Wiener Schüler mit Sprachproblemen: 70 Prozent arabischsprachig
In Wien haben rund 70 Prozent der Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen Arabisch als Muttersprache. Eine Expertin fordert nun eine verpflichtende Deutschtests ab dem Babyalter.
Wien. – Eine bemerkenswerte Forderung hat Natascha Taslimi, Vorstandsvorsitzende des „Netzwerk Elementare Bildung Österreichs“, in einem Interview mit der APA erhoben: Deutschtests sollten bereits im Babyalter verpflichtend eingeführt werden. Die Ergebnisse sollen in den Eltern-Kind-Pass eingetragen werden und als Grundlage für die Auszahlung der Familienbeihilfe dienen. „Offensichtlich haben viele Eltern (gemeint: mit Zuwanderungsbiografie) die Erwartung, dass die Kinder Deutsch ohnehin in Kindergarten und Schule lernen würden“, so Taslimi. Diese Annahme sei aber unter den gegebenen Bedingungen nicht realistisch.
Hoher Anteil arabischsprachiger Kinder betroffen
In Wien können derzeit 45 Prozent der Schulanfänger so wenig Deutsch, dass sie ihre Lehrer nicht verstehen und deshalb keine Zeugnisse bekommen. Besonders alarmierend: Rund 70 Prozent dieser 20.000 betroffenen Kinder haben Arabisch als Muttersprache. Sie sind meist durch Familiennachzug nach Wien gekommen – rund 300 Kinder pro Monat – nachdem sie zum Teil jahrelang ohne Schule in türkischen Flüchtlingslagern verbracht haben. Laut Taslimi wäre es notwendig, die Eltern zu schulen und ihnen klar zu machen, dass sie aktiv zur Sprachförderung ihrer Kinder beitragen müssen: „Da müsste Elternbildung ein Element sein, also dass man Eltern sagt: Du musst dein Kind unterstützen.“
Eine weitere Ursache für die Sprachproblematik sieht Taslimi in der begrenzten Nutzungsdauer der Kindergärten. Oft würden die Kinder nur für wenige Stunden gebracht, was eine ausreichende Sprachförderung unmöglich mache. „Das hätte einen großen Einfluss: wenn Eltern jene Kinder, die am dringendsten Sprachförderung bräuchten, nicht schon zu Mittag wieder abholen müssten“, betont Taslimi.
Alltag in den Kindergärten: Arabisch dominiert
Ein Beispiel aus der Praxis wurde von einer Kindergartenleiterin geschildert, wie Heute berichtet: „Es ist zum Verzweifeln. Das Kind, 5 Jahre alt, wird gegen 10 Uhr abgeliefert und keine zwei Stunden später wieder abgeholt. Es spricht kaum ein deutsches Wort, obwohl es seit drei Jahren hier lebt.“ Besonders problematisch sei, dass Kinder oft mit arabischen Apps auf dem Handy beschäftigt würden, statt sprachlich gefördert zu werden. Der Vater des Kindes habe, als er darauf angesprochen wurde, wütend reagiert und erklärt, dass es für die Mutter eine Schande sei, das Kind nicht selbst zu Hause zu betreuen.
Um die Situation zu verbessern, fordert Taslimi eine Entkoppelung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung von der Berufstätigkeit der Eltern. Gerade für Kinder mit dringendem Sprachförderbedarf könnte dies entscheidend sein.