Doppelpass: Staatsbürgerschaft für Südtiroler frühestens im Herbst
Am Freitag empfing Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) Vertreter der Südtiroler Parteien um die Marschroute für eine möglichen Doppelpass für Südtiroler zu besprechen. Gleichzeitig möchte man verhindern, dass die Frage zum Wahlkampfthema wird, wenn im Herbst in Südtirol ein neuer Landtag gewählt wird.
Bereits im Jänner sorgte die Ankündigung einer inter-ministeriellen Arbeitsgruppe für Aufsehen, welche sich mit der Frage möglicher Doppelstaatsbürgerschaften beschäftigen soll. Diese prüft die Öffnung der Gesetze für drei Personengruppen – vom „Brexit“ betroffene Österreicher, Nachkommen von Holocaust-Überlebenden sowie Südtiroler. Dazu waren nun sämtliche Fraktionen des Südtiroler Landtags zu einem „Gedankenaustausch“ im Außenministerium zu Gast, wobei sich alle Parteien der deutschen und ladinischen Volksgruppen, außer den Grünen, für die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft aussprachen.
Südtiroler Abgeordnete schrieben an Kanzler Kurz
Bei der Forderung nach der Möglichkeit auf eine doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler handelt es sich tatsächlich um eine jahrelange freiheitliche Kernforderung. Die Partei brachte das Thema in den letzten zehn Jahren im Nationalrat mehrfach auf die Tagesordnung, Grundkonsens unter den übrigen Parlamentsparteien war aber stets, dass der erste Impuls dazu aus Südtirol kommen müsse.
Im November wandte sich dann 19 von 35 Südtiroler Mandataren diesbezüglich in einem Schreiben an den nunmehrigen Bundeskanzler, Sebastian Kurz (ÖVP), und baten um die Möglichkeit eines Doppelpasses. Im Jänner fand sich bereits eine Delegation der Süd-Tiroler Freiheit (SF) bei Infrastrukturminister Norbert Hofer (ebenfalls FPÖ) ein – hauptsächlich um über Verkehrsprojekte zu sprechen, aber auch um die Stimmung zum Doppelpass zu erörtern.
FPÖ spricht von „Herzensangelegenheit“
Entsprechend positiv bewertete auch der blaue Vizekanzler Heinz-Christian Strache die Gespräche am Freitag. Einer Aussendung der FPÖ zufolge zeigte er sich erfreut, dass dieser Initiative „im Sinne des europäischen Geistes nun entsprochen werden“ soll. Damit könne man einem freiheitlichen Versprechen aus dem Vorjahr nachkommen. Es seien zwar „einige rechtliche Fragen naturgemäß“ zu klären, er sei aber optimistisch, dass man auch diese überwinden könne. Die Partei spricht weiters von einer „Herzensangelegenheit“.
Keine Umsetzung vor Südtirol-Wahl im Herbst
Die lokalpatriotische SF drängt dabei ähnlich wie der freiheitliche Südtirolsprecher Werner Neubauer auf eine Umsetzung noch in diesem Jahr. Die Partei machte in der Vergangenheit auch durch Unabhängigkeitsforderungen für die Region von sich reden. Die übrigen Südtiroler Parteien wollen lieber die Landtagswahl im Herbst abwarten, damit diese Frage nicht zum wahlentscheidenden Thema wird. Kneissl sicherte dies laut Bericht der Tiroler Tageszeitung im Übereinkommen mit Bundeskanzler Kurz sowie dem Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) zu. Ergebnisse der Arbeitsgruppe werden hingegen bereits im Sommer erwartet.
Sprachgruppenzugehörigkeit als Grundlage
Angestrebt wird, dass deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern die Möglichkeit eröffnet wird, die österreichische Staatsbürgerschaft ohne gleichzeitigen Verlust der italienischen zu beantragen. Maßgeblich für diese Berechtigung soll die sogenannte Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung sein. Bei Volkszählungen müssen alle in Südtirol wohnhaften selbstberechtigten Personen ab Vollendung des 14. Lebensjahres ihre Zugehörigkeit, oder gewünschte Zuordnung zu einer der drei Sprachgruppen angeben. Diese bildet später die Grundlage für viele Instanzen des Lebens in Südtirol, etwa bei der Vergabe öffentlicher Stellen nach dem ethnischen Proporz.
Offzielles Italien pflegt ablehnende Haltung
Klare Ablehnung für das Vorhaben kommt weiterhin aus Rom – und zwar sowohl vonseiten der scheidenden Mitte-Links-Regierung sowie dem am 4. März an der Urne erfolgreichen Mitte-Rechts-Bündnis. Die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni, sprach in Verbindung im Dezember sogar von einer „verkappten Sezession“. Auch Alessandro Urzi, in Bozen Abgeordneter der mit den FdL verbündeten Partei L‘ Alto Adige nel cuore äußerste sich kritisch und bezeichnete die getroffene Übereinkunft als einen „Verrat an der Autonomie“.
Auch aus diesem Grund strich Kneissl heraus, dass man weiterhin als kooperativer Gesprächspartner für Rom und Bozen zur Verfügung stehe. Im gleichen Atemzug lud sie die italienische Botschaft und die italienischen Behörden zu weiteren Gesprächen ein. Diese seien jederzeit „sehr willkommen“.