Gudrun Kofler (RFS): „Wir fordern eine Rückkehr zur Freiheit – auf allen Ebenen“
Beim FPÖ-nahen „Ring Freiheitlicher Studenten“ (RFS) kam es Anfang März zu einem Führungswechsel: Neue Bundesobfrau ist die Südtirolerin Gudrun Kofler. Im TAGESSTIMME-Interview spricht die Germanistik- und Jusstudentin über ihre Ziele, Ideologie an der Hochschule und Corona-Politik.
TAGESSTIMME: Gratulation zur Wahl! Was sind die Ziele als neue Obfrau des RFS?
Gudrun Kofler: Vielen Dank! Im Moment ist es das Wichtigste, dem RFS wieder mehr professionelle Struktur zu geben, die es uns ermöglicht, auf allen Ebenen effizient und nachhaltig zu arbeiten und wirklich jene Themen zu bespielen, die für Studenten von Wichtigkeit sind. Eines unser größten Anliegen ist es, die einzelnen Bundesländer und Hochschulen mehr einzubinden und den Fokus auf deren Eigen- und Besonderheiten zu legen. Der Bundesvorstand des RFS soll künftig vielfältiger aufgestellt und eingesetzt werden und mehr als Bindeglied, denn als bestimmendes Zentralorgan dienen. Außerdem ist es uns wichtig, Prinzipien wie die Sicherstellung des freien Hochschulzugangs und die Qualität des Studiums hochzuhalten.
Wir möchten allen freiheitlich denkenden Studenten ein Zuhause sein und den linksextremen bis pseudo-liberalen Fraktionen nicht das Feld überlassen. Als RFS sind wir für Bildung und gegen ideologische Indoktrination. Wenn man so will, sind wir das einzig verbliebene hochschulpolitische Gegengewicht zum Mainstream an Österreichs Hochschulen.
Aber kann man überhaupt Bildung und Ideologie trennen? Also wie will der RFS eine ideologische Indoktrination verhindern?
In unseren Augen ist Indoktrination immer abzulehnen, aber natürlich muss es gestattet sein, Diskussionen über die unterschiedlichen Weltanschauungen zu führen. Das Problem liegt in der Einseitigkeit. In unserer Gesellschaft – und vor allem auch an den Hochschulen – wird eine Seite völlig negiert, es gilt als nicht vertretbar, anders zu denken.
Die Hochschule soll ja Ort des offenen Diskurs sein und da sollte es auch keine Denk- und Sprechverbote geben. Denken wir zum Beispiel an die sogenannten „Safe Spaces“, eine Unart der „woken“ Lebensart, die aus dem angloamerikanischen Raum nun schon zu uns überschwappt und aus Gründen eines falsch verstandenen Minderheitengedankens demokratische Strukturen über den Haufen wirft, indem etwa Cis-Männer auf Verlangen von sogenannten Flinta-Personen den Raum verlassen müssen/nicht mitstimmen dürfen usw. Man will damit vermutlich verhindern, dass emotional aufwühlende Themen außen vor bleiben, was aber nicht Aufgabe einer Hochschule oder einer Studentenvertretung ist, im Gegenteil: Die Hochschule soll dazu dienen, sich weiterentwickeln und wachsen zu können und dazu gehört eben auch, dass der Student auch einmal seine Komfortzone verlassen und sich mit Themen beschäftigen muss, die ihn fordern.
Auch das Genderthema und der Genderzwang in Abschlussarbeiten, wie es ihn an vielen Hochschulen schon gibt, fallen in diese Kategorie. All diese Dinge gelten mittlerweile schon als „Heilige Kuh“, die man nicht hinterfragen darf, ohne in ein Eck gestellt zu werden oder mit schlechten oder negativen Bewertungen drangsaliert wird und im schlimmsten Fall sein Studium gar nicht mehr beenden kann, weil man sich bei den verantwortlichen Professoren zu unbeliebt gemacht hat. Im Sinne der Freiheit soll es natürlich jedem gestattet sein, seine Meinung zu vertreten und diese Dinge auch zur Diskussion zu stellen, aber nicht, indem andere Meinungen ausgeblendet, negiert oder gar offen verteufelt werden.
Wir als RFS werden uns also weiterhin dafür einsetzen, dass alles gesagt und diskutiert werden darf, aber es nicht automatisch zur Mehrheitsmeinung wird, automatisch allen Studenten aufgedrückt wird und deren – mitunter andere – Meinung nicht anerkannt wird. Hochschulen müssen Horte der freien Meinungsäußerung und des offenen Diskurses bleiben.
