Neuseeland: Dutzende Tote bei Anschlag auf Moschee in Christchurch
Im neuseeländischen Christchurch tötete ein Angreifer mindestens 49 Menschen bei einem Anschlag auf zwei Moscheen. Die Regierung spricht von einem terroristischen Akt.
Christchurch. – Der Attentäter, Medienberichten zufolge ein 28-jähriger Australier, ermordete zur Zeit des Freitagsgebets mehrere Dutzend Menschen in zwei Moscheen. Das Cricket-Nationalteam aus Bangladesh konnte dem Angriff nur mit Glück entgehen. Der Hauptverdächtige verfasste vor seinem Amoklauf außerdem ein Manifest, welches ein verwirrtes Weltbild offenbart. Er wurde nach Informationen der FAZ gemeinsam mit zwei mutmaßlichen Komplizen festgenommen und soll am Samstag dem Haftrichter vorgeführt werden.
Indizien auf rechtsterroristische Tat
Für weite Teile der Öffentlichkeit ist nach der entsetzlichen Tat klar: Es kann sich nur um rechtsterroristische Motive handeln. Darauf weisen auch alle zentralen Indizien hin. Der Extremist, der sein grauenvolles Agieren live auf Facebook streamte, erwähnt nämlich dezidiert die niedrigen Geburtenraten europäischstämmiger Menschen bei gleichzeitiger Masseneinwanderung als Katalysator für seinen Anschlag.
Entsprechend schnell ist ein entsprechendes Framing aufgebaut. Zahlreiche Vertreter der politischen Linken lassen es sich nicht nehmen, mit Fingern auf Islamkritiker zu zeigen. Für die Berliner SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli etwa handelt es sich hier nämlich um „Opfer der weltweiten Stimmungsmache gegen den Islam und Muslime“. Ihre Parteichefin Andrea Nahles äußerte sich in ähnlicher Stoßrichtung.
„Überbevölkerung töten“: Klimawandel als Motiv
Erst bei genauerem Hinsehen eröffnen sich nicht unerhebliche Widersprüche. Denn der Täter beruft sich im Manifest auch auf den Klimawandel, sieht Einwanderer als schädlich für die Umwelt. Er beschreibt sich selbst als „grüner Nationalist“ und bezeichnet Einwanderung und Umweltzerstörung als Teil „desselben Problems“.
Sein Ziel sei es deshalb gewesen, die dadurch entstehende „Überbevölkerung zu töten“. Wie irrsinnig die Gedankenwelt des Mannes ist, zeigt sich an einer weiteren Stelle seines wirren Manifests. Für seine Tat erhofft er sich – unter Bezugnahme auf den lange Zeit im Westen als „Terroristen“ angesehenen späteren südafrikanischen Präsident Nelson Mandela – nämlich den Friedensnobelpreis.
Schwarze US-Bürgerrechtlerin als Inspiration
Als seine wichtigste Inspiration nennt er die schwarze US-Bürgerrechtlerin Candace Owens. Die Journalistin und Aktivistin wandelte sich etwa um 2017 von einer liberalen Kommentatorin zu einer Verfechterin eines schwarzen Konservatismus. Der mutmaßliche Attentäter beschreibt sich in seinem Manifest als „ehemaliger Kommunist, dann Anarchist, zuletzt Ökofaschist“.
Mittlerweile gilt Owens als besonders treue Unterstützerin von Präsident Donald Trump und Kritikerin mehrerer zivilgesellschaftlicher Initiativen. Angesichts der Nennung im Zusammenhang mit dem Vorfall in Neuseeland stellte sie rechtliche Schritte in den Raum, wenn man sie damit ernsthaft in Verbindung bringe.
Ardern: Eine der „dunkelsten Stunden“
Die neuseeländische Öffentlichkeit ist über den Anschlag schockiert. In der Stadt Christchurch wurden sämtliche öffentlichen Veranstaltungen abgesagt. Premierministerin Jacinda Ardern bezeichnete die Tat der Welt zufolge als „außerordentlichen und beispiellosen Gewaltakt“. Der Vorfall stelle eine der „dunkelsten Stunden“ ihres Landes dar.
Staatsoberhäupter anderer Staaten, darunter der türkische Präsident Erdogan, der russische Präsident Putin und deren österreichisches Pendant van der Bellen, drückten seitdem ihr Mitgefühl aus. Auch der deutsche Außenminister Maas (SPD), die deutsche Kanzlerin Merkel (CDU) und ihr österreichischer Amtskollege Kurz (ÖVP) bekundeten ihre Trauer und Anteilnahme auf Twitter.
Neuseeland hat strenges Waffenrecht
Wie der Schütze an seine Waffe und derart viel Munition – Augenzeugen berichten von mehreren hundert Schüssen – kam, ist vorerst unbekannt. Nach einem Amoklauf im Jahr 1990 verschärfte Neuseeland seine Waffengesetze für die allermeisten Waffenklassen nämlich empfindlich. Seitdem müssen Besitzer einer Schusswaffe ein aufwändiges Prozedere durchlaufen, ehe sie eine Freigabe erhalten.
Neben einem Leumundszeugnis ist dafür ein psychologisches Gutachten und die Teilnahme an einer Sicherheitsschulung nötig. Außerdem muss man einen Verwendungszweck nennen, ein Lokalaugenschein klärt sichere Aufbewahrung. Zuletzt müssen Personen aus dem Umfeld – etwa Familienmitglieder, Freunde oder Arbeitskollegen die Unbedenklichkeit bescheinigen.