verweigerung der Sparkasse eine Ungleichbehandlung darstelle, die nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei. Insoweit komme insbesondere eine verfassungsfeindliche Zielsetzung nicht als sachlicher Grund für die Verweigerung eines Kontos für Compact in Betracht. Im Hinblick auf das Vereinsrecht (Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 3 ff. Vereinsgesetz) bedürfe es zunächst der förmlichen Feststellung, „dass der Zweck oder die Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufe oder dieser sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte“, so das OVG. Genau an dieser Feststellung fehle es derzeit. In der Causa FREILICH bleibt vorerst abzuwarten, ob sich aufgrund des medialen Echos auf die Kündigung durch die Steiermärkische noch etwas bewegen wird.
Debanking unbequemer Akteure – Eine legale Praxis? (15.12.2024)