Einsicht in Strafakten nur für Linke? Staatsanwalt alarmiert, weil AfD mitlesen könnte
Ein Staatsanwalt hat die Diskussion über das weitreichende Akteneinsichtsrecht für Abgeordnete in einigen Bundesländern erneut entfacht. Dabei wird deutlich, dass ihm vor allem die AfD-Abgeordneten ein Dorn im Auge sind.
In manchen Bundesländern können Politiker – darunter auch solche von der AfD – Einsicht in Strafakten nehmen. Staatsanwalt Bode fordert nun, dass dies dringend geändert werden müsse. (Symbolbild)
© IMAGO / Funke Foto ServicesHannover. – Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. Juli 2025 hat laut dem Staatsanwalt Lorenz Bode eine seit Jahren schwelende Debatte befeuert: Wer darf eigentlich strafrechtliche Ermittlungsakten lesen? Der BGH hat demnach klargestellt, dass der Dienstherr eines Polizeibeamten im Disziplinarverfahren nicht automatisch Zugang zur Strafakte erhält. Bode sieht darin ein weiteres Mosaikstück der grundlegenden Frage, wer außerhalb des Strafverfahrens Einsicht erhalten darf und wer nicht. Damit ordnet er die Entscheidung in einem aktuellen Kommentar in eine politische Dimension ein und behauptet, die AfD nutze in einigen Bundesländern bestehende landesrechtliche Öffnungen zur Einsicht bereits gezielt aus. Er scheint damit nicht einverstanden zu sein und fordert nun, dass das „dringend geändert werden“ müsse.
Strafakten besonders sensibel
Laut Bode verweist der BGH zu Recht auf die Strafprozessordnung, in der festgelegt wird, in welchen engen Konstellationen auch Dritte Zugang erhalten können. Neben Verteidigern könnten dies etwa Versicherungen oder Forschungsprojekte sein, allerdings nur, wenn ein berechtigtes Interesse besteht. Der Staatsanwalt betont in seinem Kommentar weiter, dass Strafakten regelmäßig höchst sensible personenbezogene Informationen enthalten und sich deshalb klar von gewöhnlichen Verwaltungsakten unterscheiden. Umso problematischer sei es, wenn politische Akteure versuchten, sich Zugriff zu verschaffen, obwohl die StPO hierfür keine Grundlage sehe.
Besonders kritisch bewertet Bode jene Bundesländer, die Abgeordneten ein weitreichendes Einsichtsrecht in alle staatlichen Akten, darunter auch Strafakten, einräumen. Betroffen sind Brandenburg und Sachsen-Anhalt, deren Landesverfassungen den Parlamentariern einen umfassenden Anspruch gewähren.
Zwar könnten diese Einsichtsrechte eingeschränkt werden, doch der Grundanspruch sei sehr weit gefasst. Laut Bode könnten die Formulierungen sogar dazu führen, dass auch Abgeordneten der AfD Zugang bekämen.
Beispiel aus Brandenburg
Ein Beispiel aus Brandenburg zeige laut Bode, wie es um die Lage stehe. In einem Bericht der Zeit aus dem Jahr 2021 ging es um AfD-Abgeordnete, die Einsicht in Strafakten verlangten. Die zuständige Ministerin stellte damals klar: „Die Strafakten sind besonders zu schützen, denn sie können sehr sensible personenbezogene Daten enthalten.“
Daher sei das Recht auf Akteneinsicht in der Strafprozessordnung auf speziell geregelte Fälle beschränkt. Vertreter der AfD hielten jedoch entgegen, dass ihnen früher problemlos Aktenzugänge eingeräumt worden seien. Ein Abgeordneter sagte laut dem Bericht, dass der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags der AfD das Recht auf die Einsicht auch in Strafakten bestätigt habe. Bode erklärte, ein solches Verständnis könne zu einer systematischen Umgehung bundesrechtlicher Schutzmechanismen führen.
Justiz hält dagegen – Verwaltung nicht immer
Auch die Berliner Justiz lehnte laut Bode politische Zugriffe klar ab. Im Rahmen eines Verfahrens vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof sei einem Abgeordneten der Zugang zu Akten verweigert worden, da es sich nicht um Verwaltungsakten handele. Die Staatsanwaltschaft erklärte damals: „Für die Einsicht in derartige Akten enthalte die Strafprozessordnung abschließende Regelungen.“ Die Voraussetzungen des insoweit einschlägigen Pargrafen lägen nicht vor. Bode bewertet dies als konsequente Haltung der Justiz, jedoch nicht notwendigerweise der Verwaltung, die in einigen Fällen offener mit Anträgen umgehe.
Umstritten ist laut Bode, ob Landesverfassungen durch weit gefasste Informationsrechte die StPO unterlaufen können. Zwar gelte der Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“, doch ein Gutachten des Brandenburger Beratungsdienstes sei 2021 zu dem Schluss gekommen, dass die Vorschriften der StPO landesrechtlichen Einsichtsrechten nicht entgegenstünden. Bode hält diese Sichtweise für problematisch und potenziell gefährlich.
Forderung nach Verfassungsänderungen
Der Staatsanwalt argumentiert, dass Brandenburg und Sachsen-Anhalt ihre Verfassungen nachschärfen müssten, „damit Strafakten nicht bei Verfassungsfeinden und damit in den falschen Händen landen“. Eine minimal-invasive Lösung sei denkbar. So könnte der Begriff Akten „der Verwaltung“ übernommen werden, den der Verfassungsgerichtshof Berlin bereits auslegte. Strafakten wären damit ausdrücklich ausgeschlossen.





