Medienexperte Eduard Kolosoff: „Remigration ist ein Schlagwort geworden“

Die AfD Baden-Württemberg hat mit ihren Kampagnen zu Remigration und Sicherheit bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Ein Kalender und Aufkleber des Landesverbandes sollen bald im AfD-Shop erhältlich sein. FREILICH sprach mit dem Pressereferenten der Landtagsfraktion Eduard Kolosoff.

Interview von
16.1.2024
/
6 Minuten Lesezeit
Medienexperte Eduard Kolosoff: „Remigration ist ein Schlagwort geworden“

Eduard Kolosoff

© privat

FREILICH: Über welches soziale Medium erhalten Sie am meisten Aufmerksamkeit?

Eduard Kolosoff: Es kommt auf das Format und auch den Inhalt an. Bedingt durch die Demografie unserer Wählerschaft ist Facebook relativ konstant. Geht ein Video jetzt viral oder nicht? Bei YouTube-Videos und Instagram-Reels habe ich schon konstant eine Zahl, auf die ich mich verlassen kann. Instagram ist aber wohlgemerkt die schwierigste Plattform, weil die hat als Werbeplattform mit Influencern und dem ganzen Pipapo einen anderen Anspruch. Da kann ich mich noch so bemühen, irgendwie die Abgeordneten zu schminken. Und das verfehlt natürlich so ein bisschen unseren Anspruch. Auf Twitter da haben wir unsere Crowd, aber die Plattform ist wahnsinnig links-verseucht. Dadurch, dass unsere Leute und die linke Bubble auf unsere Sachen reagieren, wird der Algorithmus gepusht.

Was waren Ihre größten Kampagnenerfolge im Jahr 2023?

Die erste Kampagne zum Freibad im Sommer war relativ erfolgreich. Es war schön zu sehen, dass eben auch das Vorfeld in Baden-Württemberg und besonders im Raum Stuttgart darauf angesprungen ist. Wir hatten mehrere Plakatkampagnen in Stuttgart, insbesondere auch zum sehr berüchtigten Inselbad Untertürkheim, wo es zu vielen Vorfällen sexueller Belästigung und auch Gewalt kam.

Die identitäre Gruppe Reconquista21 hat unsere Plakatkampagne zum Anlass für Aktionen genommen. Die sind dann auch auf mich zugekommen, um mehr über die Kampagne zu erfahren. Und das finde ich gut, wenn so etwas nicht nur parteientern bleibt, sondern auch bei der Gesellschaft ankommt.

Hatten Sie noch einen weiteren Erfolg zu verbuchen?

Das war unsere zweite Kampagne zur Remigration anlässlich des Spiegel-Covers von Olaf Scholz, der meinte, es wäre jetzt Zeit, im großen Stil abzuschieben. Bei der Remigrationskampagne hatten wir ein viel größeres Budget zur Verfügung als bei der Freibadkampagne. Und so hatten wir dann etwa 235 Plakate in ganz Baden-Württemberg.

Wir haben dann auch sehr viel Zuspruch von den anderen Landtagsfraktionen bekommen. Auf den Sozialen Medien wurden unsere Plakate aufgerufen, geteilt. Abgeordnete, Vorfeld, Jugendorganisationen, Junge Alternative – alle wollten unseren Sticker haben. Der Sticker ist eine gelungene Persiflage dieser sehr überteuerten THE LÄND-Kampagne der Landesregierung von Baden-Württemberg. In die sind Abermillionen reingesteckt worden. Selbst in Machu Picchu werden diese Sticker hingeklebt, um auf die Schönheit von Baden-Württemberg aufmerksam zu machen. Wir kritisieren, dass diese Kampagne in eine nächste Runde ging und dabei massiv Steuergelder verschwendet wurden.

Gab es bei der Remigrationskampagne auch Probleme? 

