Bremen: Kirchenasyl verhindert fast jede dritte Abschiebung
In Bremen scheiterten bis November 111 Abschiebungen, davon 32 im Kirchenasyl. Trotz Kritik an der Praxis bleibt die Zahl bundesweit hoch und wird Thema der Innenministerkonferenz.
Bremen. – Bremen hat bis Ende September 58 Personen abgeschoben, im gleichen Zeitraum scheiterten 90 Abschiebungen. Ein Grund dafür ist das Kirchenasyl. Während 2021 nur 16 Fälle registriert wurden, stieg die Zahl 2023 auf über 100 an. Mitte November waren es bereits 111 Fälle, in denen eine Abschiebung scheiterte, 32 davon wegen Kirchenasyls. Das berichtet der Weser Kurier. Dieser Trend ist nicht nur in Bremen, sondern bundesweit zu beobachten und wird Thema auf der Innenministerkonferenz im Dezember sein.
Kritik an Einhaltung der Vereinbarung von 2015
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hat im Oktober grundsätzliche Kritik an den Kirchen geübt. „Die Kirche steht nicht über dem Recht“, sagte Grote und beklagte, dass sich die Kirchen oft nicht an die 2015 getroffene Vereinbarung hielten. Diese sieht vor, dass Kirchenasyl nur in besonderen Härtefällen gewährt wird und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Fälle prüft. Werden die Einwände abgewiesen, muss das Kirchenasyl beendet werden.
In Bremen habe es bisher keine Konflikte mit den Kirchen gegeben, betonte die Innenbehörde. Allerdings sei ein deutlicher Anstieg der Dublin-Fälle zu verzeichnen. Dabei handelt es sich um Asylbewerber, die über ein anderes EU-Land nach Deutschland eingereist sind und dorthin zurückgeschickt werden sollen. Die Überstellungsfrist beträgt sechs Monate.
Verfahren bei Kirchenasyl: Härtefälle im Fokus
In Bremen erstellt der von der Bremischen Evangelischen Landeskirche finanzierte Verein „Zuflucht“ Härtefalldossiers. Laut Geschäftsführer Lars Ackermann begründet die Kirche darin, warum den Betroffenen in osteuropäischen EU-Ländern unzumutbare Haftbedingungen, Gewalt oder rechtliche Hürden drohen. „Wir selbst prüfen ja auch die Fluchtgeschichten, Fotos und Dokumente genau auf ihre Glaubwürdigkeit“, erklärte Ackermann. Pro Woche gebe es etwa 80 Anfragen nach Kirchenasyl, 20 bis 25 davon kämen aus Bremen. Nur wenige würden als humanitäre Härtefälle anerkannt.
Kaum Selbsteintritt des Bamf
Die Entscheidung über den Selbsteintritt liegt beim BAMF. Das würde bedeuten, dass Deutschland anstelle des EU-Herkunftslandes zuständig wird. „Bei derzeit rund 2500 Kirchenasylen in Deutschland liegt die Quote für den Selbsteintritt aber bei weniger als einem Prozent“, sagte Ackermann. In 99 Prozent der Fälle erhalte er keine Antwort vom Bundesamt, sodass die Sechsmonatsfrist oft verstreiche.
Trotz des bisherigen Anstiegs rechnet Ackermann nicht mit einer weiteren Zunahme der Kirchenasyle in Bremen. „Wir sind schon mit unseren rund 100 Plätzen an der Grenze unserer Möglichkeiten.“ Kirchenasyl bedeute die Unterbringung in geeigneten Räumen wie Pfarr- oder Gemeindehäusern. Für das kommende Jahr rechnet er mit einem Rückgang der Fälle, da einige der bisherigen Unterkünfte nicht mehr zur Verfügung stünden.