NATO prüft Vorfall: Wirbel um Raketeneinschläge in Ost-Polen

Am Dienstagabend mehrten sich die Medienberichte über zwei Raketeneinschläge im ostpolnischen Dorf Przewodów nahe der polnisch-ukrainischen Grenze. Diverse westliche Medien legten sich rasch – und wohl vorschnell – auf Russland als Verantwortlichen fest.
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NATO prüft Vorfall: Wirbel um Raketeneinschläge in Ost-Polen

Symbolbild: NATO

Am Dienstagabend mehrten sich die Medienberichte über zwei Raketeneinschläge im ostpolnischen Dorf Przewodów nahe der polnisch-ukrainischen Grenze. Diverse westliche Medien legten sich rasch – und wohl vorschnell – auf Russland als Verantwortlichen fest.

Przewodów. – Das polnische Außenministerium vermeldete den Einschlag von Raketen „aus russischer Produktion“, diese dürften laut Medienberichten dem Typ S-300 angehören. Schnell verbreitete sich die Erzählung, Moskau hätte beim Bombardement in der Ukraine ein NATO-Land getroffen. Nun stellt sich heraus: Es gibt vielmehr Indizien, wonach es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete handelt – beide Kriegsparteien verfügen über Bestände des bereits in der Sowjetunion eingesetzten Raketentyps.

Abschuss aus Russland oder aus der Ukraine?

Einige Medien und sogar EU-Staaten waren schnell in der Situation, sich einen „Artikel 5“-Bündnisfall der NATO-Staaten herbeizuwünschen, wie er bislang einzig nach 9/11 von den US ausgelöst wurde. Das estnische Außenministerium sprach sogar von einer Bereitschaft „jeden Zentimeter des NATO-Territoriums zu verteidigen.“ Moskau hatte rasch klargestellt, dass es für den Vorfall nicht verantwortlich sei – man habe im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet keine Ziele beschossen.

Nach der ersten großen Aufregung sorgte ausgerechnet Washington dafür, dass vielen dämmerte, dass die Schuldzuweisung an Russland wohl etwas vorschnell geschah. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums („Pentagon“) wollte die Gerüchte über einen russischen Raketeneinschlag bereits am Dienstagabend nicht bestätigen. Später sprachen die USA sogar von Indizien, dass es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete handeln könnte, die fehlgeleitet wurde.

Plötzliche „Vorsicht mit Schuldzuweisungen“

Daraufhin ruderten sogar Medien wie die Bild zurück, die als Springer-Medium das Bekenntnis zum transatlantischen Bündnis als Teil des eigenen Wertekomplexes begreift. Aus der „Russen-Rakete“ wurde über Nacht daraufhin ein polnischer Präsident der „vorsichtig mit Schuldzuweisungen“ sei. Denn Andrzej Duda bestätigte zwar, dass das Geschoss aus russischer Fertigung stamme, aber nach dem Dafürhalten seiner Regierung unklar sei, wer es tatsächlich abfeuerte. Auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte: „Wir müssen Zurückhaltung und Umsicht walten lassen.“

Zu diesem Zeitpunkt hatten die „üblichen Verdächtigen“ freilich bereits ihre Kriegsrhetorik ausgepackt. So etwa die umstrittene Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP):

Selenskyj gibt weiter Russland die Schuld

Auch als sich die Indizien mehrten, dass die Rakete aus ukrainischen Beständen stammen dürfte, hielt der Präsident des Landes, Wolodymyr Selenskyj, weiterhin an der Version eines russischen Beschusses fest.

In seiner Videoansprache sagte er zudem: „Der Terror reicht über unsere Staatsgrenzen hinaus […] Das Abfeuern von Raketen auf Nato-Territorium ist ein Angriff Russlands auf die kollektive Sicherheit. Wir müssen handeln.“ Einige Beobachter interpretierten dies als Forderung, dass die NATO-Länder aktiv in den Krieg eingreifen sollen anstatt wie bisher „nur“ zahlreiche Waffen und Hilfszahlungen an Kiew zu liefern.

Artikel 5 scheint nach der Unklarheit über die Urheberschaft – mit Indizien, die in Richtung Ukraine deuten, allerdings vorerst vom Tisch. Polen pocht aber dennoch auf Artikel 4 des NATO-Bündnisvertrages, der verpflichtende Konsultationen zwischen den NATO-Partnern vorsieht. Die Verhandlungen über das weitere Vorgehen gehen am Mittwoch weiter – sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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