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Thüringen: BSW will 2.000 Euro Schmerzensgeld für Kritik an Mitarbeiterin

Die Thüringer BSW-Fraktion geht mit juristischen Mitteln gegen einen YouTuber vor, der eine ihrer Personalentscheidungen scharf kritisiert hat. Im Zentrum stehen eine „Transaktivistin”, eine Abmahnung und eine Schmerzensgeldforderung.

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Thüringen: BSW will 2.000 Euro Schmerzensgeld für Kritik an Mitarbeiterin

Der Videoblogger „Agitator der sozialen Marktwirtschaft“, der jüngst eine Personalentscheidung des BSW im Thüringer Landtag kritisiert hat, wurde nun diesbezüglich von einem Anwaltsschreiben überrascht.

© FREILICH

Erfurt. – Führende BSW-Spitzen wie Sahra Wagenknecht oder Sevim Dagdelen haben sich in der Vergangenheit regelmäßig kritisch zur Transideologie geäußert und unter anderem das Selbstbestimmungsgesetz öffentlich scharf angegriffen beziehungsweise abgelehnt. Für viele Beobachter dürfte damit klar gewesen sein, dass die Partei auch keine Personen aus der transaktivistischen Szene beschäftigen würde. Genau das hat die Thüringer BSW-Landtagsfraktion jedoch mit der Einstellung der Transperson Felizia Möhle getan. Wer dies kritisiert und überspitzt davon spricht, das BSW habe eine „Transaktivistin“ in den Landtag „hineingeschleust“, riskiert offenbar eine Abmahnung und eine Forderung nach Schmerzensgeld. So ist es zumindest kürzlich dem YouTuber „Agitator der sozialen Marktwirtschaft“, der sich selbst als parteiloser Sozialdemokrat bezeichnet, ergangen.

Vorwurf der Persönlichkeitsrechtsverletzung

Dem YouTuber wird aufgrund eines Videos mit dem Titel „Transaktivisten im Landtag - das Bündnis Sahra Wagenknecht wird komplett woke“, in dem Möhle ausführlich behandelt wurde, unter anderem die Verletzung der Persönlichkeitsrechte der BSW-Mitarbeiterin vorgeworfen. Das gesamte Video ziele demnach darauf ab, die Tätigkeit Möhles „verächtlich zu machen und diese in ihrer Funktion als Mitarbeiterin in der BSW-Fraktion zu diskreditieren“, heißt es in dem Anwaltsschreiben, das der YouTuber samt der von der Fraktionsgeschäftsführerin des BSW im Thüringer Landtag, Kerstin Heß, unterzeichneten Vollmacht erhalten hat.

Seine Äußerung sei „in hohem Maße geschlechterfeindlich, diskriminierend und menschenverachtend“. Zudem dokumentiere seine Aussage, es sei kein Problem, dass Leute wie Möhle existierten, nachhaltig die „zielgerichtete, menschliche Verachtung“ des YouTubers, so der Vorwurf weiter. Von ihm wird deshalb gefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben sowie ein Schmerzensgeld an Möhle in Höhe von 2.000 Euro zu bezahlen. Möhle werde „mit dem Inhalt des Videos immer wieder konfrontiert und daher wiederholt belastet“, so die Begründung zur Schmerzensgeldforderung. Gefordert wird vom YouTuber außerdem, die Anwaltskosten in Höhe von rund 1.032 Euro zu übernehmen.

YouTuber weist Vorwürfe zurück

In einer jüngsten Videostellungnahme bezeichnet der Videoblogger die Abmahnung als „vollkommen lächerlich“ und erklärt, dass er keineswegs vorhabe, einer der darin formulierten Forderungen – darunter das Löschen des besagten Videos – nachzukommen. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe weist er entschieden zurück. Seine Behauptung, das BSW habe eine „Transaktivistin“ in den Landtag eingeschleust, begründet er unter anderem damit, dass Möhle Mitglied im ZDF-Fernsehrat ist und dort den Bereich „LSBTTIQ (Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queere Menschen)“ vertritt. Zudem beschreibt ein Beitrag auf der Webseite der Universität Erfurt Möhle damit, dass sie „mit ihrer Arbeit im Verein und nun auch im Fernsehrat dazu beitragen [möchte], dass queere Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft sichtbarer werden und auch ihre Belange mehr Gewicht, z.B. bei politischen Entscheidungen, bekommen“. Dies, so der YouTuber, beschreibe „ziemlich gut“ den Tätigkeitsbereich einer Transaktivistin. Bevor Möhle bei der BSW-Landtagsfraktion als Mitarbeiterin angefangen hat, hat sie außerdem rund zwei Jahre lang beim Verein Trans-Inter-Aktiv als Bildungsreferentin gearbeitet. Bis heute hat Möhle zudem den Vorsitz des Vereins Vielfalt Leben QueerWeg – Verein für Thüringen e. V. inne. Spätestens das, so der YouTuber, könne man als „Transaktivismus“ bezeichnen.

Widerspruch zwischen Parteiprofil und Personalwahl

Der YouTuber ist aufgrund dieser Sachlage davon überzeugt, dass sein Video und die darin geäußerte Kritik berechtigt sind und keinerlei Probleme darstellen. Immerhin habe das BSW in Thüringen entgegen der prominenten Stimmen in der Partei, die das Selbstbestimmungsgesetz scharf abgelehnt und sich besonders vor der Wahl dagegen ausgesprochen haben, nun mit Möhle eine Mitarbeiterin in die Fraktion geholt, die sich explizit für den LGBT-Bereich engagiert und das Selbstbestimmungsgesetz befürwortet. Genau dieses Verhalten habe er mit seinem Video kritisieren wollen. Mit ihrer Einstellung, so der YouTuber, hätte Möhle auch zu den Linken, den Grünen oder einer anderen Partei gehen können, „die für das Selbstbestimmungsgesetz ist und sich offensiv für diese Ideologie einsetzt“.

Der BSW-Abgeordnete im Landtag des Landes Brandenburg, Christian Dorst, erklärte auf X zu dem Video des YouTubers, er habe seinen Beitrag diesbezüglich „ziemlich drüber“ gefunden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Möhle nicht für das Themenfeld „Transaktivismus“ bei der Fraktion beschäftigt wird. Tatsächlich ist Möhle wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Bereiche Ehrenamt, Medien und Petition. Deshalb eine Abmahnung zu verschicken, sei aber „gar nicht“ angemessen, so Drost. „Was für eine Trümmertruppe“, so der Abgeordnete zum Vorgehen der Thüringer BSW-Fraktion.

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