Tödliche Messerattacke in Wittlich: Proteste nach Freispruch für US-Soldaten
Ein Freispruch im Fall des tödlichen Zwischenfalls auf der Wittlicher Säubrennerkirmes sorgt für Unverständnis und wütende Proteste. Die Hinterbliebenen fordern Gerechtigkeit, doch das US-Militärrecht lässt wenig Hoffnung auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens.
Wittlich. – Ein tödlicher Messerangriff auf der Wittlicher Säubrennerkirmes im August 2023 sorgt weiterhin für Unverständnis und Proteste, nachdem der tatverdächtige US-Soldat kürzlich von einem Militärgericht freigesprochen wurde. Der 28-jährige Michael Ovsjannikov war bei einem Streit tödlich verletzt worden, und der Soldat hatte die Tat kurz nach seiner Festnahme gegenüber der deutschen Polizei zunächst gestanden. Ein US-Militärgericht entschied jedoch, das Geständnis nicht zu berücksichtigen und sprach den Soldaten frei. Das löste vor Ort Empörung aus: In Wittlich demonstrierten rund 700 Menschen vor der Airbase Spangdahlem für „Gerechtigkeit für Micha“, wie es auf den Plakaten der Teilnehmer hieß.
Zweifel an der Freiwilligkeit des Geständnisses
Ein zentrales Argument für den Freispruch war die Einschätzung der Richterin, dass das Geständnis möglicherweise unter Druck zustande gekommen sei. Nach Angaben der Airbase bezweifelte sie, dass der Soldat freiwillig gesprochen habe. Der Angeklagte habe ausgesagt, er habe sich durch eine „wahrgenommene Drohung“, die Nacht in Gewahrsam verbringen zu müssen, wenn er nicht rede, unter Druck gesetzt gefühlt. Die Dauer der Festnahme und die unklare Rechtsbelehrung hätten zu dieser Einschätzung beigetragen.
Deutsche Behörden weisen Vorwürfe zurück
Die deutschen Ermittlungsbehörden, insbesondere die Staatsanwaltschaft Trier, weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Oberstaatsanwalt Peter Fritzen betonte, die deutschen Polizisten hätten den Beschuldigten gemäß der Strafprozessordnung über seine Rechte belehrt. Auch Innenminister Michael Ebling (SPD) stellte klar, dass die Polizei nach den geltenden Standards gehandelt habe. Fritzen wies auch die Behauptung des Verteidigers zurück, der Soldat habe nicht gewusst, dass er wegen eines Tötungsdelikts vernommen werde. Laut Vernehmungsprotokoll sei ihm gleich zu Beginn der Vernehmung mitgeteilt worden, dass es sich um ein Ermittlungsverfahren wegen eines Tötungsdelikts handele.
Genaue Umstände der Vernehmung unklar
Die Vernehmung des Soldaten erfolgte zunächst durch einen deutschen Kriminalbeamten, wobei eine Kollegin des Office of Special Investigation (OSI) als Übersetzerin fungierte. Nach seiner Aussage zu den Messerstichen wurde das Geständnis zusätzlich auf Video aufgezeichnet. Später konnten auch amerikanische Beamte den Mann vernehmen, über diese Vernehmung liegen der Staatsanwaltschaft jedoch keine Details vor. Die Ermittlungsakten und Beweismittel wurden nach Abschluss des Verfahrens an die US-Behörden übergeben. Eine Blutprobe des Soldaten ergab zum Tatzeitpunkt einen Wert von 0,2 Promille – eine erhebliche Alkoholbeeinflussung konnte damit ausgeschlossen werden.
Proteste und Forderung nach Gerechtigkeit
Für die Familie von Michael Ovsjannikov bleibt das Urteil unverständlich, wie sie nach dem Freispruch sagte: „Unsere Hoffnungen wurden zerrissen“. Freunde und Verwandte des Opfers, unterstützt von vielen Menschen in der Region, fordern weiterhin Gerechtigkeit und haben ihren Protest mit einer Demonstration vor dem Luftwaffenstützpunkt deutlich gemacht. Die Familie will weiterhin rechtliche Schritte prüfen, um eine mögliche Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen.
Da das US-Militärrecht keine Berufung vorsieht und das „double jeopardy“-Prinzip eine doppelte Bestrafung verbietet, stehen die Chancen für eine erneute Anklageerhebung allerdings schlecht. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die jüngsten Erkenntnisse der deutschen Ermittler neue Wege eröffnen, das Urteil möglicherweise anzufechten oder neue Beweise in den Fall einzubringen.