„Too Good To Go“: Dank dieser App ist Lebensmittel retten kinderleicht
Gastronomische Betriebe haben am Ende des Tages oft überschüssige, aber einwandfrei genießbare Lebensmittel in ihren Regalen liegen, die nach wie vor allzu oft im Müll landen. Gemeinsam mit Betrieben und Konsumenten kämpft die Initiative „Too Good To Go“ bereits in mehreren Ländern aktiv gegen dieses Problem.
Ein Bericht von Monika Šimić
Allein in Österreich werden jährlich rund 1.000.000 Tonnen genießbares Essen weggeworfen. Umgerechnet wirft damit also jeder Österreicher pro Jahr Lebensmittel im Wert von 300 Euro in den Müll, obwohl diese noch problemlos hätten verzehrt werden können. Betriebe wie Bäckereien, Konditoreien, Restaurants, Hotels usw. bilden hierbei keine Ausnahme. Auch wenn in den letzten Jahren ein Trend zum bewussteren Umgang mit Lebensmitteln festzustellen war, landen immer noch zu viele davon im Müll. Seit August 2019, und mit einer kurzen „Corona-Zwangspause“, versucht eine Initiative in Österreich, diesem Problem entgegenzuwirken.
Mit ein paar Klicks genießbare Lebensmittel vor der Tonne retten
„“Too Good To Go“ – so heißt die kostenlose App, die es Betrieben und Konsumenten ermöglicht, gemeinsam Lebensmittel zu retten. Ursprünglich ist die Idee in Dänemark entstanden. Dass das Konzept, das vom Tech-Start-up bereits 2015 initiiert wurde, erfolgreich ist, spiegeln auch die Zahlen ganz deutlich wider:
- Mithilfe der App können inzwischen in 15 Ländern Lebensmittel gerettet werden.
- Bereits mehr als 22 Millionen Mal weltweit wurde die App schon installiert.
- Über 45.910 Betriebe beteiligen sich als Partner an der Initiative.
- Seit Anfang 2016 wurden dank „Too Good To Go“ weltweit über 38 Millionen Mahlzeiten gerettet, was mehr als 96.000 Tonnen an eingespartem CO2 entspricht.
In Ländern wie Österreich würden die meisten Lebensmittel eher am Ende der Wertschöpfungskette verloren gehen, erklärt Georg Strasser von „Too Good To Go“ in Österreich gegenüber dem Online-Magazin Tech & Nature. Essen würde hierzulande also meistens in Supermärkten, Restaurants oder eben bei den Leuten zu Hause im Müll landen. Die Initiative mache nun aber einerseits darauf aufmerksam, dass diese Lebensmittel in der Regel noch gut und genießbar sind und bringt andererseits Konsumenten durch ein besonderes Angebot dazu, zuzugreifen und Lebensmittel bzw. ganze Mahlzeiten vor der Tonne zu retten.
„Wertschätzung für Lebensmittel gestiegen“
Doch der Lock-down hat auch die Arbeit von „Too Good Too Go“ beeinträchigt, erklärt Florian Schleicher, Leiter der Marketing-Abteilung von „Too Good Too Go“, gegenüber der Tagesstimme. „Viele unserer Partnerbetriebe waren geschlossen und konnten dadurch keine Gastronomie betreiben. Dadurch waren natürlich auch unsere Möglichkeiten Essen zu retten eingeschränkt.“ Während der Quarantäne habe man sich daher darauf fokussiert, alles für den Wiederstart vorzubereiten. „Seit 15. Mai, der Wiedereröffnung der Gastronomie, sind beinahe alle unsere Partner wieder dabei und retten mit uns und mittlerweile über 250.000 Usern in Österreich täglich Essen“, so Schleicher, der sich auch erfreut zeigte, dass sie ihren Partnerbetrieben durch ihre Reichweite dabei behilflich sein können, neue Kundengruppen zu erreichen. „Auch nach der Krise wirft niemand gerne Essen weg und wir sind überzeugt davon, dass bei vielen sogar die Wertschätzung für Lebensmittel gestiegen ist“, betont Schleicher.
