Thüringen: Entzug des Waffenscheins eines AfD-Mitglieds aufgehoben
Das Thüringer Innenministerium ist mit seiner Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zum Entzug des Waffenscheins eines AfD-Mitglieds gescheitert.
Weimar. – Das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) hat den Entzug des Waffenscheins eines AfD-Mitglieds aufgehoben, wie der MDR berichtet. Nach Angaben der Richter sei zwar nachweisbar, dass der AfD-Landesverband Positionen vertrete, „die der Verfassung entgegenstehen“. Der Entzug der Waffenerlaubnis durch die Behörden sei aber nicht ausreichend begründet. Bereits im Sommer 2023 hatte das Verwaltungsgericht Gera dem Mann Recht gegeben. Es begründete dies damit, dass sich aus den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes nicht ergebe, dass die gesamte Thüringer AfD mit Sicherheit verfassungsfeindlich sei. Dagegen legte das Thüringer Innenministerium erfolglos Beschwerde beim OVG ein.
Gericht bestätigt erstinstanzliche Entscheidung
Der 3. Senat des OVG betonte nun im Eilverfahren, dass er anders als das Verwaltungsgericht Gera sehr wohl Anhaltspunkte für eine „verfassungswidrige Ausrichtung“ des Landesverbands sehe. In den programmatischen Festlegungen und Zielsetzungen des AfD-Landesverbandes Thüringen würden „deutlich völkisch-ideologische Motive“ sichtbar, „die dem Grundgesetz fremd seien“, hieß es in einer Mitteilung des OVG. Dennoch bestätigte das Gericht die Entscheidung der ersten Instanz.
Denn die Waffenbehörde habe es versäumt, „notwendige Feststellungen zu einer kämpferisch-aggressiven Haltung des Landesverbands der AfD zu treffen“. Diese sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis aber erforderlich. Zudem hätte die Behörde nicht geprüft, ob das betroffene AfD-Mitglied sich „unmissverständlich und beharrlich“ von „hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen anderer Mitglieder oder Anhänger der Partei“ distanziert habe.
„Ende eines höchstpolitischen Verfahrens“
In einer Stellungnahme, die FREILICH vorliegt, meldete sich auch der Co-Vorsitzende der AfD-Thüringen, Stefan Möller, zu Wort. Die Entscheidung des OVG beende ein „hochpolitisches Verfahren“, das von den Richtern in einem gesellschaftlichen Klima entschieden werden musste, in dem die AfD „für alle diskursbeherrschenden Institutionen der Bundesrepublik fast schon quasi-religiös als 'Hort des Bösen' in eine historische Linie mit Massenmördern des Dritten Reiches gestellt wird“, so Möller. Dass ein solches Klima Auswirkungen auf die Rechtsprechung haben könne, liege auf der Hand. Das OVG sei mit seiner Entscheidung einerseits seiner Pflicht nachgekommen, Recht zu sprechen. „Andererseits hat es versucht, dem herrschenden Diskurs nicht das politische überlebensnotwendige Narrativ von einem verfassungsfeindlichen Landesverband Thüringen der AfD zu nehmen“, so Möller.
Im Ergebnis habe das OVG nun sogar eine weitere Hürde für den Waffenentzug wegen politischer Unzuverlässigkeit errichtet, so Möller weiter. „Im Gegensatz zum Verwaltungsgericht Gera fordert es nun zusätzlich den Nachweis einer kämpferisch-aggressiven Grundhaltung gegen die Verfassung. Damit liegt auch eine erste gerichtliche Äußerung vor, die auf Basis der Behauptungen des VS - wohlgemerkt nach über vier Jahren Sammelwut - vom Scheitern eines Parteiverbots ausgehen lässt.“ Entgegen einiger Medienberichte stellt Möller auch klar, dass das OVG nicht die Verfassungsfeindlichkeit des Verbandes festgestellt habe. Diese Behauptung sei dem „Bereich der politischen Propaganda" zuzuordnen. Das Gericht habe lediglich oberflächlich und ohne auf Details einzugehen dargelegt, warum die Behauptungen des Verfassungsschutzes „Anhaltspunkte für die Annahme der Verfassungsfeindlichkeit des AfD-LV Thüringen“ sein könnten.