Exklusiv vor Ort: Im Westen nichts Neues

Eine Woche lang berichteten wir direkt aus dem Kriegsgebiet. Mittlerweile befinden sich unsere Reporter an der ukrainisch-rumänischen Grenze zwischen Czernowitz und Suceava. Obwohl sich die meisten Flüchtlinge in Richtung Polen, Slowakei und Ungarn orientieren, steigt auch im Südwesten des Landes der Druck.
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Exklusiv vor Ort: Im Westen nichts Neues

Tausende Flüchtlinge fahren mit dem Bus zur Grenze und legen die restlichen Meter zu Fuß zurück. (c) FREILICH/TAGESSTIMME

Eine Woche lang berichteten wir direkt aus dem Kriegsgebiet. Mittlerweile befinden sich unsere Reporter an der ukrainisch-rumänischen Grenze zwischen Czernowitz und Suceava. Obwohl sich die meisten Flüchtlinge in Richtung Polen, Slowakei und Ungarn orientieren, steigt auch im Südwesten des Landes der Druck.

Studentenstadt und Provinznest im Fokus

Czernowitz hat eine stolze Geschichte. Seit 1875 befand sich hier die östlichste deutschsprachige Universität. Es entwickelte sich ein reges Korporationsleben. Viele Intellektuelle und Schriftsteller lebten hier. Die Zugehörigkeit der Bukowina zu Österreich-Ungarn prägt noch heute – trotz jahrzehntelanger Sowjet-Herrschaft – das Stadtbild. Heute studieren hier mehr als 16.000 Studenten an der Nationalen Jurij-Fedkowytsch-Universität. Dennoch kann man die Hauptstadt des Buchenlandes mit ihren 242.000 Einwohnern als Provinznest bezeichnet werden.

Doch mit der beschaulichen Ruhe ist es hier vorerst vorbei. Der Krieg wirft seine Schatten auch in die entlegeneren Gebiete des Landes. Wie überall: Checkpoints, Fliegeralarm und Panzersperren. Die Nähe zu Rumänien prädestiniert die Stadt als Anlaufstelle für Flüchtlinge aus den östlichen Regionen. 45 Kilometer sind es von hier zur Grenze. Czernowitz schaffte es damit mittlerweile sogar in die Tagesschau.

Mehr als 24 Stunden Wartezeit

Wie in Uschgorod an der slowakischen Grenze hat sich hier auch ein drei Kilometer lange Schlange wartender Autos gebildet. Jede Stunde geht es um wenige Meter voran. Die ukrainischen Grenzbeamten arbeiten penibel. Viele fahren mit dem Bus an die Grenze und legen die letzten Meter zu Fuß zurück. In den Tankstellen wird den Wartenden kostenloser Eintopf gereicht. Helfer bieten Tee und Kaffee an. Die meisten Ausreisewilligen stehen hier knapp 24 Stunden, bevor sie endlich an die Reihe kommen. Dennoch drängelt sich niemand vor. Nur selten wird gehupt.

Auf der rumänischen Seite ebenfalls vertraute Bilder: Hier sind Polizisten, Soldaten und Feuerwehr im Einsatz, um ein Verkehrschaos zu verhindern. Behördenmitarbeiter kümmern sich um die Ankömmlinge. Freiwillige in Warnwesten bieten Mahlzeiten und Getränke an. Es gibt Übersetzer und Informationspunkte. Die jüdische US-Hilfsorganisation Joint Distribution Committee (JDC) hat ein großes Zelt errichtet. Medienvertreter berichten von hier live in alle Welt.

Wenige Kilometer nach der Grenze, weist fast nichts mehr auf den Krieg im Nachbarland hin.

Doch schon wenige Kilometer entfernt, ist von dem Rummel nichts mehr zu spüren. Nur die vielen Autos mit ukrainischen Nummernschildern, die sich mit uns gen Westen bewegen, zeigen, dass der Krieg bittere Realität ist.


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