Können kriminelle Doppelstaatler ausgebürgert werden?
Anfang des Jahres sorgte Friedrich Merz mit seinem Vorstoß, kriminellen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, für Empörung. In seiner Analyse für FREILICH erklärt der AfD-Bundestagsabgeordnete Christian Wirth, warum Merz Recht hat und was noch zu tun ist.
Friedrich Merz‘ neueste Wahlkampf-Luftnummer heizt die Gemüter an. SPD, Grüne und FDP lehnen dies mit den altbekannten Schlagwörtern und (Totschlag-) Argumenten ab: verfassungswidrig, verfassungsfeindlich, Verstoß gegen die Menschenwürde, Staatsbürger zweiter Klasse, Staatsbürger auf Bewährung usw.
Die Empörung verwundert, weil es gerade die SPD war, die 2023 bei der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes dafür gesorgt hat, dass bei Antisemitismus die Einbürgerung noch zehn Jahre lang zurückgenommen werden kann. So viel zur Diskussion über die ‚Staatsbürgerschaft auf Bewährung‘. Diese Regelung ist natürlich sinnvoll, wenngleich sie noch nie angewandt wurde, was erstaunt, bei den antisemitischen Ausschreitungen und Anfeindungen auf Deutschlands Straßen, nicht erst seit dem Überfall der Hamas im Oktober 2023.
Entzug vs. Verlust der Staatsbürgerschaft
Noch skurriler ist der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit aus dem ehemaligen Ampel-Lager, wenn man den Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aus dem Jahr 2023 betrachtet, der eine pauschale Abschiebung von Clanmitgliedern und ihren Familienangehörigen ins Spiel gebracht hat, selbst wenn sie keine Straftat begangen haben. Dieser Diskussionsentwurf entspringt einem Bund-Länder-Treffen, welches sich mit der Änderung des Ausländer- und Asylrechts beschäftigt hatte. Dieser Vorschlag entbehrt nun wirklich jeder Verfassungsmäßigkeit. Eine Bestrafung ohne Verwirklichung eines Straftatbestandes, die Abschiebung aufgrund der Familienzugehörigkeit, ist tatsächlich Sippenhaft und erinnert an Vertreibung und Deportation.
Befassen wir uns mit der gesetzlichen Grundlage: Man muss unterscheiden zwischen dem Entzug und dem Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft (Art. 16 GG). Die deutsche Staatsbürgerschaft darf grundsätzlich nicht entzogen werden. Aber es gibt eben Verlusttatbestände, die auch gegen den Willen des Betroffenen greifen. Diese Verlusttatbestände müssen „auf Grund eines Gesetzes“ eintreten. Womit der spitzfindige juristische Unterschied zwischen Entzug und Verlust auf die dogmatischen Probleme als gewollter und auch notwendiger Umgehungstatbestand hinweist.
Durch den Verlust darf keine Staatenlosigkeit eintreten. Folgende Verlusttatbestände sind gesetzlich bereits implementiert: Teilnahme an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland – seit August 2019, ferner Verlust durch Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit – hier gibt es aber Ausnahmeregelungen. Darüber hinaus tritt der Verlust ein bei Eintritt in fremde Streitkräfte (§ 28 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)). Der Verlust trotz eintretender Staatenlosigkeit ist in anderen EU-Staaten möglich, also ist er kein Verstoß gegen die Menschenwürde, sondern in Deutschland der Ausfluss aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus und des DDR-Unrechtsstaates.
Aufnahme weiterer Verlusttatbestände möglich
Verlusttatbestände können mit einfacher Mehrheit vom Gesetzgeber beschlossen werden. Grundsätzlich ist die Einwendung der Verfassungswidrigkeit mit Vorbehalt zu sehen. Da Artikel 16 des Grundgesetzes nicht der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG unterliegt, könnte auch Art. 16 GG mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages im Rahmen eines demokratischen Prozesses geändert werden. Die Änderung des GG ist – betrachtet man die Vergangenheit – keine Seltenheit.
Vor diesem Hintergrund, dass der Gesetzgeber darüber hinaus mit einfacher gesetzlicher Regelung weitere Verlusttatbestände im Staatsangehörigkeitsgesetz aufnehmen kann, ist der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit, gelinde gesagt, ein schwaches Argument. Demzufolge ist es natürlich denkbar und muss auch politisch aussprechbar sein, einen Verlusttatbestand gesetzlich zu beschließen, der gewisse strafbare Handlungen erfasst.
Rücknahme einer Einbürgerung möglich
Verfassungsrechtlich möglich ist auch die Rücknahme einer rechtswidrig erschlichenen Einbürgerung. Dies hat das BVerfG bereits in einem Einzelfall entschieden (Urt. v. 24.05.2006, Az.: 2 BvR 669/04). Der Bundestag führte daraufhin eine entsprechende Regelung in § 35 StAG ein. Die Frist für eine mögliche Rücknahme beträgt inzwischen zehn Jahre. Der Verwaltungsakt kann nach § 17 Abs.1 Nr. 3, 35 StAG angefochten werden, wenn der Antragsteller bei der Einbürgerung über wesentliche Voraussetzungen getäuscht hat.
