„Fünf Jahre der Knappheit“: Ampel schwört Bürger auf Entbehrung ein

Lange Zeit wurde die Gefahr einer Wirtschaftskrise dementiert – nun muss sogar die bundesdeutsche Regierung eingestehen, dass diese bevorstehen könnte. Und diese dürfte nicht zwingend sonderlich rasch ausgestanden sein.
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„Fünf Jahre der Knappheit“: Ampel schwört Bürger auf Entbehrung ein

Bilder: Habeck & Lindner: beide Stephan Röhl/Heinrich Böll Stiftung via Flickr, [beide CC BY-SA 2.0]; Komposition: TAGESSTIMME.

Lange Zeit wurde die Gefahr einer Wirtschaftskrise dementiert – nun muss sogar die bundesdeutsche Regierung eingestehen, dass diese bevorstehen könnte. Und diese dürfte nicht zwingend sonderlich rasch ausgestanden sein.

Berlin. – Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) sprach am Dienstagabend im ZDF von der Gefahr einer „sehr ernstzunehmenden Wirtschaftskrise aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise, aufgrund der Lieferketten-Probleme, aufgrund auch der Inflation“. Die Teuerungsrate stieg in weiten Teilen der Eurozone zuletzt auf knapp acht Prozent – den höchsten Wert sein einem halben Jahrhundert. Ein Ende der Preisspirale, die bei alltäglichen Gütern wie Energie und Lebensmittel, noch weitaus höher ist, ist vorerst nicht in Sicht.

Ampel uneinig über Atomkraft-Verlängerung

Der liberale Parteichef versuchte das Volk schon einmal, auf dauernde Entbehrungen einzustimmen: „Meine Sorge ist, dass wir in einigen Wochen und Monaten eine sehr besorgniserregende Situation haben könnten“, so Lindner. „Und in dieser Situation dürfen wir nicht wählerisch sein. Es geht ja um drei bis vier, vielleicht fünf Jahre der Knappheit und dafür müssen wir eine Antwort finden.“

Er sprach sich daher auch dafür aus, die verbleibenden drei deutschen Atomkraftwerke vorerst weiter zu betreiben. Doch SPD und Grüne sind gegen diesen Plan, halten am Atomausstieg mit Jahresende fest. Wie in Österreich könnte der Rückgriff auf Kohle als Ausweg dienen – hierzulande kassierte Grünen-Infrastrukturministerin Leonore Gewessler dafür Kritik aus allen politischen Richtungen.

Habeck: „Kann schlimmer werden als Pandemie“

Deutschland ist von russischen Gaslieferungen zwar prozentual weniger abhängig als Österreich – ist aber in absoluten Zahlen trotzdem der größte Abnehmer in Westeuropa. Vor der Möglichkeit eines Lieferstopps sprach nun auch der grüne Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck von einer drohenden Wirtschaftskrise. In diesem Fall rede man dann auch „über politische Maßnahmen, die schwer einschneiden, wo man nichts mehr richtig machen kann.“

Insgesamt wäre ein abgedrehter Gashahn bei unzureichend gefüllten Gasspeichern eine „politische Situation, eine ökonomische Situation, die schlimmer werden kann als die Corona-Pandemie.“ Dann rede man „nicht mehr darüber, dass vielleicht der Shareholder-Value in dem Jahr 22/23 etwas zurück gegangen ist, sondern, dass die Unternehmen einfach weg sind.“ Die Aussagen Habecks fielen beim Tag der Industrie in Berlin, der laut Beobachtern unter dem Eindruck „fünf Weltkrisen auf einmal“ stattfand.

Probleme bereits vor Ukraine-Krieg sichtbar

Als Hauptschuldigen für die Misere sowie die Teuerung machen auch die bundesdeutschen Politiker einmal mehr Wladimir Putin und Russland aus. Dass die Inflation bereits unter dem Eindruck scharfer Corona-Maßnahmen wie Lockdowns und der seit über einem Jahr existierenden Krise bei den globalen Lieferketten anzog, fällt dabei allzu schnell unter den Tisch. Auch die EU-Schuldenpolitik kurbelte diese an – die Inflation in der Eurozone ist merklich höher als etwa in der Schweiz.

Wie treffsicher sind die Sanktionen wirklich?

Auch gibt es durchaus kritische Experten, wonach nicht Machtspiele des Kremls, sondern vielmehr die Sanktionspolitik des Westens für die Problematik auf dem Energiemarkt verantwortlich sei. In der Tat laboriert vor allem Westeuropa an massiven Teuerungen. Russland selbst spürt die Sanktionen zwar – allerdings deutlich geringer. Der Rubel ist auf einem Achtjahreshoch und im Erdöl-Sektor wurden die Deals mit China vertieft.

Selenskyj fordert siebtes Sanktionspaket

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte indes ein siebtes Sanktionspaket gegen Russland, das zuletzt militärische Fortschritte verzeichnen konnte. Dass ein solches im kurzfristigen Interesse seines Landes sein könnte, ist nachvollziehbar. Angesichts der teilweise nicht besonders guten Treffsicherheit der bisherigen Pakete und der angespannten wirtschaftlichen Lage stellt sich allerdings die berechtige Frage, ob ein solches auch im Interesse der westeuropäischen Länder ist.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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