Vereinsverbote: Der selektive Verbotsstaat und seine Helfershelfer

Nach dem Verbot des Compact-Magazins hat die deutsche Innenministerin Nancy Faeser nun auch das Islamische Zentrum Hamburg unter vagen Vorwänden verboten. Florian Sander vermutet in seinem Kommentar für FREILICH, dass dabei auch außenpolitische Interessen eine Rolle spielen könnten.

Kommentar von
30.7.2024
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4 Minuten Lesezeit
Vereinsverbote: Der selektive Verbotsstaat und seine Helfershelfer

Innenministerin Nancy Faeser ist nach dem Compact-Verbot nun auch gegen ein islamisches Zentrum vorgegangen.

© IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Nancy Faeser hat es bald geschafft: Der Titel der Bundesverbotsministerin könnte ihr sicher sein. Nach dem Verbot unter anderen der Artgemeinschaft und anderen altrechten Organisationen verbot sie in einem beispiellosen Schlag gegen die Pressefreiheit das Compact-Magazin. Nur kurze Zeit später war die nächste Organisation dran: Diesmal die sogenannte blaue Moschee, das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), welches als Zweigorganisation des iranischen Staates galt. Besonders auffällig sind bei den beiden letzteren Verbotsanordnungen jedoch zwei Faktoren.

Gummibegriffe und Gedankenverbrechen

Erstens: Die Verbotspolitik der Ampelregierung, in der der ursprünglich mal liberale Ansatz der strukturell opportunistischen FDP bis zur Unkenntlichkeit minimiert wurde, hat eine neue „Qualität“ angenommen. Sie beschränkt sich jetzt nämlich nicht mehr nur auf solche Fälle, in denen der zu verbietende Verein eine Nähe zu strafbaren oder gar terroristischen Aktivitäten zeigt (Szenarien, in denen ein Verbot ja durchaus begründbar und legitim ist). Mittlerweile gründen die Verbote der Antifa-Ministerin auf den gleichen Gummibegriffen, die auch die ihr – also der SPD – unterstellte Behörde „Verfassungsschutz“ (VS) an den Tag legt, um die AfD und ihr politisches Vorfeld zu diskreditieren. Da wird nebulös darauf abgestellt, irgendwie richte sich der jeweilige Verein, das jeweilige Magazin, die jeweilige Glaubensgemeinschaft etc. gegen „den Gedanken der Völkerverständigung“, gegen die „Menschenwürde“ usw. usf.

Wie gut der VS darin ist, diese Konzepte in seinen Gutachten derart umzudefinieren, dass man darauf Verbotspolitik und geheimdienstliche Repressionen gründen kann, ist uns im Zuge seiner Aktivitäten gegen AfD und Vorfeld mittlerweile reichhaltig bekannt. Etwaige, wirklich strafbare Handlungen spielen dabei schon lange keine Rolle mehr: VS-Chef Haldenwang hatte vor einiger Zeit schon deutlich gemacht, dass es für ihn „Meinungsdelikte“ unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gibt. Damit verlässt die BRD offiziell ihr bis dato freiheitliches Selbstverständnis und erachtet es als legitim, bestimmte, wohlgemerkt nicht-strafbare Meinungen beziehungsweise Meinungsäußerungen repressiv zu unterdrücken (getreu dem von Faeser vermutlich verinnerlichten Antifa-Credo, dass rechtes Denken keine Meinung sei, sondern ein [Gedanken-]„Verbrechen“).

Außen- und geopolitischer Kontext

Zweitens: Man geht jedoch fehl, wenn man glaubt, den Verboten von Compact und IZH lägen lediglich innenpolitische Motive zugrunde. So wurde nicht nur das IZH als iranische Zweigorganisation verboten, sondern auch das Compact-Magazin hatte wenige Tage vor seinem Verbot ein Interview mit der Sprecherin des russischen Außenministeriums veröffentlicht. Faesers Verbotspolitik ist insofern in einem außen- und sogar geopolitischen Kontext zu betrachten, der seit Beginn des Ukrainekrieges auch den stetigen Kampf gegen russische oder russlandfreundliche Medien in Deutschland und Europa beinhaltete. Es zeigt sich hier also die alte kriegssoziologische Weisheit, dass Gesellschaften, die sich selbst als im Kriegszustand befindend betrachten (selbst wenn sie nicht direkt in eine militärische Auseinandersetzung involviert sind), auch nach innen hin spürbar repressiver werden. Das Compact-Verbot steht damit aus soziologischer Sicht in einer Tradition mit Goebbels‘ „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen“ von 1939, welche etwa das Hören von „Feindsendern“ unter Strafe stellte.

Von dieser analytischen Warte aus ist auch das Verbot des IZH alles andere als überraschend: Der russische Verbündete Iran gehört mit zu den als „feindlich“ markierten Staaten, weswegen alle Einrichtungen, die als ihm unterstellt gelten, als „innerer Feind“ markiert und daher repressiv behandelt werden. Die Folge dieses außen- und geopolitischen „Frames“ ist eine erstaunliche Selektivität: Zweigorganisationen etwa des islamistisch regierten türkischen Staates wie DITIB bleiben bestehen, ja sind teilweise sogar Dialogpartner für den BRD-Staat – die Türkei ist halt „Verbündeter“ und NATO-Mitglied. Die für Europäer eigentlich viel bedrohlicheren und terroraffineren sunnitisch-islamistischen Organisationen, die aus dem arabischen Raum gesteuert werden, werden verschont; verboten wird dagegen ausgerechnet das schiitische IZH, das bisher nicht durch terroristische Aktivitäten gegen Deutsche oder Europäer in Erscheinung getreten ist.

