Ngosso: SPÖ sucht letzten Ausweg in „ethnischer Wahl“

Der Begriff „ethnische Wahl“ beschreibt das Phänomen, dass Menschen nicht mehr nach politischen, sondern nach ethnischen Kriterien zur Wahlurne schreiten. Also wenn Menschen einen Politiker aufgrund der gleichen ethnischen Herkunft und nicht aufgrund gleicher politischer Einstellung wählen. Es ist das Zeichen einer scheiternden Demokratie, weil das Gemeinwohl zugunsten von ethnischen Sonderinteressen in den Hintergrund gedrängt wird. Auch in Österreich ist das Phänomen schon länger bekannt. Doch erstmals setzt die SPÖ als eine der großen Parteien ganz offen auf dieses Phänomen.
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13.4.2018
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3 Minuten Lesezeit
Ngosso: SPÖ sucht letzten Ausweg in „ethnischer Wahl“

Bild SPÖ-Zentrale Loewelstraße: Wikimedia Commons [CC0] / Bild Mireille Ngosso: Markus Sibrawa (Fotograf) / SPÖ Rathausclub via APA-OTS [Red.] / Komposition: Die Tagesstimme

Der Begriff „ethnische Wahl“ beschreibt das Phänomen, dass Menschen nicht mehr nach politischen, sondern nach ethnischen Kriterien zur Wahlurne schreiten. Also wenn Menschen einen Politiker aufgrund der gleichen ethnischen Herkunft und nicht aufgrund gleicher politischer Einstellung wählen. Es ist das Zeichen einer scheiternden Demokratie, weil das Gemeinwohl zugunsten von ethnischen Sonderinteressen in den Hintergrund gedrängt wird. Auch in Österreich ist das Phänomen schon länger bekannt. Doch erstmals setzt die SPÖ als eine der großen Parteien ganz offen auf dieses Phänomen.

Gastbeitrag von Patrick Lenart

Die SPÖ wählte diese Woche Mireille Ngosso zur designierten Bezirksvorsteherin für den Wiener 1. Bezirk „Innere Stadt“. Vorab und damit ich nicht falsch verstanden werde: Mireille Ngosso ist ganz sicher eine beachtenswerte Frau, die es im Leben durch persönliche Leistung sehr weit gebracht hat. Im Alter von vier Jahren kam sie mit ihren Eltern von der Demokratischen Republik Kongo nach Österreich und absolvierte eine Ausbildung bis zur Dr. med. an der Medizinischen Universität Wien. Derzeit arbeitet sie als Turnusärztin in der chirurgischen Abteilung, ist verheiratet und hat einen Sohn.

„Signal für die Weltoffenheit Wiens“

Untypisch ist nun nicht, dass sie Vizebezirkschefin der SPÖ geworden ist. Dazu hätte ich mich auch nicht geäußert. Untypisch ist vielmehr, dass sie selbst und ganz explizit ihre Hautfarbe politisiert und schon bei der ersten Pressekonferenz zum Zeichen für den Großen Austausch machte. Denn ihre Wahl zur ersten „afroösterreichischen“ Vizebezirkschefin sei wörtlich ein „Signal für die Weltoffenheit Wiens“, zu der sie die Bürger der Stadt ermuntern möchte. Für fast alle Medien wurde das Wording zur Pflicht-Schlagzeile: Kein anderer als sie selbst machte ihren „sichtbaren Migrationshintergrund“ (wiederum ihre Worte) zur politischen Botschaft.

Ethnische Wahl

Als Frau mit „sichtbarem Migrationshintergrund“ wolle sie ein Vorbild für andere sein, sich politisch zu engagieren. Eher unwahrscheinlich ist, dass sie mit „andere“ die Österreicher ohne Migrationshintergrund meinte. Selbst Der Standard betonte: „Mit Ngosso hat die Wiener SPÖ bereits die zweite junge Frau mit Migrationshintergrund in nur kurzer Zeit in ein hohes Bezirksamt gehievt.“ Ngosso ist überzeugt, dass Wien eine „Gesellschaft mit verschiedenen Nationen“ sei, was auch die SPÖ künftig abbilde. Politik für Migranten – willkommen bei der ethnischen Wahl.

Kein Grund zum Jubeln

Die SPÖ will die Bandbreite der Gesellschaft also nicht länger durch eine soziale und thematische Aufstellung erreichen, sondern indem wichtige ethnische Gruppen „ihren“ Kandidaten erhalten. Schwarze kriegen einen schwarzen Kandidaten, Türken einen türkischen Kandidaten usw., die jeweils die Sonderinteressen der Community durchsetzen sollen. Im Vordergrund stehen nicht mehr Kandidaten, die den eigenen Idealen entsprechen, sondern mit der gleichen Herkunft.

Nichts Neues in der SPÖ…

Doch das Abzielen auf die ethnische Wahl ist schon länger gelebte Praxis in der österreichischen Politik. Schon der Wien-Wahlkampf 2013 zeigte, wie Parteien bewusste Signale an Migranten aussandten. In der Stadt, in der schon 49 Prozent einen Migrationshintergrund aufweisen, setzten die Parteien ungewöhnlich viele Kandidaten mit Migrationshintergrund auf die Listen. Die SPÖ beherrscht das Spiel perfekt: Nicht zufällig wird geschätzt, dass 60-80 Prozent der Wiener Migranten mit türkischen Migrationshintergrund für die SPÖ stimmen. Auch kein Zufall, dass die türkischen Kandidaten der SPÖ besonders viele Vorzugsstimmen erhalten.

… und den anderen Parteien

Doch nicht nur die SPÖ setzt auf ethnisches Wahlverhalten. Erstaunlich ist, dass ausgerechnet die Grünen trotz gezielter Migrantenpolitik weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Die FPÖ nimmt sich gezielt der kleinen Gruppe an Serben an und auch die ÖVP bildet keine Ausnahme, sondern setzte gezielt ethnische Kandidaten auf die Liste. „Ein klares Signal an die Communities – was auch in der ÖVP zugegeben wird“, schrieb Die Presse damals. Federführend dabei war Sebastian Kurz: „Er hat Migranten auf der Wahlliste gefordert, schließlich ist er Integrationsstaatssekretär“, hieß es aus der Partei.

„Zurückgeben, was ich bekommen habe“

Mireille Ngosso sagt, sie will mit ihrem ihrer politischen Arbeit „zurückgeben, was ich bekommen habe“. Doch die Frage bleibt: Was hat ihr Österreich angetan, dass sie es uns ausgerechnet mit dem linken Flügel der SPÖ zurückgeben möchte?  Dass sie noch Ende 2017 (!) die Schließung der Migrationsroute durch das Mittelmeer und den geplanten Aufbau von Flüchtlingszentren in Afrika kritisierte? Was kann solche Rachegelüste auslösen? Bleibt zu hoffen, dass diese gefährliche Politik der SPÖ nicht erfolgreich sein wird und der linke SPÖ-Flügel trotz dieser verzweifelten Anrufung der ethnischen Wahl bald sein Ende finden wird. Denn nicht zuletzt viele Migranten wissen ganz genau, was Österreich ist und warum wir es erhalten müssen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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