Lars Hünich über den Parteienstaat (AfD): „Der Filz ist Gegenteil einer freien repräsentativen Demokratie“

In einer Rede vor Bürgern hat der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Lars Hünich die Abschaffung des Parteienstaates gefordert. Kritiker der AfD skandalisierten diesen Satz sofort und wollen damit die Verfassungsfeindlichkeit der AfD beweisen. In einem kurzen Interview erklärt der gebürtige Dresdner Hünich, was mit dieser Forderung wirklich gemeint war.

Interview von
5.2.2024
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4 Minuten Lesezeit
Lars Hünich über den Parteienstaat (AfD): „Der Filz ist Gegenteil einer freien repräsentativen Demokratie“
Lars Hünich, Landtagsabgeordneter in Brandenburg© AfD

FREILICH: Herr Hünich, sind Sie ein Antidemokrat und wollen deshalb „den Parteienstaat abschaffen“?

Lars Hünich: Nein, ich bin eher Basisdemokrat. Parteien sind nur ein Teil der politischen Willensbildung. Der andere Teil ist das Volk und das muss in Zukunft mehr Mitbestimmungsrechte haben. Deshalb bin ich ein Gegner von Parteien, die den Staat, die Judikative und die Medien nur als willfährige Ausführungsorgane zur Durchsetzung ihrer Parteiideologie betrachten. Nichts anderes besagt ja das Wort „Parteienstaat“.

Namhafte Politikwissenschaftler und Verfassungsrechtler wie Prof. Hans Herbert von Arnim sehen den „Parteienstaat“ kritisch. Die Parteien, so von Arnim, würden sich den Staat zur Beute machen. Die politische Willensbildung des Volkes und des einzelnen Wählers werde durch die Dominanz der Parteien verzerrt. Teilen Sie diese Auffassung?

Genau das habe ich auf meinem Bürgerdialog erklärt, bei dem ich vom ZDF gefilmt wurde. Ich habe an unsere anwesenden Parteimitglieder appelliert, dass die AfD in Regierungsverantwortung diese Dominanz beenden und echte Mitbestimmung einführen muss. 

Zerstört die Dominanz der Altparteien in letzter Konsequenz die Demokratie? Prof. von Arnim ist zum Beispiel der Meinung, dass das Konkurrenzdenken der Parteien unter anderem zu einer Benachteiligung kleinerer oder neuerer Parteien führen könnte.

Die heutige Finanzierung von Parteien und parteinahen Stiftungen und NGOs ist Teil des Raubzuges und Aufteilung der Beute. Nicht umsonst bekommen weder die parteinahe Stiftung der AfD noch unsere Vereine staatliche Mittel. Die Gelder werden nur unter der eigenen Sippe aufgeteilt. Dabei kommt es also gar nicht so sehr auf die Größe der Partei an, sondern eher darauf, ob die „neuen“ oder „kleinen“ Parteien sich dem Establishment anschließen oder nicht. 

Das Gleiche gilt für die Verteilung von Ämtern und Posten in und außerhalb des Parlaments. 

Die Linke zum Beispiel hat im Bundestag eine Vizepräsidentin, obwohl sie noch nicht mal mehr Fraktionsstatus hat. Der AfD wird dagegen ein solches Amt verwehrt. So sieht es in allen staatlichen Einrichtungen und Behörden aus und schafft genau den Filz, der „Parteienstaat“ genannt wird und das Gegenteil einer freien repräsentativen Demokratie ist. 

Welche Lösungsansätze und Reformmöglichkeiten sehen Sie, um aus dieser Situation, wie sie zum Beispiel Prof. von Arnim skizziert, herauszukommen?

Ich habe vier grundsätzliche Reformforderungen. Ich bin auch der Meinung, dass wir erst wieder in einem freien, fairen und sachlichen Diskurs politische Inhalte diskutieren können, wenn diese umgesetzt sind. Erstens von Parteien unabhängige Medien, zweitens freie Wissenschaft, drittens echte Mitbestimmung der Bürger in Form von Volksentscheiden und viertens eine gesetzlich geregelte Politikerhaftung.

Wenn sich alle aus gleichermaßen zugänglichen Quellen unabhängiger Medien und frei forschender Wissenschaftler informieren können, dann wird Manipulation der Bürger schwierig und Volksentscheide richtungsweisend für die Politik. Dazu müssen Journalisten und Wissenschaftler wieder Regierungsleitlinien kritisieren können, ohne mit finanziellen Einbußen rechnen zu müssen. 

Sobald Politiker für ihre Entscheidungen persönlich zur Verantwortung gezogen werden können, werden sie sich gut überlegen, ob sie nicht doch lieber zum Wohle der Bürger handeln und Risiken vorher ankündigen. 

Warum wird Ihre Aussage zum Parteienstaat von den Medien und anderen Parteien skandalisiert?

Weil ich die Macht der Regierungsparteien, an deren Trog sie hängen, infrage stelle. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen von Entscheidungen der Regierung ab. Außerdem halten sich viele Medienvertreter für Aktivisten, für die Haltung wichtiger ist als saubere journalistische Arbeit.

Sie sind in Dresden geboren und in der DDR aufgewachsen. Dort hatte die SED als Partei den Anspruch, „immer recht zu haben“. Sehen Sie diesen Alleinvertretungsanspruch auch bei den heutigen Parteien?

Ja, leider fühle ich mich heute an die DDR und damit an die SPD … äh … ich meine, die SED erinnert. Vor allem, wenn sie meinen, die Genossen könnten die Demokratie mit totalitären Methoden retten. Das erinnert schon an die Zeit vor der Wende. 

Auch bei den fabrizierten „Skandalen und Krisen“, wie wir sie in den letzten Jahren erleben durften. Egal, ob das Corona, das Frieren für den Krieg oder die „Wannseekonferenz“ waren. Die Darstellung im ÖRR wird definitiv der „Aktuellen Kamera“ immer ähnlicher. 

Schlimme Erinnerungen haben bei mir aber erst die aktuellen „Demos gegen Rechts“ hervorgerufen. Ich kenne Aufrufe zu Demonstrationen unter Mitarbeitern in staatlichen Einrichtungen und staatlich finanzierten Vereinen für die Regierung und gegen die Opposition nur aus Diktaturen. Das hat eine neue Qualität für mich. 

Dass Regierungsparteien zusammen mit zwangsfinanzierten Medien den Verlauf von Demonstrationen orchestrieren können, überall, auf Bühnen, in Interviews und Diskussionsrunden treue Parteigenossen als Alibi-Bürger positionieren, ist der offensichtliche Beleg für meine These. 

Wir müssen so schnell wie möglich den bereits in alle gesellschaftlichen Winkel vorgedrungenen Parteienfilz lüften. Wir brauchen dringend mehr direkte Demokratie. Den Bürgern vertraue ich mehr als allen Parteien zusammen. 

Herr Hünich, vielen Dank für die Antworten!


Zur Person:

Der gebürtige Dresdner und Maschinen- und Anlagenmonteur Lars Hünich, Jahrgang 1971, sitzt seit 2019 für die AfD im Brandenburger Landtag.