Israelische Interessen

Der tendenziell eher Islam-unkundige deutsche Normalbürger wird mit einer außenpolitisch bequemen, gratis mutigen „Ersatzaktion“ in Sicherheit gewogen. Botschaft: „Seht her, wir gehen nicht nur gegen Rechte vor, sondern auch gegen Islamisten; wir schützen euch vor Terroristen, ja, wirklich!“ Dass die eigentlichen Terroristen fröhlich weitermachen können, ja sogar dank offener Grenzen vermutlich weitere ins Land geholt wurden und werden, während das Verbot eigentlich ganz anderen Zwecken und vermutlich vor allem dem Motiv diente, die „israelischen Freunde“ zufriedenzustellen, geht dabei unter. Endlich darf auch mal der gewohnheitskonservative CDU-Wähler applaudieren und sich in seinem bürgerlichen Einfamilienhaus wieder sicher fühlen (in dem er vermutlich auch vorher schon weder durch Compact noch durch IZH gefährdet war).

Ein ähnliches Phänomen sah man schon zuvor angesichts israelkritischer Proteste in Deutschland anlässlich des Nahostkrieges: Abschieben wollten Regierungspolitiker im Grunde erst dann, als es gegen Israel ging. Dass schon seit Jahren in bestimmten urbanen Gegenden deutsche „Kartoffeln“ oder, wie sie heute in einschlägigen Milieus verächtlich heißen, „Almans“ von jungen Migranten immer wieder wegen ihrer deutschen Herkunft gemobbt, lächerlich gemacht, beschimpft oder eben teils sogar physisch attackiert werden, hat Politiker der Altparteien so gut wie nie interessiert. Doch wehe, Migranten protestieren gegen Israel: Da können die Dinge plötzlich ganz schnell gehen; sogar ein nachträglicher Entzug der Staatsbürgerschaft wurde seitens der SPD für solche Fälle vorgeschlagen. Was in Potsdam noch eine politische Todsünde war (Forderung nach Remigration), ist zutiefst „demokratisch“, wenn dadurch nur Israel geschützt wird.

Spaltung und Zersetzung

Bis in die AfD selbst hinein geht die Mentalität, man müsse sich nur im Nahostkonflikt „auf die richtige Seite“ stellen, und schon habe man Teile des „bürgerlichen“, durch zahlreiche Springermedienlektüren geprägten Establishments hinter sich. Nicht selten sind dies dann genau jene Akteure, die sich auch innerparteilich durch Exklusionsforderungen gegen unbequeme Selbstdenker wie Matthias Helferich oder Maximilian Krah hervortun und die besonders in den Westverbänden der Partei beheimatet sind. Ein strukturelles Problem: Nicht selten Beamte – oft auch Professoren oder sonstige Staatsdiener – die beruflich Loyalität gegenüber ihrem Dienstherrn beweisen müssen, um sich als AfD-Aktive kein Disziplinarverfahren wegen fehlender Treuepflicht einzuhandeln und die deswegen erpressbar sind. Oftmals dürften daher auch die geheimnisumwitterten V-Leute besonders in deren Reihen zu finden sein, ausgestattet nicht nur mit Informations- und Berichts-, sondern auch mit gezielten Zersetzungsaufträgen. Andere Akteure sekundieren gelegentlich dann durch teils offene Versuche einer Instrumentalisierung der Schiedsgerichte, die sich gefälligst den innerparteilichen Machtverhältnissen unterwerfen sollen.

Auch auf diese Weise arbeitet der Verbotsstaat: Durch einige durchgepeitschte Verbote schürt er bei ängstlicheren oder erpressbaren Akteuren der Opposition die Angst vor weiteren Verboten und bewegt diese dadurch zu spaltendem Agieren. Eine Praxis, die bereits die Stasi mit ihrer sogenannten „operativen Psychologie“ meisterhaft beherrschte, und eine Methode, die auch die BRD-Dienste professionell gelernt haben dürften – leider mit nachhaltigem Erfolg bis in Teile der AfD hinein. Eines sollte uns dabei jedoch klar sein: Solange dieser Zustand andauert, solange sich Parteigremien wie etwa der AfD-Landesvorstand NRW von Akteuren wie den oben Genannten am Nasenring durch die Manege ziehen lassen und aus zitternder Angst heraus die eigene Partei spalten, solange wird die AfD keinen andauernden Erfolg als gestaltende politische Kraft verbuchen können. Es gilt noch immer: Der Osten macht vor, wie man gewinnt – durch Einigkeit und Mut. Dies wird er vermutlich im Herbst erneut demonstrieren.


Zur Person:

Dr. Florian Sander, geboren 1984, studierte Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Bielefeld. Er publiziert in verschiedenen patriotischen Medien.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.