BVT-Sondersitzung im Nationalrat: Kickl kontert SPÖ-Vorwürfe
Auf Antrag der Opposition findet heute eine Sondersitzung des Nationalrats statt. In dieser sind die Hintergründe und Vorgänge um eine Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) Gegenstand der Debatten. Dabei musste sich Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) einer dringlichen Anfrage der SPÖ im Umfang von 40 Fragen widmen.
Begründet wurde dies laut ORF-Bericht mit den weitreichenden Aufgaben des BVT, welche „von der Bekämpfung von Extremismus und Terror bis zum Handel mit Kernmaterial“ reichen würden. Nun seien „Umstände bekannt geworden, die Anlass zu Sorge geben, dass das BVT seine Aufgaben im Interesse der Republik nicht im erforderlichen Ausmaß wahrnehmen“ könne. Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) warf dem Innenminister außerdem vor, er habe in dieser Causa bislang „bewusst Desinformation betrieben“. Ob man die Bildung eines Untersuchungsausschusses beantragen wird, hänge von der Anfragebeantwortung Kickls ab. Die Liste Pilz brachte indes im Plenum einen Misstrauens-Antrag gegen Kickl ein.
Fragen aus drei Themenbereichen
Dabei ist die Anfrage in drei Themenbereiche gegliedert. Zunächst wollte die SPÖ Stand und Methode der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den mittlerweile von Dienst suspendierten Chef der Behörde, Peter Gridling, erörtert sehen. Hier beruft sich die SPÖ auf Medienberichte und Aussendungen von Innen- und Justizministerium.
Anschließend sollte er sich zum – so der Wortlaut der SPÖ – „scheinbar parteipolitischen Mobbing“ rund um die vereitelte Wiederbestellung Gridlings äußern. Dabei sollte er unter anderem die Kommentare von Gridlings Vorgänger Gert-René Polli bewerten. Dieser hatte in einem ZiB24-Interview von einem „Netzwerk von Günstlingen“ gesprochen, das die Behörden „korrumpiert“ – Die Tagesstimme berichtete.
Zuletzt sollte er zur Causa beschlagnahmter Daten aus dem Extremismusreferat Stellung beziehen. Man wolle wissen, ob garantiert sei, dass das BVT „weiter ungestört“ gegen die „rechtsextreme Szene“ ermitteln könne.
Kern: „Zeugen eines Machtkampfs auf offener Bühne“
Gegen 13:15 trat ex-Kanzler Christian Kern vor das Plenum und unterstellte, die Öffentlichkeit werde „Zeugen eines Machtkampfs auf offener Bühne“ zwischen ÖVP und FPÖ. Die Verlierer dessen seien Polizisten, Menschen im Land und die innere Sicherheit. Die Vorgänge würden eine „nachhaltige Beschädigung des Sicherheitsapparates“ darstellen, dies sei „wesentlich schlimer als bloß Umfärbung.“ Er orte in der Vorgehensweise bei der Hausdurchsuchung eine „maximale Einschüchterung von Beamten“.
Er verwies darauf, dass es seiner Ansicht nach außerdem um die Frage gehe, inwiefern die Bekämpfung von Extremismus in Österreich, insbesondere von Rechtsextremismus weiterhin möglich sei. Auch ortete er eine persönliche Motivation für Beschlagnahmungen im Rechtsextremismus-Referat, da Kickl im Herbst 2016 beim ersten „Kongress Verteidiger Europas“ eine Rede gehalten habe. Dies stelle ein „Signal an die rechte Szene“ dar und sei geeignet, um dieser Selbstbewusstsein zu geben. Man müsse Konsequenzen ziehen und Missstände beheben, andernfalls würde die Opposition dafür sorgen.
Kickl: „Rechtsstaatlich korrektes Verfahren“
Innenminister Kickl wies die von Kern getätigten Vorwürfe von sich. Es handle sich um ein „rechtstaatlich korrekt abgelaufenes Verfahren“, die Entscheidungen seien nicht vom Innenministerium sondern der zuständigen Justiz getroffen worden. Vielmehr ginge es der SPÖ offenbar darum, ihm persönlich „irgendwas ans Zeug flicken“ zu wollen. Es störe diese etwa seine Impulse in der Asyl- und Zuwanderungsfrage. Es sorge auch dafür, dass „die kleinen Polizisten nicht unter die Räder kommen“. Er beklagte außerdem eine angebliche Täter-Opfer-Umkehr. Die Skandalisierung eines gesetzmäßigen Vorgangs sei der eigentliche Skandal, so Kickl.
Man solle deshalb rechtstaatliche Verfahren nicht mit einer „Kannonade an Negativvokabular“ diskreditieren. Er führe sein Ministerium gesetzeskonform. Es werde unter dem „Deckmantel der Aufklärung“ ein „linkes Spiel“ betrieben, dies füge vor allem Beamten, die „treu und gewissenhaft und unparteiisch“ agieren würden einen Schaden zu. Die Unterstellung eines parteipolitischen Amtsmissbrauch erweise den zuständigen Staatsanwälten und Richtern einen „Bärendienst“. Dies stelle tatsächlich eine „Diskreditierung des Sicherheitsapparat“ dar, da die Einrichtungen die gesetzlichen Vorgaben „auf Punkt und Beistrich“ einhalte.
Kickl: „Habe Gridling selbst vorgeschlagen“
Kickl erinnerte daran, dass er dem Bundespräsidenten die Verlängerung von Gridlings Vertrag selbst vorgeschlagen habe und habe diesen auch als Vertrauensperson mitgenommen. Aufgrund der aufgekommenen Vorwürfe können man den Beschuldigten allerdings nicht weiter „schalten und walten lassen“. Die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten geschähe weiterhin „auf guter Basis“. Die Opposition solle sich seiner Ansicht nach nicht auf den Zuruf von „Insidern“ oder „gut informierten Kreisen“ berufen. Man solle die Justiz ihre Arbeit machen lassen.
Kickl: Maßnahme zur „Wahrung des Ansehens“ notwendig
Bei der Beantwortung der konkreten Fragen verwies Kickl darauf, dass laut geltender Gesetzeslage im vorliegenden Fall eine Suspendierung von Gridling verpflichtend gewesen sei. Diese sei erfolgt, weil der vorliegende Verdachtsmoment „diese Maßnahme zur Wahrung des Ansehens“ des Amtes unabdiglich gewesen sei. Die Vorwürfe gegenüber Gridling beträfen dessen unmittelbaren Wirkungsbereich im BVT. Meinungen von Kritikern und Experten, zu denen einzelne Fragen gestellt worden waren, wollte der FP-Innenminister nicht kommentieren.
Er würde außerdem „alles in der Macht stehende“ unternehmen, dass weiterhin gegen „sämtliche Formen extremistischer Kriminalität“ ermittelt werden könne. Hätte er nicht gehandelt, hätte man ihm mit Berechtigung in einigen Monaten einen „Kickl-Skandal“ unterstellen können, weil er nichts gegen die ihm bekannten Vorwürfe getan habe.