Der Prozess mit der Plakatagentur war, leider Gottes, sehr störrisch. Wir hatten ein Plakat mit Flugzeugen, im Stil des Remigrationskalenders. Ein Flugzeug mit dem Slogan: „Nett hier, aber sind Sie nicht ausreisepflichtig?“ Ich hatte die Plakatwände schon gebucht und das Motiv eingereicht. Das hat dem Standortbetreiber jedenfalls nicht zugesagt. Die können wie ein Despot entscheiden, was am Ende aufgehängt wird, die Agentur ist ja nur ein Vermittler. Wir wurden dazu gedrängt, Anpassungen zu treffen. Wir konnten auch aus dem Vertrag nicht mehr raus.

Die Flugzeuge sollten aus dem Plakat verschwinden. Wir wollten diese Plakate vornehmlich an den Flughäfen von Stuttgart, Baden-Baden und Freiburg anbringen. In der Nähe vom Flughafen, wo die Leute abgeschoben werden natürlich. Das war der Gag. Das hat nicht geklappt. Dann haben wir ein reines Textmotiv mit der Forderung „Remigration Jetzt!“ übergeben.

Auch das wurde abgelehnt. Dann habe ich gefragt, ob es um die Bildsprache oder um die Thematik an sich gehe. Da meinte die Agentur: „Migration und dergleichen ist nicht okay, können wir nicht machen, wollen wir nicht machen.“ Wo ich dann erwidert habe: „Okay, wir sind die AfD, was dachten Sie, was wir denn tun?“ Also das Thema Remigration war für die tabuisiert. Ich bin mir sicher, dass eine andere Agentur da mehr für uns geleistet hätte.

Worauf haben Sie sich denn letztendlich mit der Agentur geeinigt?

Beim dritten Anlauf hat es dann geklappt. Wir haben uns bei den Plakatwänden runterbrechen lassen auf den Slogan: „Ihre Sicherheit. Unser Auftrag.“ Das war dann einfach nur eine Sicherheitskampagne.

Für die Zukunft muss ich sagen, dass ich von so stupiden Plakatagenturen ablassen würde. Weil ich nämlich nach Gesprächen mit der Medienagentur Germedia das Gefühl hatte, die normalen Plakatagenturen seien auch nicht unbedingt der größte Advokat unserer Ideen. In Zukunft würde ich dann auch auf Agenturen aus unserem politischen Bereich wie die Germedia zurückgreifen, damit ich unsere Ideen auch durchboxen kann.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Kampagne zu Remigration zu machen?

Remigration ist ein Schlagwort geworden. Ich persönlich finde es ein bisschen zu technisch, aber es ist momentan nun mal das Schlagwort der AfD. Viele Leute können damit etwas verknüpfen. Remigration ist in unseren rechten Medien sehr präsent. Vorfeldorganisationen wie die Junge Alternative oder auch die IB benutzen diesen Begriff sehr häufig. Gleichzeitig wollen wir Leute erreichen, neue Wähler ansprechen. Das schaffe ich mit einem Begriff wie Remigration eher, anstatt mit Abschiebung. Das ist für die Leute per se furchtbar inhuman konnotiert und dergleichen. Da ist Remigration natürlich schon besser.

Wie erregen Sie in den Sozialen Netzwerken Aufmerksamkeit?

Wir arbeiten viel mit Infografiken oder Videos. Wichtig ist, dass es dabei aber auch einen Inhalt gibt. Bei INSA haben wir eine Umfrage machen lassen, wie die Leute in Baden-Württemberg die Sicherheitslage einschätzen. Das war natürlich teuer, aber ein gutes Investment.

Als einer unserer Landtagsabgeordneten über den Stuttgarter Weihnachtsmarkt geschlendert ist und all die Polizisten mit den Maschinengewehren gesehen hat, meinte er: „Das könnten wir doch aufgreifen.“ Die meisten Leute posten zu Weihnachten ja eher positive, schöne Bilder. Das ist ja auch gut, aber es spiegelt nicht unbedingt die Realität wider. Und dafür haben wir MidJourney benutzt. Bei Midjourney muss man ein bisschen tricksen, weil auch diese AI political correctness von einem verlangt.

