Österreich: VwGH lehnt Personenstandsänderung für Transgender ab
Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass Geschlechtseinträge im Personenstandsregister nicht gestrichen werden dürfen, wenn kein biologisch-geschlechtlicher Grund vorliegt.
Wien. – Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat entschieden, dass die Streichung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister einer transsexuellen Person nicht zulässig ist. Damit wurde ein früheres Urteil des Verwaltungsgerichts Wien aufgehoben, das die Streichung zugelassen hatte. Der VwGH stellte klar, dass „es für die Eintragung des Geschlechts grundsätzlich auf das biologische, körperliche Geschlecht ankommt“. Die betroffene Person will nun den Verfassungsgerichtshof anrufen.
Vorgeschichte des Falls
Im konkreten Fall handelt es sich um eine biologisch und körperlich männliche Person, die sich als nicht-binärer identifiziert. Der ursprüngliche Antrag auf Streichung des Eintrags „männlich“ wurde von der zuständigen Behörde, dem Wiener Bürgermeister, abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Wien hob diesen Bescheid unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) auf. Es argumentierte, dass bei verfassungskonformer Auslegung des Personenstandsgesetzes die Streichung zur Wahrung der individuellen Geschlechtsidentität notwendig sei.
Begründung des VwGH
Der VwGH betonte in seinem Erkenntnis, dass sich die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich auf intergeschlechtliche und nicht auf transidente Menschen beziehe. Weiters führte er aus, dass nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte sowohl die österreichische Rechtsordnung als auch das soziale Leben (nach wie vor) von dem Prinzip ausgehe, „dass jeder Mensch entweder weiblich oder männlich ist“. Diese Annahme gelte trotz der Existenz einer geringen Zahl von Menschen „mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung“. Darüber hinaus stellte der VwGH fest, dass ihm eine andere Auslegung mangels gesetzlicher Regelung verwehrt sei.
Kritik an der Entscheidung
Das Rechtskomitee Lambda (RKL) kritisierte die Entscheidung des VwGH scharf. Es verwies auf die langjährige Rechtsprechung des EGMR, die transidenten Menschen das Recht auf Dokumente und Namen, die ihrem tatsächlich gelebten Geschlecht entsprechen, zuspricht. Diese Anerkennung sei entscheidend, um Bloßstellungen und Zwangsoutings zu vermeiden. Die Entscheidung des VwGH führe jedoch zu einer „permanenten Bloßstellung und einem ständigen Zwangsouting für Transpersonen“ bei der Ausstellung von Dokumenten.
Gang vor den Verfassungsgerichtshof
Das Rechtskomitee Lambda kündigte an, gegen die zu erwartende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, der an die Rechtsansicht des VwGH gebunden ist, den Verfassungsgerichtshof anzurufen. RKL-Präsident Helmut Graupner dazu in einer Aussendung: „Wir vertrauen darauf, dass der Verfassungsgerichtshof ein Machtwort sprechen, diese schwere Menschenrechtsverletzung beenden, Österreich wieder in die Gemeinschaft der menschenrechtskonformen Länder zurückführen und sein bahnbrechendes Erkenntnis aus 2018 bestätigen wird.“