Laut Aussendung wird der RFS nun als „Team Freiheit“ auftreten. Was ist damit gemeint?
Der RFS ist das Sammelbecken, die Plattform für alle freiheitsliebenden Studenten. Wir stehen für den echten Liberalismus, jenem Freiheitsgedanken der Studentenbewegung von 1848 und grenzen uns als nationalliberale Bewegung damit ganz klar von den „modernen“ neoliberalen Anwandlungen, die nichts als Schall und Rauch sind, ab. Als einzige hochschulpolitische Fraktion halten wir seit Anbeginn der Pandemie Kurs auf die Freiheit und Selbstbestimmung an Österreichs Hochschulen. Die Formulierung „Team Freiheit“ soll dies verdeutlichen.
Sollen also die Corona-Einschränkungen an den Universitäten komplett gestrichen werden?
Das sollten sie unbedingt. Schauen wir uns unsere europäischen Nachbarn an. Dort sind sämtliche Maßnahmen, auch im Hochschulsektor, weggefallen oder laufen demnächst aus. Wir sind für die Wahlmöglichkeit und gegen den Zwang. Wenn ein Student eine Maske tragen und sich jeden Tag testen lassen möchte, soll er das selbstverständlich tun können. Nur soll dies freiwillig geschehen. Ein Zwang ist völlig evidenzbefreit. Wir fordern eine Rückkehr zur Freiheit – auf allen Ebenen.
Haben Bundesregierung und ÖH während der Corona-Pandemie für die Studenten genug getan?
Die Bundesregierung hat in den letzten zwei Jahren ein fatales Bild abgegeben. Nicht umsonst wurden eine Vielzahl von Beschlüssen und Verordnungen durch das Verfassungsgericht im Nachhinein aufgehoben. Dieses ständige Hin- und Her durch großteils nicht nachvollziehbaren Maßnahmen hat die Studenten stark verunsichert. Hervorzuheben sind die Kollateralschäden, die durch diese Politik entstanden sind. Gerade im Bereich der mentalen und psychischen Gesundheit wurde auch an den Studenten viel Schindluder getrieben. Das werden wir nie vergessen. Die ÖH hat der Regierung durchgehend die Stange gehalten. Statt sich für die Belange der Studenten einzusetzen, fungierte die ÖH als Steigbügelhalter für die Regierung – und das tut sie bis heute.
Welche konkreten Verbesserungen braucht es jetzt für die Studenten?
Wir brauchen Verbesserungen in allen Lebensbereichen der Studenten. Zunächst einmal die Sicherheit, dass das Studium ohne Einschränkungen und nach Möglichkeit in Präsenz stattfindet und zwar ohne, dass dies willkürlich und in letzter Minute wieder geändert werden kann. Diese Unsicherheit und fehlende Planbarkeit belasten die Studenten enorm. Es wäre außerdem wichtig, sie jetzt zu entlasten und für die vergangenen, verlorenen, Semester zu entschädigen, etwa mit der Erhöhung der Toleranzsemester oder Rückerstattung angefallener Studienbeiträge. Nicht wenige stehen vor hohen finanziellen Belastungen, da diese Toleranzsemester verstrichen sind, Studienbeiträge anfallen oder Stipendien auslaufen und viele aufgrund der ständigen Lockdowns zudem ihre Arbeit verloren haben. Gerade von den geringfügigen Studentenjobs sind viele seit Beginn der „Pandemie“ weggefallen.
Ich erwarte mir vom Bildungsminister und vor allem von der ÖH außerdem ein klares Bekenntnis zur freien Entscheidung, ob sich ein Student impfen lassen möchte oder nicht. Ein Zwang ist absolut abzulehnen und dagegen müssen wir weiter entschieden vorgehen. Die Gefahr ist leider noch nicht gebannt, dass Ungeimpfte oder unzureichend Geimpfte eines Tages vom Studium ausgeschlossen werden könnten. Dies wäre das Ende des Rechts auf freie Bildung in Österreich.
Seit Corona spielt sich viel digital ab: Wie steht der RFS zur Online-Lehre?