Partnerbetriebe auf der Stadtkarte sichtbar
Doch wie funktioniert das System eigentlich? Öffnet man als Konsument die App, wird einem ein Überblick über Restaurants, Bäckereien, Cafés und andere Betriebe, die Essen anbieten, angezeigt. Für ungefähr ein Drittel des ursprünglichen Preises kann man dann zu einer vorgegebenen Zeit ein „Überraschungssackerl“ abholen, das Lebensmittel beinhaltet, die ansonsten im Müll gelandet wären. Eine Überraschung ist der Inhalt deshalb, weil die Betriebe meist nicht genau wissen, was ihnen übrig bleibt, nur wie viel. Was man bekommt, lässt sich allerdings einschätzen. In dem Sackerl einer Bäckerei finden sich dann etwa Gebäck und gefüllte Weckerl, bei Restaurants geht es meist um Tagesteller oder Buffets. Bei Backshops, wie zum Beispiel dem Backwerk, kann man sein Sackerl aber auch selbst mit Brot und anderem Gebäck, das sich vor Ladenschluss noch in der Backstation befindet, befüllen.
Essen direkt im Sackerl oder dem eigenen Behälter mitnehmen
Fast 700 Betriebe in ganz Österreich, darunter in Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck, beteiligen sich bereits an der Initiative, mehr als 250.000 Meschen in Österreich nutzen dieses nachhaltige Angebot und leisten damit einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung. Um durch diese „Rettungsaktion“ nicht eine Menge an zusätzlichem Müll durch Verpackungsmaterial zu erzeugen, tue „Too Good To Go“ aber auch einiges, wie Strasser betont. Konsumenten können etwa auch eigene Jausenboxen mitbringen und am Buffet selbst befüllen oder das Tagesgericht einfüllen lassen. Viele Restaurants, die über die App ein Buffet anbieten, weisen aber ohnehin bereits auf das Mitbringen eigener Behälter hin. Packen die Partnerbetriebe das „Überraschungssackerl“ aber selbst, sind sie dazu angehalten, nur nachhaltige Materialien wie Papier und Karton zu verwenden.
„Too Good To Go“ kooperiert mit Restaurant-Führer
Das Unternehmen arbeitet stetig am Ausbau seiner Initiative. Erst vor wenigen Tagen wurde verkündet, dass Deutschlands unabhängiger Hotel- und Restaurant-Guide „Der Varta Führer“ eine Kooperation mit „Too Good To Go“ eingegangen ist. „Die Zusammenarbeit beinhaltet den fachlichen Austausch, die Kommunikation und die Unterstützung beim Ausbau der bestehenden Netzwerke“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung. Gemeinsam möchten beide Unternehmen die Hoteliers und Gastronomen im Land dazu bewegen, sich aktiv gegen Lebensmittelverschwendung und den Schutz unserer Umwelt einzusetzen. „Ich finde die Idee großartig, Lebensmittel vor der Tonne zu retten. Die Hotellerie und Gastronomie in Deutschland kann hier einen wichtigen Beitrag leisten“, sagt Holger Pirsch, Redaktionsleiter des Varta-Führers. Nachhaltigkeit sei zudem ohnehin zu einem wichtigen Entscheidungskriterium von Konsumenten geworden. Dieses Bewusstsein habe sich insbesondere in der aktuellen Coronavirus-Krise nochmals verschärft. Der renommierte Hotel- und Restaurantführer kennzeichnet in seinen Publikationen zukünftig alle Partnerbetriebe von „Too Good To Go“ mit einem entsprechenden Icon.
Nützliche Tipps im Umgang mit Lebensmitteln
Das Unternehmen „Too Good To Go“ betreibt zudem einen Blog, auf dem Interessierte weitere hilfreiche Tipps und Tricks rund ums Thema Lebensmittelrettung finden können. Dort erscheinen – in eher unregelmäßigen Abständen – Beiträge, in denen etwa Ideen zum Umgang mit Lebensmittelresten und einer weiteren Verwendung solcher präsentiert werden.
Die „Too Good To Go”-App ist nur eine vieler Initiativen, die sich dem nachhaltigen Umgang von Ressourcen, in diesem Fall von Lebensmitteln, verschrieben haben. Neben dieser bereits international erfolgreichen Idee gibt es aber auch eine Vielzahl regionaler Projekte, die ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit stehen. Einige davon wird die Tagesstimme in ihrer Nachhaltigkeitsreihe noch vorstellen.