Nach Großdemo: CDU-Politiker will Versammlungsrecht abändern

Der CDU-Abgeordnete Armin Schuster, der bereits nach der ersten Querdenken-Großdemo am Anfang des Monats über ein Verbot von solchen Protesten nachdachte, wiederholte seine Forderung nun.
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Nach Großdemo: CDU-Politiker will Versammlungsrecht abändern

Symbolbild: Pixabay

Berlin. – Das politische Establishment hat mit dem buntgemischten Haufen quer durch das Spektrum, der sich am Wochenende seinen Weg durch die deutsche Bundeshauptstadt bahnte, keine Freude. So denken verschiedene Parteivertreter erneut darüber nach, wie sie solche Zusammenkünfte – es nahmen mindestens 38.000, wahrscheinlich weitaus mehr Menschen teil – künftig eindämmen können. Dies gilt einigen insbesondere für eine Verhinderung der Szenen, als eine kleine Abordnung auf den Stufen des Reichtags stand.

Einschränkung des Versammlungsrechtes gefordert

Schuster hielt derartige Proteste bereits vier Wochen zuvor für eine „Gefahr für die Allgemeinheit“. Wohl auch deshalb wünscht er sich eine Neubewertung des Versammlungsrechtes als neues. Die das eigentlich im Grundgesetz verankerte Bürgerrecht betreffenden Gesetze seien „in Anbetracht der Pandemielage nicht mehr präzise und zeitgemäß genug,“ so der CDU-Mann. Auch eine bessere Ausrüstung der Exekutive schwebt dem Unionspolitiker vor.

Er vertritt generell die Ansicht, dass man es ermöglichen müssen, Demonstrationen verbieten zu können, wenn eine Versammlung dazu diene, von Ordnungsverstößen wie etwa der Missachtung der Auflagen geprägt zu sein. Immerhin ist Schuster hier konsequent, bei den „Black Lives Matter“-Demos schien ihm „die Sorge mancher Demonstranten […] gerade in Zeiten von Corona mehr als Vorwand für Protest, Randale und Event.“

CSU und Grüne überlegen Bannmeile um Reichstag

Eine generelle Bannmeile um den Reichstag – bislang gilt diese seit einer rot-grünen Änderung von 1999 nur für Sitzungswochen – begrüßten unterdessen Vertreter von Grünen und CSU. Der innenpolitische Sprecher der CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Ullrich, begründete dies wie folgt: „Wir müssen das Parlament als Verfassungsorgan und Symbol unserer Demokratie besser schützen.“ Allerdings stößt er auch in der eigenen Fraktion auf Dissens, Innenministeriums-Staatssekretär Stephan Mayer fordert, dass die Institution müsse weiter „transparent und erfahrbar“ bleiben müsse.

Etwas polemischer formulierte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz die Forderung nach einem zusätzlichen Schutz des Parlamentsgebäudes: „Die Szenen am Reichstag sind vor allem vor dem Hintergrund der historischen Bezüge dieses Gebäudes unerträglich. Sowas darf sich nicht wiederholen. Unser Rechtsstaat muß sich wehrhafter aufstellen.“

Die Bewertung richtet sich nach dem Inhalt

Mit den „Szenen am Reichstag“ meinten die Politiker wohl die Durchbrechung der Polizeisperren seitens ein paar hundert Demonstranten, die sich daraufhin symbolisch vor dem Reichstag aufstellten, wie dies einst etwa Atomkraftgegner im Jahr 2010 getan hatten. Diesmal sprachen diverse etablierte Akteure dramatisch von einem „Sturm auf den Reichstag“ – seinerzeit war es noch ein „friedlicher, bunter Protest“.

Weil dabei diverse schwarz-weiß-rote Flaggen aus der Zeit des Kaiserreichs geschwenkt wurden, wollten zahlreiche Personen aus dem politischen und medialen Raum daraus eine Gefahr für die gegenwärtige Ordnung herauslesen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, früher SPD-Bundesaußenminister und Kanzleramtschef, sprach sogar von einem „Angriff auf das Herz unserer Demokratie“.

Bundestagsvize lehnt Reichsflaggen-Verbot ab

Zwischenzeitlich stand dann sogar die Forderung nach einem Verbot der Fahnen des Kaiserreichs im Raum – der SPD-Bundestagsvize Thomas Oppermann allerdings eine klare Absage erteilt. Zwar halte er sämtliche derartige Flaggen als Zeichen von Rechtsextremen, eine Strafbewehrung „aller Varianten und Spielarten“ wäre unverhältnismäßig. Zudem stellten solche Verbote „kein geeignetes Instrument zur Bekämpfung rechten Gedankengutes“ dar.

Die Farbkombination des Kaiserreichs nahm Anleihen am Schwarz-Weiß des Königreichs Preußen und am Rot-Weiß zahlreicher deutscher Staaten, allen voran der Hanse. Fand das Panier bereits ab 1867 auf den Kriegsschiffen des Norddeutschen Bundes verwendet, waren die Reichsflagge ab 1892 auch offiziell die Farben des Kaiserreichs.

Schwarz-Weiß-Rot: Alles Reichsbürger oder was?

Dass es sich bei den Verwendern dieser Flagge ausschließlich um „Rechtsextreme und Reichsbürger“ handelt, greift allerdings zu kurz. Weltweit finden sich Parallelen, dass sich der Protest gegen eine als repressiv empfundene Ordnung von den Farben derselben oftmals abheben möchte. Wohl um Kontinuität zu suggerieren, nimmt man oft frühere Banner. Seit einigen Jahren tauchte auf regierungskritischen Proteste etwa immer wieder auch die 1948 als Nationalflagge verworfene Wirmer-Flagge aus dem Dunstkreis des Stauffenberg-Attentats auf Hitler auf.

So weht nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi in Tripolis nicht mehr seine grüne Fahne, sondern die alte Kaiserfahne. Und auch bei den Protesten in Weißrussland kommt eine weiß-rot-weiße Flagge zum Einsatz. Diese war während der kurzen Unabhängigkeit 1917 bis 1919 und erneut von 1991 bis 1995 die Nationalflagge des Landes – ehe Aljaksandr Lukaschenka sie über ein umstrittenes und bis heute nicht von allen anerkanntes Referendum abschaffen ließ.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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