Wir begrüßen digitale Lehrangebote, weil sie das Studium flexibler und freier gestalten. Hier muss man allerdings differenzieren. Die plötzliche Umstellung auf e-learning im Frühjahr 2020 wurde nicht gut umgesetzt. Man hatte der Verdacht, dass gar jede Veranstaltungsleitung selbstgesteuert und ohne fachlichen Hintergrund eigene Systeme anzuwenden versuchte. Das reichte vom Verteilen von Aufgaben bis hin zu Video-Aufzeichnungen mit schlechter Kamera. Alles war ein einziges Chaos. Digitale Lernangebote sollen den Lernzuwachs und den wissenschaftlichen Prozess positiv begleiten. Das erfordert Strategien und professionelle Begleitung durch geeignetes Personal. Das fehlt allen öffentlichen österreichischen Hochschulen. Hier sind private Hochschulen schon wesentlich weiter. Die Online-Lehre darf die Präsenzlehre jedoch nie vollständig ersetzen. Zu wichtig sind soziale Interaktionen, der studentische Austausch und das Miteinander, aber auch der Austausch zwischen Studenten und Professoren. All das kommt in der reinen virtuellen Lehre zu kurz. Gerade nach dieser chaotischen Zeit haben es sich die Studenten verdient, wieder Kontakte im Präsenz-Hochschulbetrieb zu verknüpfen. Deshalb wünschen wir uns einen Fokus auf die Präsenzlehre, aber qualitativ hochwertige digitale Angebote als Ergänzung bzw. als Möglichkeit für berufstätige Studenten oder Studenten mit Kindern.
Du selbst bist berufstätige Mutter und Studentin. Wie bringt man das unter einen Hut?
Es ist wirkliche keine leichte Aufgabe und eine große Herausforderung, Kinder, Studium und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Dafür braucht es gutes Zeitmanagement und ein gutes Netzwerk. Ich bin sehr dankbar dafür, sowohl im Privaten, als auch im Beruflichen und im Rahmen meines Studiums Menschen um mich herum zu haben, die mich bei meinen Aufgaben unterstützen und dadurch auch entlasten. Organisation, Koordination und das Delegieren von Aufgaben fallen mir zum Glück bei den richtigen Personen nicht schwer, weshalb es auch meistens sehr gut funktioniert. Niemand kann alles allein schaffen und gemeinsam geht ohnehin alles leichter – ganz egal ob am Arbeitsplatz, mit den Kindern, im Studium oder in Vereinen oder Organisationen. Diesen Gemeinschaftsgedanken, den ich seit jeher in allen Bereichen lebe, möchte ich auch in die neue Herausforderung, die RFS-Obmannschaft, einbringen. Meine Erfahrungen als berufstätige Studentin mit Kindern helfen mir außerdem, die Probleme der Studenten in diesen Bereichen zu erkennen und mich auch hier gezielt für Verbesserungen einzusetzen.
Der Bereich wurde von der ÖH seit Jahren vernachlässigt. Dabei ist die Lebensrealität der Studenten heutzutage nicht mehr jene eines Langzeitstudenten mit großzügigem elterlichen Finanzpolster. Die meisten Studenten arbeiten zumindest geringfügig, ab dem Masterstudium meistens sogar Vollzeit, um bei der hohen Akademikerrate später am Arbeitsmarkt überhaupt bestehen zu können. Und viele absolvieren auch nach der Familiengründung noch ein Studium.
Das ist sicher kein leichtes Unterfangen. Also was will und kann der RFS in diesem Bereich wirklich erreichen?
Um sicherzustellen, dass Studenten mit Kindern nicht vergessen werden und eine Anlaufstelle in der ÖH finden, setzen wir uns für ein Familienreferat und umfassende Angebote ein. Studenten mit Kindern haben keine Lobby innerhalb der ÖH, im Gegensatz zu ausländischen Studenten und Personengruppen mit den unterschiedlichsten sexuellen Orientierungen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum es Queerreferate und x Angebote für Migranten geben muss, für welche die ÖH (also jeder Student) Geld ausgibt, aber die Kinderbetreuung an den Hochschulen seit Jahren unzureichend und das Lehrveranstaltungsangebot viel zu starr ist. Um berufstätige Studenten und Studenten mit Kindern im Studium zu unterstützen, müssen Studienzeiten flexibler gestaltet werden. In einigen Studiengängen, ganz voran den Lehramtsstudien, sind nahezu alle Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht. Hier muss dringend etwas getan und größere Freiräume geschaffen werden. Das würde allen Studenten helfen.
Zur Person:
Gudrun Kofler wurde 1983 in Südtirol geboren. Sie ist Mutter von zwei Kindern, brennt für Politik, Recht und die deutsche Sprache und lebt mit ihrer Familie in Nordtirol. Sie studiert Germanistik und Rechtswissenschaften in Innsbruck. Seit März 2022 ist sie Bundesobfrau des „Rings Freiheitlicher Studenten“ (RFS).