Querfront-Faktor Sahra Wagenknecht?: Politikberater Fiß klärt auf
Der Politikberater und Freilich-Autor Daniel Fiß erklärte in einem aktuellen Fragegespräch mit der Jungen Freiheit die potenziellen Verwerfungen in der politischen Landschaft Deutschlands.
Mit einer eigenen Partei könnte Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht frischen Wind in das deutsche Parteiensystem bringen. Gleichzeitig könnte es aber auch den persönlichen Ruin der prominenten Politik-Ikone bedeuten, meint Daniel Fiß. In der Theorie könnte eine „Hybris aus altlinken Sozialthemen in Verbindung mit rechter Identitätspolitik“ besonders in Mitteldeutschland bei vielen Wählern verfangen. Wagenknecht müsste das Erfolgskonzept der „Protestwählerbindung“ der AfD noch übertrumpfen und „Anschlussthemen“ finden, die ihr Profil weiter ausbauen könnte. Eine Kooperation mit einer potenziellen Wagenknecht-Partei hält Fiß derzeit jedoch für unrealistisch und unklug.
Wagenknecht als AfD-Sprachrohr?
Im Verlauf des Gesprächs bezeichnet Fiß die Linken-Politikerin als „Multiplikator von AfD-Positionen“. Dieser Vorwurf wurde Wagenknecht auch bereits aus der eigenen Partei gemacht und gilt als hinreichende Begründung für ein Parteiausschlussverfahren. Für die AfD sei Wagenknecht nützlich, da sie „emotionale Barrieren“ beim Wählen abbaue und auf Themen verweise, die nur die AfD parlamentarisch vertrete.
Die wichtigsten Positionen würden seit der Energie- und Versorgungskrise erneut zwischen Materialisten und Postmaterialisten verlaufen. Während in den 80er-Jahren die Grünen das kulturelle Protestpotential auffangen konnten, gäbe es nun eine „wirtschaftliche Abwärtsspirale“. Als die neuen politischen Antagonisten sieht Fiß die AfD und die Grünen. Union und SPD werden laut ihm nur durch die „Mobilisierung der ideologisch verfestigten Ü65-Generationen“ am Leben erhalten.
Die Perspektive des „Nettosteuerzahlers“
Die Grünen könnten mit ihrer gutsituierten Wählerklientel auch eine 15-Prozent-Inflation als Folge ihrer Politik hinnehmen, während die AfD besonders die zukunftsskeptische Bevölkerung repräsentiere. Diese stelle die „unteren bis mittleren Einkommenssegment[e]“ und verliere nach und nach ihre Lebensgrundlage. Fiß mahnt trotz aktueller Umfragehochs zu Ausdauer:
„Bis zum Winter sind durchaus noch Umfrageergebnisse zwischen 18 und 20 Prozent möglich. Dennoch sollten auch Sinkbewegungen einkalkuliert werden. Wichtig ist dann jedoch die Verringerung der Fallhöhe und die Verfestigung eines Stammwählerpotentials von 14 bis 15 Prozent. Das gelingt der Partei aber nur, wenn sie auch in der Lage ist, ihr Protestprofil in fachpolitische Kompetenz und den Aufbau robuster regionaler Community-Strukturen zu transferieren.“
Politisch habe man seine Lücke bereits gefunden, die AfD repräsentiere als einzige Partei das rechte Wählerspektrum, das „bis in die politische Mitte ausgreifen kann und dort Anschluß halten kann“. Fiß lehnt eine Patentformel für den Kurs der Partei ab und plädiert dagegen für eine dauerhafte Wählerbeobachtung in den jeweiligen Regionen.
Zukunftsmusik
Der Politikberater rät zu mehr Mut für eine zukünftige Regierungsbeteiligung. Es bräuchte eine „offene Debatte“ innerhalb der AfD. Man werde keine 51 Prozent in den Bundestagswahlen erhalten und auch eine Anbiederung an CDU und FDP wird ohne Erfolg bleiben. Fiß deutete eigene Gesprächskanäle und programmatische Verhandlungsstücke für kommende Wahlen an. Die ersten Perspektiven könnten die mitteldeutschen Bundesländer bringen, genügend „Wählerstimmengewicht“ wäre vorhanden. Er verwies auf die frühen Erfolge der österreichischen FPÖ. Bis zum Jahresende prognostiziert Fiß für die AfD ein Umfrageergebnis von 17 bis 18 Prozent.