Springer-Verlag baut massiv Stellen ab – und will dabei einen neuen Weg gehen
Wer keine Fähigkeit hat, die nicht durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden kann, müsse gehen, heißt es von der Chefredakteurin.
Ende Februar hatte Springer-Chef Mathias Döpfer einen radikalen Umbau bei der Bild-Zeitung angekündigt. Am Montag wurde klar, was das bedeutet. Den Mitarbeitern wurde eröffnet, dass in der Redaktion eine dreistellige Zahl von Stellen fällt, die Zahl der Regionalausgaben von achtzehn runter auf zwölf geht, kleinere Standorte ganz geschlossen werden und die Führungsebene ausgedünnt wird. An die Stelle von Redakteuren tritt dann Künstliche Intelligenz. Zudem gilt für den Springer-Konzern vom 1. Januar 2024 an die Strategie „Digital only“ beziehungsweise „erst digital, dann Print“.
Reaktionsleiter, Blattmacher, Foto-Redakteure betroffen
Die Zahl der Kündigungen liege im „niedrigen“ dreistelligen Bereich, heißt es aus Unternehmenskreisen. „Niedrig“ kann bedeuten: 200 Mitarbeiter müssen gehen. Man „bemühe“ sich, „betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und sozialverträgliche Lösungen zu finden“, heißt es in einer Mail, welche die Bild-Chefredakteure Marion Horn und Robert Schneider, der Chef der Bild-Gruppe, Claudius Senst, und der Bild-Geschäftsführer Christoph Eck-Schmidt, unterschrieben haben.
Dass man bei Springer KI in hohem Maße einsetzen wird, macht die Passage der Mail deutlich, in der es heißt, man müsse sich „leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werden oder sich in dieser neuen Aufstellung mit ihren derzeitigen Fähigkeiten nicht wiederfinden“. Wer nicht mehr gebraucht wird, ist nun kein Geheimnis mehr: „Die Funktionen der Redaktionsleiter, Blattmacher, Korrektoren, Sekretariate und Foto-Redakteure wird es so wie heute nicht mehr geben.“
Zeitungsjournalismus laut Döpfer tot
Auch mehrere Regionalausgaben der Bild fallen weg, manche Standorte fusionieren, Regionalberichterstattung schrumpft auf eine Seite Lokales und eine Seite Sport. Einen derart radikalen Umbau hatte der Vorstandsvorsitzende Döpfner schon Ende Februar angekündigt, und damit bei den Mitarbeitern der Kernmarken Bild und Welt für massive Verunsicherung gesorgt. „Um auch künftig wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, muss sich unser Ergebnis im deutschen Mediengeschäft in den nächsten drei Jahren um rund 100 Millionen Euro verbessern. Durch Umsatzsteigerungen, aber auch durch Kostenreduzierungen“, hatte Döpfner verkündet. 100 Millionen Euro an Einsparungen müssten sein, „weil Umsatz und Gewinn und Kosten sich so entwickeln, dass wir mit Bild und Welt in wenigen Jahren in eine gefährliche Schieflage geraten würden, wenn wir nichts tun.“
Den Zeitungsjournalismus auf Papier erklärte Döpfner für erledigt. es gehe um die dritte Stufe von „Digital Only“. Das bedeute „nicht nur den Abschied von Print. Sondern ein grundlegend neues Verständnis von Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter.“ Kritik an Springers Plänen kam vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Der Konzern solle von den geplanten Stellenstreichungen Abstand nehmen. „Wenn Mathias Döpfner die Milchkuh des Konzerns schlachten will, ist das nicht nur unsozial gegenüber den Beschäftigten, sondern wirtschaftlich extrem dumm“, sagte der DJV- Bundesvorsitzende Frank Überall.