Migrationskrise: Kickl will Vertreter der alten Regierung erneut klagen
Kickl will eine Strafanzeige aus dem Jahr 2015 wegen Amstsmissbrauchs gegen Vertreter der damaligen Bundesregierung anpassen und erneut einbringen. Als Motivation dafür nennt er die Aufhebung der Immunität von Matteo Salvini.
Wien. – Bei der heutigen Pressekonferenz zu aktuellen europapolitischen Fragen haben FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und der freiheitliche EU-Abgeordnete Harald Vilimsky unter anderem über das EU-Budget, die Asyl- und Migrationspolitik und den Außengrenzschutz gesprochen.
„Totalversagen“: Negative Auswirkungen von 2015 bis heute spürbar
Kickl kritisierte während der Pressekonferenz nicht nur die Mitgliedschaft Österreichs in der EU, die seiner Meinung nach einige „Schattenseiten“ berge, sondern auch das „Totalversagen im Jahr 2015 angesichts einer illegalen Einwanderungswelle in einem Ausmaß, wie wir es bisher noch nie gekannt haben“. Dieses Versagen sei aber nicht nur ein Versagen der zuständigen europäischen Institutionen, sondern auch der nationalen Regierungen, „allen voran natürlich auch der österreichischen Bundesregierung und der verantwortlichen Bundesminister“ gewesen. Bis zum heutigen Tag würde man die negativen Auswirkungen „quer durch alle Bereiche unserer Gesellschaft“ spüren und vor allem auch die Milliardenkosten merken, „die durch die damaligen Fehlentscheidungen verursacht wurden“.
In diesem Zusammenhang zeigte Kickl auch Unverständnis dafür, dass der italienische Senat erst unlängst Matteo Salvinis Immunität aufgehoben hatte, um nun aufgrund des De-Facto-Festsetzens von über 100 Migranten wegen Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung gegen ihn vorgehen zu können. „Diejenigen, die ihre Heimat schützen wie Matteo Salvini, werden vor Gericht gebracht. Diejenigen, die genau das Gegenteil gemacht haben, müssen sich nicht verantworten? Das kann nicht sein“, schrieb Kickl bereits vor der Pressekonferenz auf seiner Facebook-Seite.
Kickl kritisiert Vorgehen gegen Salvini
Allerdings sei die Aufhebung der Immunität Salvinis jetzt noch einmal eine Motivation dafür gewesen, eine alte Strafanzeige aus dem Jahr 2015, die damals gegen die österreichische Bundesregierung bzw. gegen bestimmte Vertreter eingebracht wurde, zu adaptieren und in den kommenden Tagen erneut einzubringen, so Kickl. Ganz konkret geht es um den Verdacht des Amtsmissbrauchs gegen die damalige Bundesinnenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), den damaligen Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) und auch gegen Personen der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), „die ja damals dieses Schlepperwesen quer durch Österreich logistisch vorangetrieben haben“, wie Kickl kritisierte.
Sein „erster Versuch“ diesbezüglich habe „mit dem Schicksal einer Einstellung“ geendet. Das Bundeskanzleramt habe damals ein Gutachten „aus dem Hut gezaubert“, aus dem hervorgegangen sei, „dass die Notsituation, die damals geherrscht hat, die Unterlassung des Fremdenpolizeigesetzes gerechtfertigt hätte“. Die FPÖ und ihre Experten sehen das jedoch anders und meinen, dass gerade in solch einer „Notsituation“ eine entsprechende Sorgfalt beim Schutz der eigenen Grenzen zur Anwendung kommen müsse.
Künftig „erhöhter Reformdruck“
Indes kritisierte Harald Vilimsky in der gemeinsamen Pressekonferenz die anhaltende Reformunfähigkeit der Europäischen Union. Nach dem Schock der Brexit-Volksabstimmung 2016 habe man in einem Weißbuch fünf Zukunftsszenarien entworfen – von einem „Weiter so!“ über die Reduktion auf den Binnenmarkt, die „Koalitionen der Willigen“ und die von der FPÖ favorisierte Rückabtretung von Kompetenzen an die Mitgliedstaaten bis hin zu einer totalen Vergemeinschaftung. Seither seien drei Jahre ohne nennenswerte Aktivität vergangen, so Vilimsky. Und auch der jetzige Lösungsvorschlag einer „Zukunftskonferenz“ mit hauptsächlich Vertretern der EU und wenigen Teilnehmern aus den Nationalstaaten sei ein „falscher Ansatz“.
Von den „patriotischen Mandataren im EU-Parlament“ werde aber künftig ein „erhöhter Reformdruck ausgeübt“, kündigte Vilimsky an. Rasch umsetzbare Reformen seien etwa die Halbierung von EU-Kommission und EU-Parlament sowie die Streichung eines der beiden Standorte des EU-Parlaments. Im finanziellen Bereich könne man auch durch eine Reform der Agrarförderungen enorm viel einsparen, „indem wir die Förderungen so deckeln, dass nur kleine und mittlere Landwirtschaften Geld erhalten und die großen Agrarkonzerne leer ausgehen“, schlug Vilimsky vor.