Kinderarztpraxis in Kirchheim unter Teck schreibt Deutschpflicht für Patienten vor
In Kirchheim unter Teck sorgt ein Schild in der größten Kinderarztpraxis für bundesweite Diskussionen: Dort wird Patienten ohne Deutschkenntnisse die Behandlung ohne Dolmetscher verweigert. Kritiker sehen darin Alltagsrassismus, während die Praxis auf die Notwendigkeit effizienter Verständigung hinweist.
Kirchheim unter Teck. – Die größte Kinderarztpraxis in Kirchheim/Teck im Landkreis Esslingen steht derzeit im Mittelpunkt einer heftigen Diskussion. Die seit 2001 bestehende Praxis von Ulrich Kuhn und Stefan Gaißer hat durch ein Schild am Empfang bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Darauf steht, dass in der Praxis ausschließlich Deutsch gesprochen wird und bei mangelnden Sprachkenntnissen ohne Dolmetscher eine Behandlung – außer in Notfällen – abgelehnt wird. Darüber berichtete die Stuttgarter Zeitung.
In den Sozialen Medien löste das Schild heftige Reaktionen aus. Kritiker warfen der Praxis Alltagsrassismus vor, andere verteidigten die Maßnahme als notwendig. Ulrich Kuhn weist den Rassismusvorwurf entschieden zurück. Er betont, dass die Praxis schon immer Kinder unabhängig von Hautfarbe und Herkunft behandelt habe. Das Problem sei, dass in den letzten Jahren immer häufiger Patienten kämen, die kein Deutsch sprächen und auch keinen Dolmetscher mitbrächten.
Sprachbarrieren erschweren Behandlung
„Diese Sprachbarriere ist Realität“, so Kuhn. Angesichts steigender Patientenzahlen müsse die Praxis effizient arbeiten, und dazu sei Verständigung notwendig. Ärzte seien gesetzlich verpflichtet, Patienten umfassend aufzuklären, was ohne gemeinsame Sprache nicht möglich sei. Eine grundlegende Verständigung sei für Diagnosen und Therapien unerlässlich. Als Beispiel nennt er Impfungen, bei denen die Eltern ihre informierte Zustimmung geben müssen. Den Einsatz von Übersetzungs-Apps lehnt er ab, da diese keine vollwertige Kommunikation ermöglichten.
Kai Sonntag, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, zeigt Verständnis für die Haltung der Ärzte. Er betont, dass eine effektive Aufklärung der Patienten nur bei ausreichender sprachlicher Verständigung möglich sei. Kuhn und Gaißer machen deutlich, dass ihr Appell von den Patienten bisher gut angenommen wurde. Die Fälle von Verständigungsschwierigkeiten hätten abgenommen und Beschwerden seien ausgeblieben.