„Juristisch fragwürdig“: Kritik am Verbot FPÖ-naher Kundgebungen wächst

Die Wiener Polizei hat zwei Demonstrationen von FPÖ-Anhängern verboten – ein Schritt, der von Veranstaltern, Sozialen Medien und Journalisten von Mainstream-Medien als fragwürdig kritisiert wird.

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„Juristisch fragwürdig“: Kritik am Verbot FPÖ-naher Kundgebungen wächst

Vor allem in den sozialen Medien wurde die Polizei heftig kritisiert.

© IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Wien. – Die Wiener Polizei hat zwei für heute geplante Demonstrationen von FPÖ-Anhängern untersagt – eine Entscheidung, die nicht nur von den Veranstaltern und in Sozialen Medien, sondern auch in der Berichterstattung von Mainstream-Medien wie dem Standard kritisiert werden. Ein Journalist bezeichnet das Verbot in seinem Kommentar als „juristisch fragwürdig“ und „politisch ungeschickt“ und wirft die Frage auf, ob wirtschaftliche Interessen ausreichen, um ein Grundrecht wie die Versammlungsfreiheit einzuschränken.

Kritik an der Begründung der Polizei

Die geplanten Protestaktionen, die unter den Titeln „Frieden und Neutralität!“ und „Gegen die Zuckerlkoalition!“ angemeldet worden waren, hätten in der Wiener Innenstadt stattfinden sollen. Der Standard-Journalist kritisiert allerdings, dass viele Fragen offen blieben: „Wurden die Demos untersagt, weil die Inhalte, die dort verbreitet werden, den Verfassungsbogen sprengen? Rechnet die Polizei mit rechtsextremen Ausschreitungen und Gewalttaten?“ All dies würde eine Untersagung der Demonstrationen außer Frage stellen, dürfte aber nicht der Fall sein, so der Journalist.

Vielmehr begründete die Polizei die Untersagung, wie FREILICH gestern berichtete, mit dem „Recht auf Erwerbsfreiheit der Betriebe der Wiener Einkaufsstraßen“ und dem „Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss“. Ob diese Begründung ausreicht, um ein demokratisches Grundrecht einzuschränken, sei zu hinterfragen, geben Beobachter zu bedenken. „Im Idealfall entscheidet darüber eher früher als später ein unabhängiges Gericht“, erklärt der Journalist weiter. Zwar könne es „gute Argumente“ dafür geben, Kundgebungen auf bestimmten Routen in der Innenstadt – auch aus wirtschaftlichen Gründen – zu verbieten, das sei in der Vergangenheit auch bei linken Demonstrationen geschehen, „politisch geschickt“ sei die Untersagung zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls nicht: „Die Stimmung ist aufgeladen, die FPÖ wurde als stärkste Parlamentspartei (zu Recht) auf die Oppositionsbank verwiesen. Ihre Anhänger wollen und sollten das Recht haben, ihrem Ärger Luft zu machen – andernfalls droht das Fass irgendwann überzulaufen.“

Standkundgebung geplant

Die Initiativen „Fairdenken“ und „Menschheitsfamilie“, die die Demonstrationen organisiert hatten, kündigten jedenfalls rechtliche Schritte gegen die Entscheidung an. Auf ihrer Website riefen sie dazu auf, trotzdem nach Wien zu kommen, „um dort spazieren zu gehen und Weihnachtsmärkte zu besuchen“. Inzwischen wurde bekannt, dass eine neue Demonstration als Standkundgebung angemeldet wurde. Sie soll am Heldenplatz stattfinden, laut Polizei wurde sie nicht untersagt. Gegenüber orf.at erklärte ein Polizeisprecher, dass die Standkundgebung weder den Verkehrsfluss noch die Erwerbsfreiheit der Betriebe behindern werde. Man werde aber genau beobachten, ob sich die Demonstrierenden nicht doch in Bewegung setzen, und gegebenenfalls einschreiten, so der Polizeisprecher.

Die Demonstrationen richteten sich unter anderem gegen eine mögliche Regierungsbildung ohne FPÖ. Bereits am 9. November hatten die Initiativen eine ähnliche Kundgebung geplant, die nach heftigen Protesten verschoben wurde. Das jetzige Verbot löste vor allem in den Sozialen Medien erneut eine Welle der Kritik aus. Viele Nutzer erinnerten daran, dass die Wiener Polizei noch 2022 erklärt hatte: „Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut, das man nicht einfach einschränken kann, nur weil Einkaufssamstag ist“.

FPÖ ortet Doppelstandards

Kritik an der Untersagung der Demonstration gab es auch von der FPÖ. Der Wiener FPÖ-Landesparteichef Dominik Nepp störte sich daran, dass „ausgerechnet bei einer Pro-FPÖ-Kundgebung plötzlich das Argument der Wirtschaftlichkeit und des Verkehrsflusses“ ins Treffen geführt werde. Bei „Klimaklebern“ und „Liegestuhldemos“, die den Verkehr lahmgelegt hätten, sei das nicht der Fall gewesen. „Hier wurde jahrelang nichts unternommen, und die Behörden haben die Lahmlegung des innerstädtischen Gebiets für Kundgebungen einer Handvoll Linksradikaler achselzuckend zur Kenntnis genommen“, kritisierte Nepp die Anwendung von „Frontalangriff auf die demokratischen Grundwerte“ ortete.

Ebenfalls kritisch äußerte sich FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst. Sie betonte, dass die FPÖ mit keiner der beiden Demonstrationen etwas zu tun habe. Regierungskritische Demonstrationen zu verbieten, sei aber eine Vorgangsweise, die man sonst nur von autoritären und totalitären Regimen kenne, so Fürst. Auch der Jurist und frühere Grünen-Abgeordnete Georg Bürstmayr äußerte sich kritisch. Er befürchtet, dass mit den Absagen ein Präzedenzfall geschaffen werden könnte. „„Ich sehe das kritisch. Das Versammlungsrecht ist ein sehr wichtiges Grundrecht, und ja, es muss gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Aber das Gefährliche an dieser Argumentation ist, dass Versammlungen auf größeren Straßen, wo naturgemäß auch Geschäfte sind, generell untersagt werden könnten.“ Die ÖVP zeigte unterdessen Verständnis für die Entscheidung der Polizei und Unverständnis für die Kritik der Freiheitlichen: „In einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit sind viele lokale Unternehmen in Wien vom Weihnachtsgeschäft abhängig“, argumentierte Landesparteiobmann Karl Mahrer.

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