Allerdings sagt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urt. V. 24.05.2006, Az.: 2 BvR 669/04), dass die deutsche Staatsbürgerschaft auch nur dann verloren gehen kann, wenn dies auf eine Handlung folgt, die der Betroffene zumutbar vermeiden könne. Dies dürfte erfahrungsgemäß auf alle strafbaren Handlungen zutreffen, die im Vollbesitz der geistigen Kräfte begangen werden.
Reine Sicherheitserwägungen nicht ausreichend
Anders hat dies die Bundesregierung im Jahr 2015 gesehen. Dem Bundesinnenministerium (IMK-Bericht von 2015) zufolge, müsse die Anlasshandlung ein Ausdruck einer „Abwendung“ von Deutschland sein. Reine Sicherheitserwägungen genügen demnach nicht für den Verlust der Staatsbürgerschaft. Dies ist jedoch eine Meinung der Exekutive aus dem Jahr 2015 und deswegen keine Einschränkung durch das BVerfG und somit nicht abschließend geklärt.
Beispiel: Danach wäre der Raub eines Doppelstaatlers nicht geeignet zur Ausbürgerung, wenn er aus reiner Habgier handelt, sehr wohl aber, wenn er aus religiösen Motiven handelt – zum Beispiel Kirchengüter raubt oder zerstört oder religiöse Zeichen wie die Kippa mit Gewalt entwendet. Ein Mord aus sexueller Befriedigung wäre dann kein Grund zur Ausbürgerung, sehr wohl aber dann, wenn er diesen als Ehrenmord versteht oder, wenn er vergewaltigt und zur Verteidigung sich dahingehend einlässt, die Frau sei ja nur eine Frau. Leider kein seltener Fall.
Richtig ist, dass straffällig gewordene Staatsangehörige grundsätzlich nach dem deutschen Strafrecht verurteilt werden müssen. Der Straffälligkeit von deutschen Staatsangehörigen ist nicht auf der Ebene der Angehörigkeit zum Staat zu begegnen, sondern auf der Ebene des Strafrechts. Anders muss das aber sein, wenn deutlich wird, dass der Täter von vorneherein, zum Beispiel aus religiösen Gründen, sich überhaupt nicht der deutschen Staatsgewalt unterwerfen möchte, weil er sich zum Beispiel nur der Rechtsprechung des Clans, eines Friedensrichters oder des Imans unterwirft.
Reform des Bekenntniskatalogs
Bisher gibt es einen Katalog von Bekenntnissen in § 10 StAG, die derjenige leisten muss, der eingebürgert werden will. So ist es das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der Verzicht, ungesetzlich gegen Verfassungsorgane vorzugehen, mit Gewalt oder mit Vorbereitungsmaßnahmen die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Hinzu kommt nunmehr seit der Reform im Jahr 2023, sich zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges zu bekennen. Ein Verstoß gegen diese Bekenntnisse, also eine Täuschung hierüber, soll zur Rücknahme des Verwaltungsaktes – rückwirkend bis zu zehn Jahre – führen (§ 35 StAG).
Was verlangt Merz?
Er möchte, dass kriminelle Doppelstaatler ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Das ist doch genau, was das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausmacht. Der Verzicht auf Gewalt gegen Institutionen, aber auch gegen Personen. Die Summe unserer Rechtsordnung ist betroffen. Wer sich hieran nicht hält, darf die deutsche Staatsbürgerschaft nicht behalten.
Tatsächlich haben viele Täter, die an Silvester deutsche Innenstädte verwüsten und Sicherheits- und Rettungskräfte regelmäßig angreifen (dieser Sachverhalt sollte unbedingt als Verlusttatbestand in das StAG aufgenommen werden), bereits die deutsche Staatsbürgerschaft durch Geburt. Ein Blick auf die Vornamen ist erhellend. Dieses Problem wird zusätzlich befeuert durch die neue Turbo-Einbürgerung kulturfremder Migranten.
Weitere Verlusttatbestände nötig
Schweden hat aus der ausufernden Migrationspolitik die Lehren gezogen. Wer in Zukunft schwedischer Staatsbürger werden möchte, soll acht Jahre im Land leben und „ehrbares Verhalten“ vorweisen müssen. „Die Staatsbürgerschaft muss verdient und darf nicht bedingungslos ausgehändigt werden“, erklärte der schwedische Migrationsminister Johan Forssell. Von Werten und schwedischer Identität ist die Rede. Forssell nannte dabei die Gleichheit der Geschlechter, das Recht zu heiraten, wen man wolle, und das Recht von Mädchen und Jungen gleichermaßen Fußball zu spielen oder baden zu gehen. „Wer das nicht akzeptiert, für den ist Schweden nicht das richtige Land“, sagte der Minister.
So ist es unumgänglich, dass den Menschen, die eingebürgert werden wollen, klar gemacht wird, dass in Deutschland alle Menschen die gleichen Rechte haben, auch Frauen. Es muss endlich klar ausgesprochen werden, dass Hasspredigen in Moscheen und im Internet hart bestraft werden und zum Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft führen. Es muss klar ausgesprochen und umgesetzt werden, dass es kein Recht gibt, die Scharia über das deutsche Grundgesetz und die deutsche Rechtsordnung zu stellen. Es gibt keine Glaubens- und Religionsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 4 GG, wenn sie gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstößt. Auch dies muss ein Verlusttatbestand werden. Und ja, Merz hat Recht. Wir müssen nicht nur die Einbürgerungsregeln wieder verschärfen, sondern auch mehr Verlusttatbestände einführen.