Ihr Remigrationskalender ist im rechten Lager sehr gut angekommen. Was können Sie dazu sagen?

Ein Abgeordneter hatte zunächst die Idee, einen Kalender mit leichtbekleideten Frauen zu machen. Björn Höcke hatte da so einen Handwerkerkalender mit netten Damen rausgebracht. Ich glaube wir hier in BaWü sind da ein bisschen familienorientierter. Wir wollten weiter mit dieser Flugzeug-Thematik arbeiten. Das ist etwas für Klein und Groß, die ganze Familie. Natürlich finden Jungen Flugzeuge, cool (lacht). Das erinnert dann alles ein bisschen an das Düsi-Meme von Twitter. Düsi finde ich auch sehr süß.

Wo kann man Ihren Remigrationskalender und Ihre Sticker bestellen?

Wir haben eine Anfrage von der Bundes-AfD für deren Fanshop „Wir lieben Deutschland“ bekommen. Gleichzeitig wollen wir das auch über unsere Webseite vertreiben. Aber ich glaube, das braucht noch so vielleicht drei, vier Wochen, bis wir so weit sind.

Was sind Ihre Pläne für dieses Jahr?

Wir haben definitiv das Thema Steuern im Blick. Wir in Baden-Württemberg sind neben Bayern eben das wirtschaftliche Rückgrat Deutschlands. In unserer schwarz-grünen Landesregierung ist Steuerverschwendung omnipräsent. Das wäre dann eine noch viel stärker an Informationen und Berichterstattung ausgerichtete Kampagne, im Gegensatz zur Abschiebung. Bei Abschiebung haben wir natürlich auch darüber berichtet, warum die scheitern und was die Zahlen sind. Aber bei so einer Steuergeldkampagne wäre das wirklich wichtig. Wo hat die Regierung irgendwie Mist gebaut? Wo schleudert sie das Geld zum Fenster raus? Da wäre uns natürlich eine Kooperation mit dem Bund der Steuerzahler sehr willkommen. Die sind ja eine sehr regierungskritische Institution, die seit 50 Jahren ihr Schwarzbuch herausbringen. In dem Buch ist Baden-Württemberg wie immer sehr stark vertreten.

Baden-Württemberg hat viele Grünwähler, denen Umweltschutz wichtig ist. Eigentlich hat die AfD es bisher versäumt, einen Fuß in das Thema rechte Ökologie zu setzen. Wenn man das historisch betrachtet, ist Umweltschutz immer unser Ding schlechthin gewesen. Die einen nennen es Umweltschutz, die anderen Heimatschutz. Wir stehen irgendwo dazwischen. In Baden-Württemberg könnten wir in Sachen Flächenfraß riesige Wählerschichten abholen, die die Grünen nur wählen, weil sie ihre Umwelt und ihre Heimat bewahren wollen. Aber mit dem Rest, mit diesen moralisierenden Werten von den Grünen, wollen die nichts zu tun haben. Das ist ein Thema, das sowohl Jung als auch Alt abholt. Und solche Themen sind selten.

Ansonsten haben wir natürlich auch den Stolzmonat vor uns. Den werden wir auch weiter betreiben. Da können wir mal gucken, ob wir dann vielleicht auch ein bisschen coolere Aktionen machen, wo es nicht darum geht, so ein blödes Profilbild zu machen. Die Leute hier von der IB machen immer so eine Deutschland-Challenge, wo man an verschiedenen Orten die Deutschlandfahne hisst.

Generell wäre es schön, wenn man neben dieser Veranstaltung vielleicht auch so etwas wie einen Remigrationsmonat ausruft, wo sich alle Landesverbände oder auch Fraktionen daran beteiligen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Kolosoff!


Zur Person:

Eduard Kolosoff ist seit April 2022 Pressereferent der AfD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg. Zuvor leitete der 34-jährige Allgäuer die Öffentlichkeitsarbeit der AfD in Mecklenburg-Vorpommern und forschte an einem Weimarer Institut zu Medienphilosophie.

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